Kriegsverluste von Kunstwerken und ihre Rückgewinnung
Die Staatlichen Museen Berlin erarbeiten derzeit Kataloge mit vermissten Kunstwerken. Die Verhandlungen um die nach dem Zweiten Weltkrieg in die Sowjetunion oder nach Polen gelangten Trophäen, gestalten sich nach wie vor schwierig. Auf der politischen Ebene bewegt sich seit Jahren wenig. Deshalb versucht man es mit kollegialen Kontakten auf Museumsebene.
Mit der kleinen Elfenbeingruppe "Herkules und Omphale" von Balthasar Permoser erhält das Berliner Kunstgewerbemuseum eines der wertvollsten Werke der Königlichen Berliner Kunstkammer zurück, die seit Ende des Zweiten Weltkriegs als verschollen galten. Permoser, der neben Andreas Schlüter wichtigste deutsche Bildhauer des Barock, ist vor allem durch seine kostbaren Kleinplastiken berühmt, zum Beispiel die Mohrenfiguren im Grünen Gewölbe in Dresden. Sie wurden als Gastgeschenke unter Königshäusern gern verteilt und sind deshalb oft in fürstlichen Kunstkammern anzutreffen. Die Rückgabe erfolgte nun durch einen Privatmann, der die 20 Zentimeter hohe Statue dem Auktionshaus Sotheby’s zur Versteigerung angetragen hatte.
Klaus-Dieter Lehmann, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz registriert, dass sich die Zusammenarbeit zwischen staatlichen Museen und privaten Auktionatoren verbessert hat:
" Das ist ein Zusammenspiel, das wir inzwischen, glaube ich, ganz gut beherrschen, aber wo wir auch gute Partner haben. Und die Partner sind in aller Regel die großen Auktionshäuser, Sotheby’s oder Christie’s, die hier mit uns eine wirklich gute Allianz bilden und bei Einlieferungen, bei denen die Provenienz nicht klar ist oder wo offensichtlich ist, dass es entsprechend öffentliches Museumsgut ist, werden wir auch von den Auktionshäusern dann (...) benachrichtigt, und (....) die Auktionshäuser sind in aller Regel so aufgestellt, dass sie etwas, was (...) insbesondere aus dem Bereich der kriegsbedingten Verluste stammt, nicht in die Auktion geben. "
Bei aller Freude über den unverhofften Wiedergewinn: Fälle wie dieser sind nicht repräsentativ für die Restitution von Kriegsverlusten. Günther Schauerte, stellvertretender Direktor der Staatlichen Museen zu Berlin, beziffert deren Gesamtzahl nach wie vor auf rund 180.000, von denen ein größerer Teil noch nicht einmal bekannt sei, ob sie überhaupt noch existierten. Private Rückgaben wie die der Permoser-Statuette machen nur einen minimalen Anteil aus, so Günther Schauerte:
" Die Masse der Bestände, das muss man einfach sagen, ist durch die Siegermächte beschlagnahmt, abtransportiert, gesammelt, zurückgegeben oder behalten worden. Ich würde eine nicht absolut belastbare Zahl – weil wir ja die Depots nicht kennen! (...) Über die Hälfte der Bestände haben wir noch nicht gesehen. Und in dieser Zahl von 180.000 sind auch über 50.000 Bücher drin. (...) Die Größenordnung liegt etwa bei 80 Prozent. 80 Prozent staatliche (...) Übernahme. In den restlichen 20 Prozent ist der überwiegende Teil Zerstörung. Sie erinnern sich an die Bilder der Ausgrabung im Gropius-Bau, wo man die Bestände des Museums für Vor- und Frühgeschichte mit der Schippe in die Stiegen hineingekippt hat. Der Anteil des privat Entwendeten ist insgesamt der mit Abstand geringste dabei. (...) Da hat ja keiner einen Lastwagen beladen, sondern man hat das in sein Feldgepäck hineingesteckt. "
In dieser Hinsicht dürfte das Nachkriegsschicksal der Permoser-Statue ziemlich typisch gewesen sein. Während eines Eisenbahntransports vom brandenburgischen Beeskow ins weniger umkämpfte hessische Arolsen geriet der Zug im März 1945 zwischen die Frontlinien, die Waggons standen tagelang unbewacht auf den Gleisen, und so bedienten sich Soldaten an den Kisten mit Kunst und nahmen sie als Andenken mit – in diesem Fall nach Amerika, wo sie nun wieder aufgetaucht sind.
Ungleich schwieriger gestalten sich nach wie vor die Verhandlungen um die wirklich großen Bestände an Kriegstrophäen, die nach dem Krieg lastwagenweise in die Sowjetunion geschafft wurden und bis heute zum Teil in Geheimdepots lagern, was in Berlin auf Unverständnis stößt. Völkerrechtlich ist die Zurückhaltung dieser Werke nicht haltbar, doch Russland und auch Polen betrachten zumindest seitens ihrer politischen Führung die Werke als eine Art Entschädigung für die ihnen durch die deutsche Wehrmacht zugefügten Verluste.
Auf der politischen Ebene bewegt sich seit Jahren wenig, deshalb versucht man es mit kollegialen Kontakten auf Museumsebene, so Klaus-Dieter Lehmann:
" Wir haben durchaus erfahren, dass solche Aktionen wie zum Beispiel die Merowinger - oder wir planen auch eine weitere nächste Ausstellung - im Sinne offensichtlich doch der Politik ist und nicht nur die völkerrechtliche Position als primäre Verhandlungsposition gesehen wird, sondern dass die Inhalte jeweils auch mittransportiert werden. Insofern würde ich sagen, ist hier ein Fortschritt. "
Interessant ist, dass diese alten Konflikte in der nachrichtenarmen Zeit nun so betont heraufbeschworen werden, obwohl sich in der Sache wenig Neues ergibt. Ein Grund dafür könnte das momentan ohnehin nicht zum Besten bestellte Verhältnis zwischen Deutschland und Polen bzw. Russland sein, bei denen gerade verschiedene Register nationaler Empfindlichkeiten gezogen werden. Immer häufiger jedenfalls wird auch auf deutscher Seite Ungeduld spürbar und betont, wie wichtig gerade die in Polen zurückgehaltenen Werke für die Identität der Nation seien.
Dort befinden sich unter anderem die Urschrift des Deutschlandliedes von Hoffmann von Fallersleben und Handschriften Mozarts, Bachs und Goethes. Die Frage ist allerdings, welche Kampagnen aus Deutschland der Sache dienlich sind. Die staatlichen Museen erarbeiten derzeit Kataloge mit vermissten Kunstwerken und erhoffen sich dadurch eine allmähliche Auflösung der Blockaden, so Klaus-Dieter Lehmann:
" Wir sehen darin auch die Grundlage für politische Verhandlungen der Regierungen. Die Regierung kann eigentlich nur dann seriös und konkret verhandeln mit der russischen Regierung, wenn sie weiß, worüber verhandelt sie denn. Was ist noch vorhanden, und in welchem Zustand ist es vorhanden, und wie können wir schrittweise vorgehen? (...) Und mit dieser aufgeklärten Situation wollen wir die Verhandlungen intensivieren, die Politik dann führen muss."
Klaus-Dieter Lehmann, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz registriert, dass sich die Zusammenarbeit zwischen staatlichen Museen und privaten Auktionatoren verbessert hat:
" Das ist ein Zusammenspiel, das wir inzwischen, glaube ich, ganz gut beherrschen, aber wo wir auch gute Partner haben. Und die Partner sind in aller Regel die großen Auktionshäuser, Sotheby’s oder Christie’s, die hier mit uns eine wirklich gute Allianz bilden und bei Einlieferungen, bei denen die Provenienz nicht klar ist oder wo offensichtlich ist, dass es entsprechend öffentliches Museumsgut ist, werden wir auch von den Auktionshäusern dann (...) benachrichtigt, und (....) die Auktionshäuser sind in aller Regel so aufgestellt, dass sie etwas, was (...) insbesondere aus dem Bereich der kriegsbedingten Verluste stammt, nicht in die Auktion geben. "
Bei aller Freude über den unverhofften Wiedergewinn: Fälle wie dieser sind nicht repräsentativ für die Restitution von Kriegsverlusten. Günther Schauerte, stellvertretender Direktor der Staatlichen Museen zu Berlin, beziffert deren Gesamtzahl nach wie vor auf rund 180.000, von denen ein größerer Teil noch nicht einmal bekannt sei, ob sie überhaupt noch existierten. Private Rückgaben wie die der Permoser-Statuette machen nur einen minimalen Anteil aus, so Günther Schauerte:
" Die Masse der Bestände, das muss man einfach sagen, ist durch die Siegermächte beschlagnahmt, abtransportiert, gesammelt, zurückgegeben oder behalten worden. Ich würde eine nicht absolut belastbare Zahl – weil wir ja die Depots nicht kennen! (...) Über die Hälfte der Bestände haben wir noch nicht gesehen. Und in dieser Zahl von 180.000 sind auch über 50.000 Bücher drin. (...) Die Größenordnung liegt etwa bei 80 Prozent. 80 Prozent staatliche (...) Übernahme. In den restlichen 20 Prozent ist der überwiegende Teil Zerstörung. Sie erinnern sich an die Bilder der Ausgrabung im Gropius-Bau, wo man die Bestände des Museums für Vor- und Frühgeschichte mit der Schippe in die Stiegen hineingekippt hat. Der Anteil des privat Entwendeten ist insgesamt der mit Abstand geringste dabei. (...) Da hat ja keiner einen Lastwagen beladen, sondern man hat das in sein Feldgepäck hineingesteckt. "
In dieser Hinsicht dürfte das Nachkriegsschicksal der Permoser-Statue ziemlich typisch gewesen sein. Während eines Eisenbahntransports vom brandenburgischen Beeskow ins weniger umkämpfte hessische Arolsen geriet der Zug im März 1945 zwischen die Frontlinien, die Waggons standen tagelang unbewacht auf den Gleisen, und so bedienten sich Soldaten an den Kisten mit Kunst und nahmen sie als Andenken mit – in diesem Fall nach Amerika, wo sie nun wieder aufgetaucht sind.
Ungleich schwieriger gestalten sich nach wie vor die Verhandlungen um die wirklich großen Bestände an Kriegstrophäen, die nach dem Krieg lastwagenweise in die Sowjetunion geschafft wurden und bis heute zum Teil in Geheimdepots lagern, was in Berlin auf Unverständnis stößt. Völkerrechtlich ist die Zurückhaltung dieser Werke nicht haltbar, doch Russland und auch Polen betrachten zumindest seitens ihrer politischen Führung die Werke als eine Art Entschädigung für die ihnen durch die deutsche Wehrmacht zugefügten Verluste.
Auf der politischen Ebene bewegt sich seit Jahren wenig, deshalb versucht man es mit kollegialen Kontakten auf Museumsebene, so Klaus-Dieter Lehmann:
" Wir haben durchaus erfahren, dass solche Aktionen wie zum Beispiel die Merowinger - oder wir planen auch eine weitere nächste Ausstellung - im Sinne offensichtlich doch der Politik ist und nicht nur die völkerrechtliche Position als primäre Verhandlungsposition gesehen wird, sondern dass die Inhalte jeweils auch mittransportiert werden. Insofern würde ich sagen, ist hier ein Fortschritt. "
Interessant ist, dass diese alten Konflikte in der nachrichtenarmen Zeit nun so betont heraufbeschworen werden, obwohl sich in der Sache wenig Neues ergibt. Ein Grund dafür könnte das momentan ohnehin nicht zum Besten bestellte Verhältnis zwischen Deutschland und Polen bzw. Russland sein, bei denen gerade verschiedene Register nationaler Empfindlichkeiten gezogen werden. Immer häufiger jedenfalls wird auch auf deutscher Seite Ungeduld spürbar und betont, wie wichtig gerade die in Polen zurückgehaltenen Werke für die Identität der Nation seien.
Dort befinden sich unter anderem die Urschrift des Deutschlandliedes von Hoffmann von Fallersleben und Handschriften Mozarts, Bachs und Goethes. Die Frage ist allerdings, welche Kampagnen aus Deutschland der Sache dienlich sind. Die staatlichen Museen erarbeiten derzeit Kataloge mit vermissten Kunstwerken und erhoffen sich dadurch eine allmähliche Auflösung der Blockaden, so Klaus-Dieter Lehmann:
" Wir sehen darin auch die Grundlage für politische Verhandlungen der Regierungen. Die Regierung kann eigentlich nur dann seriös und konkret verhandeln mit der russischen Regierung, wenn sie weiß, worüber verhandelt sie denn. Was ist noch vorhanden, und in welchem Zustand ist es vorhanden, und wie können wir schrittweise vorgehen? (...) Und mit dieser aufgeklärten Situation wollen wir die Verhandlungen intensivieren, die Politik dann führen muss."