Kostümbildner des Jahres

"Ein großer Wahnsinn, den wir da veranstaltet haben"

Foto einer Projektion von Andy Besuchs Hamburger Kostümarbeit während einer Lesung von Jelineks "Am Königsweg" in New York
Eine an Miss Piggy aus der "Muppet Show" erinnernde Seherin – entworfen von Andy Besuch. © Etihad
Andy Besuch im Gespräch mit Janis El-Bira · 01.09.2018
Die Hamburger Jelinek-Inszenierung "Am Königsweg" hat bei der Umfrage der Zeitschrift "Theater heute" abgeräumt: Auch der Preis für das beste Kostümbild ging ans Schauspielhaus. Preisträger Andy Besuch sagt, bei Jelinek müsse man auch auf der Welle reiten.
Wer waren die Besten des Jahres? Unter dieser Frage ruft jeden Sommer die Zeitschrift "Theater heute" die Theaterkritiker im deutschsprachigen Raum zur Stimmabgabe auf. Am Donnerstag sind die Gewinner bekanntgegeben worden und während sich diesmal das Theater Basel über die Auszeichnung als "Theater des Jahres" freuen darf, gab es mit gleich vier Preisen einen großen Abräumer: die Inszenierung von Elfriede Jelineks "Am Königsweg" am Deutschen Schauspielhaus Hamburg.
Dabei wurde die bittere Donald-Trump-Satire nicht nur zum "Stück des Jahres", zur "Inszenierung des Jahres" und Benny Claessens zum "Schauspieler des Jahres" gewählt, sondern erhielt auch die Auszeichnung für das "Kostümbild des Jahres" – eine bunt-barocke Überfülle aus Anspielungen auf die Popkultur und zweitausend Jahre Menschheitsgeschichte.

"Man hat ja auch gar keine Figuren"

Der so geehrte Andy Besuch sagt zu der Arbeit an der Inszenierung im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur, dass das Jelinek-Stück besondere Anforderungen stelle:
"Wie Frau Jelinek kaskadenartig, wasserfallartig schreibt, muss man auch als Kostümbildner irgendwie auf dieser Welle reiten: Da kann man jetzt keine Figurinen oder Entwürfe vorwegfertigen – das würde auch wahnsinnig behindern. Man hat ja auch keine Figuren! Es gibt ja in dem Text keine Figurenzuweisungen. Und das führt dann zu einem großen Wahnsinn, den wir da veranstaltet haben."
Für Andy Besuch ist es dabei das Wichtigste, dass seine oft extrem ausladenden Kostümentwürfe vom "Schauspieler angenommen und vom Schauspieler auch erweckt oder benutzt" werden. "Das ist dann so ein Moment, wo man sich freut und sagt: Das geht auf!"

Marke und Handschrift

Dabei geht es für den Kostümbildner auch darum, variabel zu bleiben. Die permanente Suche nach markanten Handschriften, wie sie vor allem von Regisseuren verlangt werden, empfindet Besuch als eine falsche Entwicklung in der Theaterlandschaft:
"Alle reden immer von Vielfältigkeit, Diversität – und in der Theaterlandschaft geht’s dann irgendwie um die Marke. Die Häuser kaufen sich ja Marken ein – und ob das dann auf ein Stück passt oder nicht, das ist dann auch manchmal irrelevant. Hauptsache: Das ist die Marke und die verkauft sich und das finde ich für meine Auffassung von Theater nicht praktikabel."
Dass Kostümbildner dabei nach wie vor eher im Schatten von Regie und Bühnenbild stehen, ärgert Andy Besuch ebenso wie viele seine Kollegen:
"Das liegt natürlich auch an der Presse selbst und an den Kritikern, dass das irgendwie für selbstverständlich genommen wird. Oder dass es nur auffällt, wenn es schlecht ist oder wenn es groß und bunt ist." Dann werde Notiz davobgenommen. "Man muss sich vorstellen: Alles, was man da draußen sieht, ob das in Printmedien ist oder in der Tagesschau oder auf dem Theater, im Kino, da stehen Leute dahinter, die das machen, die sich das überlegen! Und, ja, ich finde das selbst schade, dass Kostüm, auch wenn es nicht nach Kostüm aussieht, nicht so eine große Wertschätzung erfährt."
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