Krawalle in Köln

Demo-Verbot als Prävention

Demo gegen Salafisten in Köln
Eine Demo von Hooligans gegen Salafisten war am 26. Oktober in Köln eskaliert. © Caroline Seidel / dpa
Von Moritz Küpper · 01.11.2014
Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind ein hohes Gut unserer Gesellschaft - doch Ausschreitungen wie bei der Demo der Gruppe "Hooligans gegen Salafisten" müssen Konsequenzen haben. Solche Veranstaltungen gehören künftig verboten, meint Moritz Küpper.
Auch Hooligans - man glaubt es kaum - reflektieren. "Wie habt ihr eigentlich den 26.10.2014 erlebt bzw. empfunden?", hieß auf der Facebook-Seite der Gruppierung "Hooligans gegen Salafisten", kurz "HoGeSa", in dieser Woche. Die Debatte um die Ausschreitungen in Köln, sie wird also nicht nur bei Polizei und Politik geführt, sondern auch bei den Veranstaltern selbst. Denn in Köln, das wird von Tag zu Tag deutlicher, wurde unserer Gesellschaft auf eine harte Probe gestellt: Die Masse von 4.800 Demonstranten, die stumpfe Gewalt und die dumpfen Parolen rütteln an den Grundfesten unseres Zusammenlebens.
Dass allerdings nach einer ersten Überraschung - wie konnte das passieren? wo kommen die auf einmal alle her? – relativ rasch die Frage gestellt wurde, wie gehen wir damit um, ist grundsätzlich erfreulich, auch wenn man jetzt nicht einfach über die ersten beiden Fragen hinweggehen kann.
Für Schuldzuweisungen ist das Thema zu ernst
Und so müssen sich Polizei, aber auch Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger von der SPD – teilweise zu Recht – Vorwürfen der Opposition erwehren, sie hätten die Veranstaltung unterschätzt. Natürlich, es war schwierig, vage Anmeldungen im Internet auf tatsächliche Anwesenheitszahlen hochzurechnen, natürlich in Deutschland herrschen für das Verbot einer Versammlung hohe Hürden, doch eine derartige Fehleinschätzung muss automatisch eine Aufarbeitung nach sich ziehen.
Diese Aufarbeitung sollte allerdings nicht verwechselt werden mit einem Schwarze-Peter-Spiel der Schuldzuweisung. Dafür ist die Thematik zu ernst. Es ist zwar nachvollziehbar, dass sich der organisierte Fußball rund um den Deutschen Fußball-Bund und die Deutsche Fußball-Liga vehement dagegen wehrt, mit der Veranstaltung in Köln in Kontakt gebracht zu werden: Es sei ein Neonazi-Aufmarsch gewesen, keine Fußballveranstaltung, heißt es da. Und natürlich, am Kölner Hauptbahnhof fand kein Spiel statt, wurden nur wenige Fan-Utensilien getragen, aber es ist wenig hilfreich, sich so davonzustehlen. Denn in der Menge von Köln ließen sich durchaus zahlreiche Gesichter aus dem Fußball-Bereich feststellen. Dortmunder Hooligans waren vertreten, Schalke, München, Nürnberg, Kaiserslautern - die Vereinszugehörigkeit war an diesem Tag obsolet.
Durch ein gemeinsames Feindbild geeint
Und es ist genau diese Entwicklung, die einen aufhorchen lassen muss. Denn in Köln hat es ein gemeinsames Feindbild – die Salafisten – geschafft, eigentlich zerstrittene Gruppen zu einen. Fakt ist, das betonen nicht nur Vereinsverantwortliche aus der Bundesliga, sondern auch Muslime allerorts: Diesen Menschen – egal ob Hooligans oder Salafisten, Nazi-Gruppe oder Scharia-Polizei – geht es nicht um die Sache, nicht um Fußball, nicht um den Koran. Und woher diese Gruppierungen kommen, ob von rechts, ob scheinbar religiös motiviert, erscheint auch zweitrangig. Denn diese Menschen führt die jeweilige Feindschaft auf die andere Bewegungen zusammen – und eint der Hass auf unsere Gesellschaft.
Es ist diese Wahrheit, die auf die Frage auf der HoGeSa-Facebook-Seite -"Wie habt ihr eigentlich den 26.10.2014 erlebt bzw. empfunden?" - nur eine Antwort zulässt: unerträglich. Und diese Wahrheit muss auch Konsequenzen haben, sprich: Solche Veranstaltungen gehören künftig verboten.
Und dass es weitergehen soll, ist jetzt schon klar: Für den 15. November wurde eine Demonstration in Berlin angemeldet. Auch für Hamburg gibt es Pläne.
Natürlich, Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind ein hohes Gut unserer Gesellschaft. Dessen Einschränkung will und muss gut begründet sein, da ein solcher Schritt unsere Gesellschaft – wie die Hooligans, wie die Salafisten – ja ebenfalls infrage stellt. Von daher ist Aufklärung gefragt. Über den Islam, seine Ziele und seine Absichten, anstatt dieses Feld den Extremen zu überlassen. Oder zu warten, bis Nazis mit einfachen Parolen dieses Vakuum schließen.
Ein Verbot als Präventionsmaßnahme
Sowieso kommt Prävention in Form von Integration eine Schlüsselaufgabe zu, um solchen Menschen - Hooligans wie Salafisten - die Teilhabe an unserem Gesellschaftsmodell zu ermöglichen - und das Abdriften zu verhindern.
Dennoch: Sollten Hooligans, aber auch Salafisten, derart offen, derart brutal und derart unversöhnlich wie in Köln, unsere Gesellschaft infrage stellen, dann hat diese das Recht sich zu wehren. Von einem - so wörtlich - "Missbrauch der Versammlungsfreiheit", sprach NRW-Innenminister Jäger - und er hat recht. Ein Verbot, so muss man im Nachgang sagen, hätte dann auch den Charakter von Prävention. Es darf nur nicht dazu führen, dass das Problem unterschätzt wird. Aber darauf haben die Bilder aus Köln ja mit aller Deutlichkeit hingewiesen.
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