Krisenpolitik

    EuGH soll über EZB-Anleihenkäufe entscheiden

    07.02.2014
    Rettung für marode Euro-Staaten oder wirtschaftspolitischer Sündenfall? Der Plan von EZB-Chef Draghi zum unbegrenzten Kauf maroder Staatsanleihen war stets umstritten. Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht eine ungewöhnliche Entscheidung getroffen.
    Es war vielleicht der entscheidende Wendepunkt in der europäischen Schulden- und Finanzkrise. Im September 2012 versprach Mario Draghi, der Präsident der Europäischen Zentralbank, den klammen Euro-Staaten massive Hilfe. Im Kampf gegen Verwerfungen auf den Märkten werde die EZB künftig Staatsanleihen kaufen, sagte Draghi – und das theoretisch unbegrenzt. In Deutschland stieß das Vorhaben – im Finanzjargon OMT (Outright Monetary Transactions) genannt - auf Widerstand. Bundesbankpräsident Jens Weidmann war strikt gegen die Anleihenkäufe; aus der FDP hieß es, die EZB werde dadurch zur "Bad Bank" für europäische Schrottpapiere.
    Inzwischen haben sich die Märkte beruhigt, die Zinsen für spanische und italienische Anleihen sind gesunken. Doch der Streit um das Draghi-Programm ist nicht beigelegt. Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Frage nun überraschend den Europäischen Gerichtshof eingeschaltet. Aus Sicht der Karlsruher Richter verstößt der Kauf maroder Staatsanleihen womöglich gegen EU-Recht. Deswegen soll nun der EuGH über das Thema entscheiden. Damit verweist das Bundesverfassungsgericht zum ersten Mal in seiner Geschichte einen Fall nach Luxemburg.
    Sind die Anleihenkäufe durch das EZB-Mandat gedeckt?
    Die Kläger hatten der EZB vorgeworfen, ohne Legitimation durch den Bundestag unkalkulierbare Haftungsrisiken für den deutschen Haushalt zu schaffen und das Budgetrecht der Abgeordneten zu verletzen. Auch nach Ansicht der deutschen Verfassungsrichter sprechen "gewichtige Gründe" dafür, dass der Anleihenkauf die wirtschaftspolitischen Rechte der EU-Mitgliedstaaten verletze, heißt es in einer Erklärung. In der mit 6 zu 2 Stimmen getroffenen Entscheidung heißt es, die EZB gehe mit dem Programm über ihr Mandat für die Währungspolitik hinaus und verstoße gegen das Verbot monetärer Haushaltsfinanzierung.
    EU-Kommission unterstützt EZB-Programm
    Die EZB hatte dagegen stets erklärt, die geplanten Anleihenkäufe stünden im Einklang mit ihrem Mandat. Rückendeckung bekommt die EZB von der Europäischen Kommission, sie hält die Anleihenkäufe für rechtmäßig. "Die Kommission hat bei mehr als einer Gelegenheit erklärt, dass sie zuversichtlich ist, dass die EZB - die ihr Mandat in völliger Unabhängigkeit ausübt - im Einklang mit EU-Recht handelt", sagte ein Sprecher von Währungskommissar Olli Rehn.
    Während die Frage der Anleihekäufe nun nach Luxemburg delegiert wird, will das Bundesverfassungsgericht über Deutschlands Beteiligung am europäischen Rettungsschirm ESM weiterhin selbst entscheiden, vermutlich am 18. März. Bereits im September 2012 hatte Karlsruhe die deutsche ESM-Beteiligung unter Auflagen gebilligt.
    twa

    Programmtipp: Über die Karlsruher Entscheidung zu den EZB-Anleihenkäufen berichten wir in der "Ortszeit" ab 17.07 Uhr.