Kostümbildnerin

Endlos inspiriert

Blick in den großen Saal im Kino Zoo Palast in Berlin kurz vor einer Filmvorführung, fotografiert am 25.01.2014.
Blick in den großen Saal im Kino Zoo Palast in Berlin - Die Kostümbildnerin Ingrid Zoré hat in der Filmwelt ihre Berufung gefunden. © picture alliance / dpa / Jens Kalaene
Von Sonja Kloevekorn · 15.05.2014
Mehr als fünf Jahrzehnte lang hat Ingrid Zoré Kostüme für Film- und Fernsehproduktionen weltweit entworfen. Nebenbei gründete sie den Berufsverband der Filmschaffenden und gab ihr Wissen als Lehrerin weiter. Jetzt arbeitet die 78-jährige an einem Buch mit Anekdoten aus ihrem Filmleben.
Ein schöner Altbau in der Nähe des Schlosspark Theaters Berlin-Steglitz. Ingrid Zoré wohnt hier seit 50 Jahren. Die Räume sind groß und hell, das Mobiliar ist ganz in Weiß gehalten. Großformatige farbenprächtige Malerei ziert die Wände. Die 78-Jährige ist ganz in Blau gekleidet. Mit ihren mahagoniroten kurzen Haaren und dem perfekt gezogenen Lidstrich, wirkt sie deutlich jünger.
"Dann hab ich gestern mal ein bisschen aufgeräumt, das war gar nicht schlecht, (lacht) und auf einmal finde ich meinen allerersten Film den ich gemacht hab, 1961: "Davon träumen alle jungen Mädchen". Na gut, wir haben uns den angeguckt und um Gottes Willen, was hat man da bloß am Anfang gemacht. Das war aber die Zeit, die 50er-Jahre Zeit und dann noch in die 60er rein."
Tagsüber studieren, nachts nähen
Eine Schwarzweißfotografie zeigt die Studentin Ingrid Zoré Ende der 50er-Jahre. Sie sieht wie ein Filmstar aus. Die 1936 geborene Berlinerin beginnt nach einer Schneiderlehre ein Modestudium an der Berliner Meisterschule für das Kunsthandwerk. Später wechselt sie zum Kostümbild.
"Mein Vater war zuerst gar nicht damit einverstanden, weil sie waren natürlich finanziell auch einfach nicht so gestellt, dass sie das alles so bezahlen konnten. Aber ich wusste, ich schaffe das. Nachts habe ich genäht, tagsüber studiert. Und mit dem Geld habe ich das Studium bezahlt und Material, die Materialkosten waren immer sehr hoch bei uns, denn wir mussten ja ständig entwerfen und Schnitte machen und nähen."
Sie hat das Glück, dass Nachwuchs dringend gebraucht wird. Nach einer Assistenz bekommt sie sofort Angebote und kann eigene Filme machen. In den folgenden 55 Berufsjahren, hat die diplomierte Kostümbildnerin von deutschen Komödien und Krimis bis hin zum großen internationalen Kino alles gemacht. Die Plakate und Kostümzeichnungen ihrer liebsten Filme, hängen schön arrangiert im Flur.
"So, wollen wir mal hier in den Flur gehen, denn da hängen vom Gigolo gerade sehr schöne Sachen, sind eigentlich mit die Schönsten. Das Kostüm hab ich machen lassen, das war ihr Auftrittskostüm und das war ihr Brautkleid gewesen Das war für Kim Novak."
Die im Stil der 20er-Jahre und mit viel Liebe zum Detail entworfenen Zeichnungen zeigen Kostümentwürfe für den Film "Just a Gigolo". Ingrid Zoré kann unendlich viele Geschichten über den 1978 gedrehten Film erzählen, bei dem Kim Novak, David Bowie und auch Marlene Dietrich in ihrer letzten Rolle mitspielen. Zum Beispiel die von Kim Novak, als sie während einer 3-Wöchigen Drehpause 15 Kilo abnimmt.
"Jetzt kam sie also zurück und brachte ganz stolz zwei Kleider aus dem Keller bei sich mit, ein Pinkfarbenes typisch amerikanisches so verlaufendes Paillettenkleid, langes mit einem Schlitz bis hierher, absolutes 60er-Jahre Kleid und das passte ihr wieder und da war sie so stolz und ich habe nichts machen können, ich musste dieses Kleid einbauen, obwohl ich ein anderes Kleid hatte, das hatte sie schon probiert".
Späte Erklärung für die Sache mit dem Kleid für Kim Novak
Das Kleid wird ein wenig abgeändert, sodass es besser zum Stil der Zeit passt. Warum Ingrid Zoré Kim Novak immer vom Flughafen abholen und ihr noch vor Ort die Kostümentwürfe zeigen muss, erfährt sie erst nach Drehende.
"Später hat mir denn der Produzent erzählt, in ihrem Vertrag stand drin, wenn ihr die Zeichnungen nicht gefallen, würde sie sofort mit der nächsten Maschine nach Amerika zurück. Also nein, das wusste ich nicht, Gott sei Dank!
Ihr wohl berühmtester Film ist "Die Spaziergängerin von Sans-Souci" mit Romy Schneider und Michel Piccoli. Der Film wurde dreimal abgesagt: Aus Geldmangel, wegen einer Operation Romy Schneiders und schließlich wegen des tödlichen Unfalls ihres Sohnes. Während der Film von einer DVD läuft, erzählt Ingrid Zoré von den Dreharbeiten.
"Na das ist auch eine Szene. War natürlich Identifikation mit ihrem Sohn, weil ihr Sohn sollte die Rolle spielen."
Filmausschnitt Romy Schneider: Ich möchte, dass mein Sohn spielt Max, ich möchte dass Du spielst."
"Das ist natürlich eine Musik, wo einem sowieso ein Schauer übergeht. Und da hat sie wirklich bitterlich angefangen zu weinen und wir wussten alle was das ist. Und dann haben wir nach 1,5 Stunden weitergedreht, war sie wieder geschminkt und alles und wir fangen die Szene an und es passiert genau das gleiche."
Mehr als Filmemachen
Der Regisseur Jaques Rouffio hat Angst, dass die Aufnahmen zu privat verstanden werden könnten. Weil Ingrid Zoré ihn überzeugen kann, dass die Trauer zur Situation passt, bleiben sie drin.
"Und da hat er mich sogar angerufen und gesagt, weißt du was ich dir erzählen wollte, die Szene habe ich genommen, wie du gesagt hast. Das ist schön, so eine Zusammenarbeit, das ist toll, das hat man so selten."
Ingrid Zoré heiratet dreimal. Mit ihrem zweiten Ehemann, dessen Namen sie heute noch trägt, bekommt sie 1967 einen Sohn, der durch Sauerstoffmangel bei der Geburt geistig behindert bleibt. Ihr Mann verlässt sie. Durch die Hilfe ihrer Eltern kann sie ihren Beruf trotzdem weiter ausüben.
"Dann änderte sich mein Leben natürlich sofort, aber ich habe etwas getan, ich habe nicht meinen Beruf aufgegeben und das hat mir geholfen. Ich war immer wieder unter Menschen und ich hab auch mal an andere Dinge gedacht.
Immer wieder neue Pläne
Obwohl ihr Sohn mittlerweile in einer Wohngemeinschaft lebt, ist der Kontakt noch immer eng. Die beeindruckenden farbenprächtigen Bilder an den Wänden sind von ihm. Ihre vielen Erlebnisse möchte Ingrid Zoré in einem Buch festhalten, in dem auch eine Auswahl ihrer Zeichnungen abgebildet werden soll.
"Aber es soll kein Lehrbuch sein, sondern es soll ein Anekdotenbuch werden. Und da sind wir dran und ich hoffe, ich schaffe es noch."