Krise am Tanztheater Wuppertal

"Schreckliche Angst um die Zukunft der Kompanie"

Nazareth Panadero
Die Tänzerin und Schauspielerin Nazareth Panadero ist seit fast 40 Jahren Mitglied der Pina-Bausch-Kompanie. © imago stock & people
Nazareth Panadero im Gespräch mit Britta Bürger · 08.07.2018
Krisenstimmung am Tanztheater Wuppertal, der legendären Kompanie von Pina Bausch. Die Intendantin Adolphe Binder soll gehen, verlangen Kritiker. Die Tänzerin Nazareth Panadero widerspricht und zieht eine positive Zwischenbilanz.
Die Kompanie wurde beim aktuellen Gastspiel in Paris kalt davon erwischt, dass öffentlich die Ablösung ihrer Intendantin Adolphe Binder gefordert wird. Binder befindet sich im Konflikt mit dem Geschäftsführer Dirk Hesse, der den nächsten Spielplan bislang nicht abgenommen hat. Bei einer Beiratssitzung in der vergangenen Woche hat er ihre fristlose Kündigung beantragt. Das haben die Vertreter von Stadt und Land zunächst abgelehnt. Eine weitere Sitzung folgt in dieser Woche.

"Wir waren 'un-touchbar'"

"Betroffen, schrecklich" fühle sie sich, sagt Nazareth Panadero gleich zu Beginn des Gesprächs. Das Ganze sei "wie ein Ende der Welt und ein Anfang einer anderen". Die Welt der Pina Bausch sei "immer sauber, heilig, 'un-touchbar'" gewesen. Doch "jetzt plötzlichen stehen wir auf dem Bürgersteig", so sei jedenfalls ihr Gefühl.
Porträt von Adolphe Binder
Muss Adolphe Binder das Tanztheater Wuppertal verlassen?© dpa / Caroline Seidel
Pina Bausch ist 2009 gestorben. Letztes Jahr gab es einen Neuanfang mit Adolphe Binder. Panadero sagt zur Zeit nach Pina Bausch: "Die Zeit war gekommen für jemand von außen, der die Intendanz übernimmt." Es sei fantastisch, "dass wir diese acht Jahre ohne Pina geschafft haben." Aber da die Kompanie kein Museum werden wollte, sei der Schritt zu Adolphe Binder richtig gewesen. Panadero habe "große Hoffnung, Optimismus und viel Kraft" daraus gezogen.

Nazareth Panadero nimmt Adolphe Binder in Schutz

Und die erste der fünf Saisons, für die Adolphe Binder vertragsmäßig die Intendanz übernommen hat, sei eine "sehr schöne Saison" gewesen, "mit zwei neuen Kreationen", der Erfahrung erfolgreicher Zusammenarbeit mit Choreografen von außen und internationalem Erfolg. Wenn Binder nun gehen müsse, sei das eine "schreckliche Kastration". Schließlich sei das nur der Anfang gewesen, eine Entwicklung brauche Zeit. "Für mich war die Bilanz positiv."
Zu den harten Vorwürfe gegen Adolphe Binder - diese umfassen Mobbing und autoritären Führungsstil -, sagt Panadero: "Schrecklich zu lesen, sehr schmerzhaft. Ich habe gedacht, man spricht von jemand anderem. Ich finde das unerträglich! Das ist alles sehr geschmacklos."

"Die Kompanie ist sehr stark"

Panadero wünscht sich, dass Binder bleiben, man diese Krise überwinden und daraus lernen kann. Dazu wäre es sehr gut, "wenn Herr Hesse und Frau Binder zusammenarbeiten könnten, das wäre wie im Märchenland". Dass Adolphe Binder angeblich keinen neuen Spielplan vorgelegt hat, bestreitet Panadero. "Es gab einen Spielplan, nur der war nicht akzeptiert von der Geschäftsführung." Panadero sagt ferner, dass sie "schreckliche Angst um die Zukunft der Kompanie" habe, da dieser Vorgang "schwere Konsequenzen" haben könnte, aber es sei auch möglich, gestärkt aus dieser Krise hervorzugehen und zu wachsen. Insgesamt sei die Kompanie schließlich "schon sehr stark" und man habe auch "acht Jahre ohne Pina überlebt und jetzt neun Jahre".
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