Krim-Konflikt

Röttgen fordert deutliche Antwort auf "Putins Aggression"

Der ehemalige Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) ist inzwischen Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses.
Der ehemalige Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) ist seit 2014 Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses. © picture alliance / dpa / Oliver Berg
Norbert Röttgen im Gespräch mit Ute Welty |
CDU-Politiker Norbert Röttgen, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, erwartet im Krim-Konflikt eine einheitliche, klare und mit den USA abgestimmte Haltung gegenüber Russland.
Ute Welty: Merkel telefoniert mit Putin, Merkel telefoniert mit Obama - und in Vorbereitung des EU-Sondergipfels sagt die Bundeskanzlerin sogar den Auftritt beim Politischen Aschermittwoch der CDU in Demmin in Mecklenburg-Vorpommern ab. Die deutsche Position im Konflikt um die Krim besprechen wir jetzt mit dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses, guten Morgen, Norbert Röttgen!
Norbert Röttgen: Einen guten Morgen!
Welty: Die USA bedenken die Kanzlerin mit reichlich Vorschusslorbeeren. Ist das berechtigt? Jetzt sagen Sie nicht nein!
Röttgen: Nein, das sind eben keine Vorschusslorbeeren, sondern es ist aus der Erfahrung auch deutscher Politik gewonnen und aus dem Einsatz und der Erfahrung und dem, was Angela Merkel gerade in dieser Krisensituation einbringen kann, darin begründet. Insofern ist es nicht Vorschuss, sondern Anerkennung.
"Eine besondere Verantwortung"
Welty: Was ist denn für Merkel, für Deutschland und auch für Sie der entscheidende Punkt heute auf dem EU-Sondergipfel zur Ukraine?
Röttgen: Nach meiner Einschätzung Einheitlichkeit und Klarheit der Position der EU, die dann wiederum auch die gleiche sein muss wie die der USA.
Welty: Was kann Deutschland tun, um diesen Ihnen so wichtigen Punkt umzusetzen?
Röttgen: Ich glaube, dass auch innerhalb der EU, nicht nur von Washington aus, viele auf Deutschland schauen und dass wir insofern auch eine besondere Verantwortung ganz objektiv haben dafür, dass es zu einer einheitlichen, deutlichen Antwort des Westens auf die militärische Aggression Putins kommt.
Welty: Aber was heißt das denn konkret? Wir haben eben im Gespräch mit unserer Korrespondentin in Brüssel gehört, wie unterschiedlich die Sichtweisen doch auch sind der verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten, je nach politischer, geografischer Nähe zur Ukraine und zu Russland. Das kann man doch nicht über einen Kamm scheren.
Röttgen: Na gut, darum gibt es ja gerade Erwartungen: Wenn alles klar wäre und alle bis in die letzte Nuance einer Meinung wären, dann gäbe es keine Erwartungen. Ja klar, Polen, die baltischen Staaten und andere osteuropäische Staaten, die näher an Russland erstens liegen und zweitens im Kalten Krieg ihre Erfahrungen gemacht haben, haben einen anderen Erfahrungshorizont als das, ohne dass es jetzt irgendeinen Grund gibt, Portugal besonders zu nennen, also ich nehme ein sehr westlich gelegenes Land, die weiter entfernt sind. Und ich glaube, dass das gerade der Punkt ist, dass man hier zusammenkommt in den beiden Elementen.
Ein Demonstrant trägt eine russische Flagge.
Eine pro-russische Bekundung auf der Krim.© dpa/picture alliance/Andrey Stenin
Erstens: Wir sprechen miteinander, wir reden, wir insistieren darauf, dass Diplomatie und Politik unsere Instrumente sind, aber eben auch zweitens klar macht: Reden ist notwendig, aber in einer solchen Situation reicht es auch nicht, nur zu reden – wenn reden nichts nützt, muss man auch zu Maßnahmen kommen.
Welty: Die dann wie lauten?
"Der Weg in eine Selbstisolierung Russlands"
Röttgen: Ich würde es nicht für sinnvoll halten, halte es nicht für sinnvoll, wenn jetzt da lauter einzelne Vorschläge kommen, sondern es muss eben eine Einheitlichkeit der Position sein, die ich beschreiben würde damit, dass, wenn der Weg Putins der Gewaltanwendung, des militärischen Einsatzes weitergeht – er hat ihn ja noch mal offen sozusagen ins Schaufenster gestellt in seiner Pressekonferenz, derzeit nicht in der ganzen Ukraine, aber eben nur derzeit nicht –, dass das der Weg in eine Selbstisolierung Russlands ist, die politisch und ökonomisch ist.
Welty: Man könnte ja auch anders argumentieren, denn die Beziehung von deutscher Kanzlerin und russischem Präsidenten gilt gemeinhin als schwierig: Wäre da nicht womöglich ein wenig Zurückhaltung hilfreicher?
Röttgen: Einfach kann das ja nicht sein. Wenn man sich jetzt das Verhalten anschaut, dann wäre es ja geradezu überraschend, wenn es ein einfaches Verhältnis wäre, und gewisse Elemente sind ja jetzt auch nicht nur überraschend. Und Zurückhaltung in einer Situation, wo ein europäisches Land, die Ukraine, das jedenfalls in Zentraleuropa liegt, dessen Souveränität, Integrität und demokratische Selbstbestimmung militärisch attackiert wird, ich glaube, dann muss man besonnen sein, aber Zurückhaltung ist, glaube ich, das falsche Wort.
Welty: Bislang in Aktion war ja vor allem Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier. Wenn Sie als CDU-Politiker den Kollegen von der SPD beobachten, funktioniert die große Koalition also wenigstens außenpolitisch?
"Der Außenminister macht einen großen Einsatz"
Röttgen: Die große Koalition funktioniert außenpolitisch absolut und uneingeschränkt und sehr gut, und ich finde auch, dass der Außenminister einen großen Einsatz macht und auch er, glaube ich, ist jetzt in der Verantwortung auf seiner Ebene, den Beitrag zu leisten, dass es zur Einheitlichkeit und Klarheit kommt.
Noch mal: Dazu gehört reden, aber reden allein ist es nicht, sondern man muss klarmachen, dass die Verweigerung von gemeinsamer Verantwortung durch Russland und das Weitergehen militärischer Aggression auch Konsequenzen haben muss. Ich halte diese Doppelstrategie für unverzichtbar.
Welty: Was erwarten Sie als konkretes Ergebnis für heute?
Röttgen: Genau das, dass das konkret mit Inhalt gefüllt wird, was ich eher abstrakt jetzt geschildert habe, Einheitlichkeit und Klarheit und auch Konsequenzen für den Fall, dass Putin nicht einstellt seine weitere Drohung und auch sich zurücknimmt von der Krim.
Das muss dann so klar durch konkrete Maßnahmen unterlegt werden durch die Europäische Union, die abgestimmt sind und werden mit den USA.
Welty: Vor dem EU-Sondergipfel zur Ukraine der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses. Danke an Norbert Röttgen!
Röttgen: Ich danke Ihnen!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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