Kreativer Kosmos Klee
Die Schau "100 x Paul Klee" im Museum K 21 in Düsseldorf nimmt die Rezeption der Bilder des einstigen Bauhauslehrers in den Blick. Als Botschafter eines neuen demokratischen Deutschland reisten die Werke von Paul Klee in den 60er-Jahren um die Welt - ihr erstes Ziel war Israel.
Man zuckt unwillkürlich zusammen vor dieser Vitrine. Das "Kamel in rhythmischer Baumlandschaft" ist da zu sehen, eine Ikone der Düsseldorfer Sammlung, ein Publikumsliebling in der Galerie. Das Kamel mit seinen dreieckigen Höckern und Ohren spaziert durch eine wie auf Notenlinien über das Bild gepflanzte Landschaft kreisrunder Baumkronen. Aber jetzt wird zum ersten Mal auch das Innenleben des Kunstwerks bloßgelegt.
Man sieht, wie vielschichtig Klee nicht nur die zarte und aquarellhaft durchsichtige Malerei aufgebaut hat, sondern das ganze Bild. Auf eine Schleier-Gazeschicht trug er eine Kreidegrundierung auf, und um einem so fragilen Untergrund Halt zu geben, setzte er das Ganze auf Karton. Der ist auf der Rückseite ebenfalls bemalt mit einer Farbstudie. "Geschichte der Bilder" heißt der Untertitel, den Kuratorin Anette Kruszinski der Ausstellung gegeben hat. Einige von ihnen erzählen sich, wenn man die Bilder aus ihren Rahmen befreit.
"Man ist ganz angerührt von der Zerbrechlichkeit dieser Werke. Sie sehen, wie fein, präzise, detailliert der Künstler mit seinem Material umgegangen ist. Bis in die äußersten Ecken und Ränder hinein hat er sie gestaltet, es fast schade, sie wieder in die Rahmen zu bringen."
Die umfangreichen technischen Untersuchungen im Vorfeld dieser Ausstellung haben einige neue Facetten zum Bild Paul Klees beigetragen. Einen Objektkünstler nennt ihn die Expertin, die ihre Entdeckungen auch ausführlich dokumentiert hat auf Schauwänden.
"Er kennt Collagen von Picasso, er kennt Dada, Schwitters, der Fahrkarten, Zeitungspapier verwendet, und er fängt an zu experimentieren. Er hört nicht auf am Rand. Jedes seiner Werke sind Objekte, die vorder- und rückseitig gestaltet werden, die eigene Rahmen bekommen, man kann von einer Art Objektkünstler reden bei Klee."
Dicke Gipsschichten im Untergrund, die er schabt und ritzt, machen die Gemälde beinah zu Reliefs. Farbige Passepartouts, auf die er seine Zeichnungen aufklebt, definiert er ebenso wie den handschriftlich darauf gesetzten Titel als Teil des Werks. Im K 21 kann man jetzt sehen, was Museumsbesucher sonst nie zu Gesicht bekommen. Und die Ausstellung "Geschichte der Bilder" enthüllt noch viel mehr als diesen Einblick in die Werkstatt des Künstlers.
"Das Interessante ist ja, dass man lernt, wie deutsche Geschichte lebendig wird. Klee war in den 20er-Jahren allgemein akzeptiert, dann durch das Aufkommen der Diktatur unter den Nationalsozialisten verlagerte sich die Rezeption in die Staaten. Und erst dann, als Klee in den 50e- Jahren in Deutschland zu einer anerkannten Figur der Moderne wird, dann kommt die Welle zurück und dann wird in Düsseldorf diese Klee-Sammlung angekauft."
Als einen Akt der Wiedergutmachung bezeichnete der damalige Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen den Ankauf dieser amerikanischen Privatsammlung, die zum Grundstein der Kunstsammlung und der heutigen Museen K 20 und K 21 geworden ist.
"Der Mythos Klee hat sich entwickelt, weil er verfemt war."
Auf den Rückseiten der Bilder, von denen einige in der Ausstellung zu sehen sind, erzählen Aufkleber von der bewegten Geschichte: die Etiketten deutscher Kunsthändler stehen neben den Inventarnummern amerikanischer Sammlungen und den Stempeln, die die Werke auf ihren vielen Auslandstourneen erhalten haben. Als Botschafter eines neuen demokratischen Deutschland sind sie in den 60er-Jahren um die Welt gereist – ihr erstes Ziel war Israel. Auch die Verbreitung seines Werks in Schulbüchern, Kunstdrucken und Postkarten machte den 1933 aus seinem Düsseldorfer Professorenamt vertriebenen und 1940 in der Schweiz gestorbenen Klee zu einem Protagonisten der Nachkriegskunst.
"Man hat ihn auch missbraucht als das Handzahme, leicht Zugängliche. Die Widerständigkeit sieht man erst, wenn man nah rankommt."
Und dazu ist in Düsseldorf jetzt 101 mal Gelegenheit. Denn nach den interessanten Geschichten, die die Ausstellung zutage gefördert hat, ist es doch das Erlebnis der Bilder, das am nachhaltigsten beeindruckt. "Hat Kopf, Hand, Fuß und Herz" – mit diesem Bildtitel Klees könnte man den kreativen Kosmos, der hier ausgebreitet ist, auch beschreiben. Wer ins Museum K 21 geht, sollte die Augen nicht vergessen. Es lohnt sich.
Man sieht, wie vielschichtig Klee nicht nur die zarte und aquarellhaft durchsichtige Malerei aufgebaut hat, sondern das ganze Bild. Auf eine Schleier-Gazeschicht trug er eine Kreidegrundierung auf, und um einem so fragilen Untergrund Halt zu geben, setzte er das Ganze auf Karton. Der ist auf der Rückseite ebenfalls bemalt mit einer Farbstudie. "Geschichte der Bilder" heißt der Untertitel, den Kuratorin Anette Kruszinski der Ausstellung gegeben hat. Einige von ihnen erzählen sich, wenn man die Bilder aus ihren Rahmen befreit.
"Man ist ganz angerührt von der Zerbrechlichkeit dieser Werke. Sie sehen, wie fein, präzise, detailliert der Künstler mit seinem Material umgegangen ist. Bis in die äußersten Ecken und Ränder hinein hat er sie gestaltet, es fast schade, sie wieder in die Rahmen zu bringen."
Die umfangreichen technischen Untersuchungen im Vorfeld dieser Ausstellung haben einige neue Facetten zum Bild Paul Klees beigetragen. Einen Objektkünstler nennt ihn die Expertin, die ihre Entdeckungen auch ausführlich dokumentiert hat auf Schauwänden.
"Er kennt Collagen von Picasso, er kennt Dada, Schwitters, der Fahrkarten, Zeitungspapier verwendet, und er fängt an zu experimentieren. Er hört nicht auf am Rand. Jedes seiner Werke sind Objekte, die vorder- und rückseitig gestaltet werden, die eigene Rahmen bekommen, man kann von einer Art Objektkünstler reden bei Klee."
Dicke Gipsschichten im Untergrund, die er schabt und ritzt, machen die Gemälde beinah zu Reliefs. Farbige Passepartouts, auf die er seine Zeichnungen aufklebt, definiert er ebenso wie den handschriftlich darauf gesetzten Titel als Teil des Werks. Im K 21 kann man jetzt sehen, was Museumsbesucher sonst nie zu Gesicht bekommen. Und die Ausstellung "Geschichte der Bilder" enthüllt noch viel mehr als diesen Einblick in die Werkstatt des Künstlers.
"Das Interessante ist ja, dass man lernt, wie deutsche Geschichte lebendig wird. Klee war in den 20er-Jahren allgemein akzeptiert, dann durch das Aufkommen der Diktatur unter den Nationalsozialisten verlagerte sich die Rezeption in die Staaten. Und erst dann, als Klee in den 50e- Jahren in Deutschland zu einer anerkannten Figur der Moderne wird, dann kommt die Welle zurück und dann wird in Düsseldorf diese Klee-Sammlung angekauft."
Als einen Akt der Wiedergutmachung bezeichnete der damalige Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen den Ankauf dieser amerikanischen Privatsammlung, die zum Grundstein der Kunstsammlung und der heutigen Museen K 20 und K 21 geworden ist.
"Der Mythos Klee hat sich entwickelt, weil er verfemt war."
Auf den Rückseiten der Bilder, von denen einige in der Ausstellung zu sehen sind, erzählen Aufkleber von der bewegten Geschichte: die Etiketten deutscher Kunsthändler stehen neben den Inventarnummern amerikanischer Sammlungen und den Stempeln, die die Werke auf ihren vielen Auslandstourneen erhalten haben. Als Botschafter eines neuen demokratischen Deutschland sind sie in den 60er-Jahren um die Welt gereist – ihr erstes Ziel war Israel. Auch die Verbreitung seines Werks in Schulbüchern, Kunstdrucken und Postkarten machte den 1933 aus seinem Düsseldorfer Professorenamt vertriebenen und 1940 in der Schweiz gestorbenen Klee zu einem Protagonisten der Nachkriegskunst.
"Man hat ihn auch missbraucht als das Handzahme, leicht Zugängliche. Die Widerständigkeit sieht man erst, wenn man nah rankommt."
Und dazu ist in Düsseldorf jetzt 101 mal Gelegenheit. Denn nach den interessanten Geschichten, die die Ausstellung zutage gefördert hat, ist es doch das Erlebnis der Bilder, das am nachhaltigsten beeindruckt. "Hat Kopf, Hand, Fuß und Herz" – mit diesem Bildtitel Klees könnte man den kreativen Kosmos, der hier ausgebreitet ist, auch beschreiben. Wer ins Museum K 21 geht, sollte die Augen nicht vergessen. Es lohnt sich.