Kraftvolle Monumentalität
Der 1869 geborene Architekt Hans Poelzig war ein früher Popstar der Architektur. Seit 1920 lehrte und arbeitete er in Berlin, und wurde zu einem der berühmtesten Architekten der Weimarer Republik, bis ihn die Nationalsozialisten zwangen, alle seine Ämter niederzulegen. Poelzig starb im Sommer 1936, kurz vor der geplanten Emigration in die Türkei. Die Akademie der Künste in Berlin lädt jetzt mit einer großen Retrospektive zum Wiederentdecken Poelzigs ein.
Schwarze Brille, kräftiger Pony und ein bemerkenswert flacher Hinterkopf. So zeigen die Bilder Hans Poelzig, den frühen Popstar der Architektur, der bodenständig und eigenwillig bis heute eine singuläre Erscheinung ist. Wolfgang Pehnt, neben Matthias Schirren einer der Ausstellungskuratoren.
"Er hat begonnen als ein Architekt, damals in Breslau, indem er sich neuen Aufgaben, Industriebau, Geschäftsbau zugewendet hat, und da für die damalige Zeit revolutionäre Lösungen gefunden hat, damals als ein Avantgardist galt, dann nach dem Ersten Weltkrieg in diese expressionistische Phase hineingeriet, er hat sie entscheidend mitgeprägt und dann nachher so eine Rolle zwischen den Parteiungen in der deutschen Bauszene eingenommen hat."
Kraftvolle Monumentalität ist Poelzigs Markenzeichen. Zeitgenössische Kritiker machten sich den Spaß, das Monumentale mit Hans Poelzigs leiblicher Gestalt zu erklären: Ein schwerer, gedrungener Mann, erdverwachsen wie sein Wasserturm in Posen. Architekten wie Walter Gropius oder Mies van der Rohe haben zunächst auch den wilhelminischen Baustil bedient, doch nur Poelzig ist dabei geblieben und hat ihn auf eigene Weise weiterentwickelt.
Wolfgang Pehnt: "Bei Poelzig hat sich das eben gehalten, weil sich das mit der Vorstellung bei ihm gemischt hat, Architektur muss Kunst sein, das hieß für ihn auch immer, sie muss großen Ordnungsfiguren folgen, sie muss monumentale Schwere haben, also diese Dinge haben sich bei ihm fortgesetzt und für unseren Blick eben im Rückwärtsgang zeigen sich manchmal Ähnlichkeiten, die man nicht so sympathisch findet und die sich dann im Dritten Reich fortsetzen, aber man darf ja einen Architekten nicht von späteren Geschehnissen her rückwärts interpretieren."
Es ist eine Architektur, die sich nach Form und Größe sehnt und jeder großen und noch so kleinen Bauaufgabe zu einem enormen Ausdruck verhilft: schwere trutzige Villen, die Entwürfe für ein Festspielhaus in Salzburg oder die wuchtige Talsperre im sächsischen Klingenberg, wo sich majestätische Mauern gegen die Wasserflut stemmen.
Wolfgang Pehnt: "Poelzig ging eigentlich immer ökonomisch um mit seinem Material, mit seinen Formen, also gerade diese sich uns so üppig erscheinenden Fassadenformen, das waren eben Fassadenelemente, die nicht so teuer herzustellen waren, und wo er genau wusste, es ist eine arme Zeit und wir müssen mit wenigen Mitteln, die wir haben, die wir dann auch oft wiederholen, versuchen etwas Kunstwürdiges zu produzieren."
1927 baut Poelzig mit seinen Werkbundkollegen ein Flachdachhaus für die Mustersiedlung am Stuttgarter Weißenhof und bedient zeitgleich den konservativen Heimatstil, wie ihn die handwerklich orientierten Architektenkollegen pflegen. Als genialer Baukünstler empfindet sich Poelzig als Mittler zwischen allen Fronten. Er spielt auf jeder Klaviatur. In Breslau entwirft er ein Warenhaus, und in Berlin verwandelt er Max Reinhardts Schauspielhaus in eine gigantische Märchengrotte.
Poelzig baut Kinopaläste und Messehallen. Das Haus des Rundfunks in der Charlottenburger Masurenallee wird ein repräsentativer Klinkerbau, der auch innen von sorgsamer Schönheit ist. 1931 wird in Frankfurt am Main das Verwaltungsgebäude der IG-Farben bezugsfertig. Eine funktionale Stadtkrone, eine steinerne Verwaltungstrutzburg, die plötzlich wie ein gestrecktes Castel del Monte auf einem Hügel der Bürgerstadt steht.
Ein ganzer Kerl, so sahen ihn die Zeitgenossen, ein Naturbursche mit expressiver Kraft. Sein Freund Theodor Heuss schrieb schon 1926, dass Poelzig gerne den Poelzig gab, dass er ein begnadeter Selbstdarsteller war, der sich öffentlich wirksam zu inszenieren wusste. Später wurde uns ein differenzierteres Bild vor allem durch seine Schüler vermittelt, von Egon Eiermann, Rudolf Schwarz oder Julius Posener, der mit liebenswürdigen Respekt das Werk seines Meisters beredt unter die Leute brachte.
In der Ausstellung sind unendlich viele Dokumente und Objekte zu sehen, Zeitungsausschnitte, Briefe, Skizzen, Zeichnungen und Fotografien von den besten zeitgenössischen Fotografen, die den genialen Architekten oft rauchend in Künstlerpose zeigen.
Wolfgang Pehnt: "Er war ja nicht nur Architekt und Städtebauer. Er hat Bühnenbilder gemacht, Don Giovanni beispielsweise. Er hat Filmkulissen gebaut, Drehbücher geschrieben, der geniale Zeichner und schließlich auch der Maler, der er gewesen ist. Wir zeigen eine Reihe von großen Ölbildern, und das ist eine sehr interessante Malerei, so auf der Kippe zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion, das sind flutende Visionen, flutende Gesichter, die da über die Leinwände treiben, und das sind Dinge, die er in Auseinandersetzung mit Kandinsky entwickelt hat und sicherlich auch unter dem Eindruck von Lovis Corinth, da wissen wir auch, dass er dessen Atelier in stummer Ehrfurcht besichtigt hat."
In der Akademie der Künste wird das Werk eines eigenwilligen Künstlers gezeigt, der in keine Kiste passt: nicht in die Kiste seiner konservativen Kollegen und erst recht nicht in die Bauhaus-Kiste von Gropius und Co.
Wolfgang Pehnt: "Inzwischen gibt es eine Menge an neuem Quellenmaterial, was zutage getreten ist, wir haben jetzt die Chance, als eine Generation, die Poelzig nicht mehr gekannt hat, dieses Bild, ich will nicht sagen, neu zu zeichnen aber es doch in manchen Punkten zu korrigieren."
Es gibt viel zu entdecken. Wir sind aufgefordert, noch einmal neu über Poelzig nachzudenken. Die Akademie der Künste hilft dabei, in einem umfangreichen Begleitprogramm, mit Vorträgen, Filmen und Diskussionen. Da gibt es reichlich Gelegenheit, mehr und viel Neues über den Popstar der monumentalen Architektur zu erfahren.
Katalog:
Wolfgang Pehnt, Matthias Schirren (Hg.) Hans Poelzig. Architekt Lehrer Künstler. München (DVA Deutsche Verlags Anstalt) 2007
"Er hat begonnen als ein Architekt, damals in Breslau, indem er sich neuen Aufgaben, Industriebau, Geschäftsbau zugewendet hat, und da für die damalige Zeit revolutionäre Lösungen gefunden hat, damals als ein Avantgardist galt, dann nach dem Ersten Weltkrieg in diese expressionistische Phase hineingeriet, er hat sie entscheidend mitgeprägt und dann nachher so eine Rolle zwischen den Parteiungen in der deutschen Bauszene eingenommen hat."
Kraftvolle Monumentalität ist Poelzigs Markenzeichen. Zeitgenössische Kritiker machten sich den Spaß, das Monumentale mit Hans Poelzigs leiblicher Gestalt zu erklären: Ein schwerer, gedrungener Mann, erdverwachsen wie sein Wasserturm in Posen. Architekten wie Walter Gropius oder Mies van der Rohe haben zunächst auch den wilhelminischen Baustil bedient, doch nur Poelzig ist dabei geblieben und hat ihn auf eigene Weise weiterentwickelt.
Wolfgang Pehnt: "Bei Poelzig hat sich das eben gehalten, weil sich das mit der Vorstellung bei ihm gemischt hat, Architektur muss Kunst sein, das hieß für ihn auch immer, sie muss großen Ordnungsfiguren folgen, sie muss monumentale Schwere haben, also diese Dinge haben sich bei ihm fortgesetzt und für unseren Blick eben im Rückwärtsgang zeigen sich manchmal Ähnlichkeiten, die man nicht so sympathisch findet und die sich dann im Dritten Reich fortsetzen, aber man darf ja einen Architekten nicht von späteren Geschehnissen her rückwärts interpretieren."
Es ist eine Architektur, die sich nach Form und Größe sehnt und jeder großen und noch so kleinen Bauaufgabe zu einem enormen Ausdruck verhilft: schwere trutzige Villen, die Entwürfe für ein Festspielhaus in Salzburg oder die wuchtige Talsperre im sächsischen Klingenberg, wo sich majestätische Mauern gegen die Wasserflut stemmen.
Wolfgang Pehnt: "Poelzig ging eigentlich immer ökonomisch um mit seinem Material, mit seinen Formen, also gerade diese sich uns so üppig erscheinenden Fassadenformen, das waren eben Fassadenelemente, die nicht so teuer herzustellen waren, und wo er genau wusste, es ist eine arme Zeit und wir müssen mit wenigen Mitteln, die wir haben, die wir dann auch oft wiederholen, versuchen etwas Kunstwürdiges zu produzieren."
1927 baut Poelzig mit seinen Werkbundkollegen ein Flachdachhaus für die Mustersiedlung am Stuttgarter Weißenhof und bedient zeitgleich den konservativen Heimatstil, wie ihn die handwerklich orientierten Architektenkollegen pflegen. Als genialer Baukünstler empfindet sich Poelzig als Mittler zwischen allen Fronten. Er spielt auf jeder Klaviatur. In Breslau entwirft er ein Warenhaus, und in Berlin verwandelt er Max Reinhardts Schauspielhaus in eine gigantische Märchengrotte.
Poelzig baut Kinopaläste und Messehallen. Das Haus des Rundfunks in der Charlottenburger Masurenallee wird ein repräsentativer Klinkerbau, der auch innen von sorgsamer Schönheit ist. 1931 wird in Frankfurt am Main das Verwaltungsgebäude der IG-Farben bezugsfertig. Eine funktionale Stadtkrone, eine steinerne Verwaltungstrutzburg, die plötzlich wie ein gestrecktes Castel del Monte auf einem Hügel der Bürgerstadt steht.
Ein ganzer Kerl, so sahen ihn die Zeitgenossen, ein Naturbursche mit expressiver Kraft. Sein Freund Theodor Heuss schrieb schon 1926, dass Poelzig gerne den Poelzig gab, dass er ein begnadeter Selbstdarsteller war, der sich öffentlich wirksam zu inszenieren wusste. Später wurde uns ein differenzierteres Bild vor allem durch seine Schüler vermittelt, von Egon Eiermann, Rudolf Schwarz oder Julius Posener, der mit liebenswürdigen Respekt das Werk seines Meisters beredt unter die Leute brachte.
In der Ausstellung sind unendlich viele Dokumente und Objekte zu sehen, Zeitungsausschnitte, Briefe, Skizzen, Zeichnungen und Fotografien von den besten zeitgenössischen Fotografen, die den genialen Architekten oft rauchend in Künstlerpose zeigen.
Wolfgang Pehnt: "Er war ja nicht nur Architekt und Städtebauer. Er hat Bühnenbilder gemacht, Don Giovanni beispielsweise. Er hat Filmkulissen gebaut, Drehbücher geschrieben, der geniale Zeichner und schließlich auch der Maler, der er gewesen ist. Wir zeigen eine Reihe von großen Ölbildern, und das ist eine sehr interessante Malerei, so auf der Kippe zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion, das sind flutende Visionen, flutende Gesichter, die da über die Leinwände treiben, und das sind Dinge, die er in Auseinandersetzung mit Kandinsky entwickelt hat und sicherlich auch unter dem Eindruck von Lovis Corinth, da wissen wir auch, dass er dessen Atelier in stummer Ehrfurcht besichtigt hat."
In der Akademie der Künste wird das Werk eines eigenwilligen Künstlers gezeigt, der in keine Kiste passt: nicht in die Kiste seiner konservativen Kollegen und erst recht nicht in die Bauhaus-Kiste von Gropius und Co.
Wolfgang Pehnt: "Inzwischen gibt es eine Menge an neuem Quellenmaterial, was zutage getreten ist, wir haben jetzt die Chance, als eine Generation, die Poelzig nicht mehr gekannt hat, dieses Bild, ich will nicht sagen, neu zu zeichnen aber es doch in manchen Punkten zu korrigieren."
Es gibt viel zu entdecken. Wir sind aufgefordert, noch einmal neu über Poelzig nachzudenken. Die Akademie der Künste hilft dabei, in einem umfangreichen Begleitprogramm, mit Vorträgen, Filmen und Diskussionen. Da gibt es reichlich Gelegenheit, mehr und viel Neues über den Popstar der monumentalen Architektur zu erfahren.
Katalog:
Wolfgang Pehnt, Matthias Schirren (Hg.) Hans Poelzig. Architekt Lehrer Künstler. München (DVA Deutsche Verlags Anstalt) 2007