Kreativer Vordenker

Von Ulrike Gondorf |
Am 10. November dieses Jahres steht der 250. Geburtstag Friedrich Schillers an. Zwar wird nicht ganz so stark gefeiert werden wie bei seinem 200. Todestag vor vier Jahren, etliche eher unbekannte Schiller-Stücke werden aber wieder hervorgeholt. Und auch als Theater-Theoretiker wird er gefeiert.
Schillerjahr 2009 - was, schon wieder? Wird sich da mancher fragen. Erst vier Jahre ist es her, dass der 200. Todestag des Dramatikers mit ziemlich viel Aufwand und Medienecho begangen wurde. Aber da Friedrich Schiller nur 46 geworden ist, steht tatsächlich schon wieder ein großer, runder Gedenktag an: der 250. Geburtstag am 10. November.

Das größte Geburtstagsgeschenk für den Dramatiker wird die Wiedereröffnung des Schiller-Nationalmuseums in Marbach sein, das zwei Jahre lang erweitert und umgestaltet worden ist. Wer will, kann auf den 250. auch mit Schillerwein anstoßen, eigens produziert und mit Dichter-Konterfei etikettiert in Baden-Württemberg.

Natürlich kann man auch ins Theater gehen, um Schiller zu begegnen. Auch wenn die Spielplan-Reihen und Schiller-Schwerpunkte nicht ganz so gewichtig ausfallen wie vor vier Jahren. Deutliche Akzente setzen Theater, die mit Schillers Lebensstationen verbunden sind. Statistischer Spitzenreiter ist das Nationaltheater Mannheim mit vier Schillertiteln im Programm. Hier begann 1782 die Karriere des 22-Jährigen mit der Uraufführung der "Räuber". Auch Meiningen und Weimar, die Schauspielbühnen aus Schillers Wahlheimatland Thüringen, setzen Schwerpunkte.

Spitzentitel hier wie andernorts: "Kabale und Liebe", das nicht nur in Jubiläumsjahren, sondern stets meist gespielte Stück des Dramatikers. Auch nach dem "Don Carlos", der das große Schillerthema "Macht und Freiheit" ganz ins Zentrum stellt, greifen viele Theater. So kann man beispielsweise in Meiningen und in Weimar das Werk in zwei verschiedenen Fassungen sehen.

Weimar bringt, ebenso wie Mannheim, auch den "Fiesco" in einer Neuinszenierung, und darin spiegelt sich ein Schillertrend, dem in dieser Saison viele Theater folgen werden. "Die Verschwörung des Fiesco zu Genua" ist ein Stück, das lange nicht in der ersten Reihe gestanden hat. Jetzt scheint die Geschichte über eiskalte Machtintrigen und skrupellosen Aufstieg die Theatermacher besonders zu interessieren und aktuelle Fragen zu stellen.

Man wird sehen, wie die Antworten ausfallen. Bislang ist das Werk Schillers eher selten Schauplatz von Regietheater geworden. Das lückenlos geknüpfte Netz seiner Intrigen, die sprachlich und gedankliche Dichte der Argumentation, der Primat des Worts in diesen Stücken scheinen wenig Raum zu lassen für szenische Phantasie, Montagetechniken und Spiel mit dem Material.

Am stärksten wirkt Schiller, wenn man sich einlässt auf seine Stringenz und die radikale Zuspitzung der Konflikte, die dem Publikum Theaterszenen und Bühnensituationen bescheren, die ihresgleichen suchen. Wer einmal die Streit- und Eifersuchtsszene der beiden Königinnen Maria und Elisabeth gesehen hat, wird sie schwerlich wieder vergessen.

Dass Schiller auch ein herausragender Theoretiker und Philosoph des Theaters war, wird über dieser instinktsicheren Meisterschaft leicht vergessen. Zu seinem 250. Geburtstag scheint sich auch dafür wieder verstärktes Interesse zu regen. So kündigt die Berliner Schaubühne eine dreiteilige Veranstaltungsreihe an mit dem Schiller-Titel "Was kann eine gute stehende Schaubühne eigentlich bewirken?"

Der Autor beantwortete diese Frage mit seinen Überlegungen zu den "Brettern die die Welt bedeuten": Er sah Theater als Erfahrungsraum, der dem Zuschauer gestattet, durch konkret miterlebte Situationen sich selbst und seine Welt besser zu verstehen. Auch wenn man in der Berliner Schaubühne vielleicht eher eine satirische Spaßveranstaltung erleben kann, in der das Regietheater sich selbst parodiert, könnte man sich auch dort auf Schiller berufen. Denn das kreative, zweckfreie, lustvolle Spiel hatte einen Platz in seinem Denken - und zwar ganz hoch oben: "Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt."