Kosslick: Mehr gute deutsche Filme als Plätze im Wettbewerb
Berlinale-Direktor Dieter Kosslick betont die hervorragende Qualität deutscher Filme. Zwei Tage vor Beginn der diesjährigen Filmfestspiele sagte er, es gebe mehr gute deutsche Filme, als er für den Wettbewerb habe annehmen können.Insgesamt seien es acht bis neun deutsche Filme mit Wettbewerbsqualität gewesen, erklärte Kosslick im Deutschlandradio Kultur. Mehr als vier habe er aber nicht nehmen können.
Hanselmann: Ja, sie stehen unmittelbar vor der Tür, die 56. Internationalen Filmfestspiele in Berlin. Am Donnerstag werden sie eröffnet und ihren Leiter Dieter Kosslick begrüße ich ganz herzlich am Telefon. Hallo!
Kosslick: Hallo!
Hanselmann: Herr Kosslick, die wichtigste Frage zuerst: Kommt George Clooney?
Kosslick: Also alles, was ich den Zeitungen entnehme, kommt er nicht nur, sondern bleibt er auch hier, also das habe ich heute gelesen. Aber George Clooney ist ein echtes Phänomen offensichtlich mit Berlin. Der toppt auch noch Jane Mansfield, die ja hier vor 27 Jahren war. Er kommt, und ich hoffe, er bleibt ein bisschen.
Hanselmann: In weiblicher Begleitung?
Kosslick: Also, so weit bin ich jetzt, also da bin ich gar nicht in den Details drin, obwohl Berlin ist ja im Starfieber seit Wochen. Also, wenn er eine Frau mitbringt und die glücklich ist, das ist doch eine schöne Sache, wenn er auch glücklich ist.
Hanselmann: Im ZDF-Morgenmagazin haben Sie gesagt, dass der Mann nicht nur gut aussieht, sondern auch gut ist. Wieso muss man denn so etwas betonen?
Kosslick: Na ja, das habe ich so ein bisschen ironisch gemeint auf die Frage, warum nun ausgerechnet George Clooney, der aus dem Emergency Room rausgeht und versucht, die Welt zu retten mit seinen Filmen, jedenfalls mit Cyriana, den wir hier am Freitagabend um 19:30 im Wettbewerbskino zeigen am Palast hier am Potsdamer Platz, und eben das wir ja immer, warum macht er denn so etwas? Und da muss man einfach wissen, dass dieser Mann politisch ist und auch immer politisch war, und deshalb habe ich das gesagt. Das ist natürlich eine Verkürzung, aber es ist trotzdem wahr.
Hanselmann: Dass Ihnen Starpower, wie man so schön sagt, also Anwesenheit von Prominenz, wichtig ist, brauchen wir gar nicht dazu zu sagen. Der deutsche Film, der bekommt international immer mehr Anerkennung. Als bekannt wurde, dass "Sophie Scholl - die letzten Tage" für den Oscar nominiert ist, wie haben Sie sich gefühlt?
Kosslick: Ich habe ein Glückwunschtelegramm geschrieben und habe gesagt, liebe Freunde - die heißen ja Goldkinder, die Produktion -, liebe Goldkinder, ich kann nicht mehr, das ist mein fünfzehnter Glückwunsch, und jetzt schreibe ich schon mal einen, und den schreibe ich schon mal auf Vorrat, herzlichen Glückwunsch zum Oscar! Natürlich habe ich mich gut gefühlt, ist doch super, wenn genau ein Jahr vorher dieser Film startet und er kriegt zwei Silberne Bären, und mit diesem Thema und dieser so genannte kleine Film mit dieser großartigen Schauspielerin, da freut man sich, dass man als Berlinale mithelfen kann. Wir haben ja den Film nicht gemacht, sondern wir sind ja nur eine Möglichkeit, ihn zu veröffentlichen und der ganzen Welt zu zeigen, und da habe ich mich sehr gefreut, also das ist doch ein tolles Ding.
Hanselmann: Vielleicht gelingt Ihnen ja dieses Jahr wieder ein so großer Wurf. Gleich bei Ihrer ersten Berlinale, da haben Sie vier deutsche Filme in den Wettbewerb geholt, dieses Mal sind es wieder vier. Sie dürfen sich zu Recht als Förderer des deutschen Filmes bezeichnen, selbstredend. Was hat sich denn entwickelt in den letzten Jahren im deutschen Film? Was ist passiert bei der Stoffwahl, bei den Themen und natürlich auch den Machern?
Kosslick: Na ja, erst mal ist es so, dass in den fünf Jahren, wo wir jetzt hier die Berlinale in dieser Form machen, hat ja der deutsche Film jedes Jahr immer Preise bekommen. Fatih Akin den Goldenen Bären, "Halbe Treppe", auch "Goodbye Lenin" ist mit dem besten europäischen Film ausgezeichnet worden usw., das heißt, es sind sehr unterschiedliche Filme hier im Wettbewerb gelaufen und auf dem Festival gelaufen, und die wurden immer von einer internationalen Jury ausgezeichnet. Das ist ja das Allerwichtigste, dass sie im Wettbewerb mit den großen Filmen dieser Welt stehen und sich behaupten konnten.
Ich denke, es hat sich verändert, dass die deutschen Regisseure, Drehbuchautoren und Produzenten einfach Geschichten erzählen, sich freigemacht haben von Zwängen, wir tolle Schauspieler haben in der Zwischenzeit, und dass die Filme sehr publikumsnah gemacht werden, das heißt nicht gefällig oder süffig, aber dass sie so gemacht werden, dass viele Leute da Lust haben, ins Kino zu gehen, und was sich jetzt gerade hier anbahnt, auch auf der Berlinale, wo wir in allen Sektionen viele deutsche Filme haben, da kann man wirklich sehen, wie unterschiedlich die deutsche Filme sind, und Unterschiedlichkeit heißt immer, das ist der Beginn einer großen Filmindustrie. Hoffentlich schätze ich das richtig ein.
Hanselmann: Gibt es eine Art neues deutsches Heimatbewusstsein im deutschen Film, der Spiegel nannte es sogar einen "neuen Heimatfilm"?
Kosslick: Na ja, also im Gegensatz zu den "Straßen von San Francisco" beschäftigt sich Detlef Buck mit Neukölln und mit Stadtteilen, die hier in Berlin sind, und auch die anderen Leute, Valeska Grisebach zum Beispiel, die ihren Film im Wettbewerb hat, beschäftigt sich mit Leuten aus Brandenburg auf dem Land, und es gibt einfach Geschichten, die in unserem Land spielen und die sich mit unserem Land und mit den Leuten beschäftigen. Von daher ist es ein Heimatfilm neuer Art, wenn Sie das so wollen, jedenfalls nicht einer, der in der Südsee stattfindet, wo sich jemand damit beschäftigt, dass ein Urlauber seinen Pass verloren hat, also diese Filme gibt es im Moment nicht.
Hanselmann: Apropos, ein deutscher Film, nämlich "Das Leben der Anderen", Regie Florian Henckel von Donnersmarck, eine Stasigeschichte, hat es nicht geschafft, obwohl er schon vier bayrische Filmpreise eingeheimst hat und auch als Favorit für den Deutschen Filmpreis gilt. Nervt Sie das Thema DDR?
Kosslick: Nee, überhaupt nicht, das ist ein sehr guter Film, auch wieder mit großartigen Schauspielern, und wir hätten den Film wahnsinnig gerne genommen, wir konnten nur nicht mehr als vier Filme in den Wettbewerb nehmen, wir haben ihm dann angeboten, in Panorama zu laufen, das wollte er nicht, das habe ich zu akzeptieren. Schade ist es trotzdem, weil das ist einer von diesen acht, neun Filmen, die alle Wettbewerbsqualität gehabt haben, aber Sie müssen verstehen, wir zeigen 26 Filme, von denen sind 20, 21 im Wettbewerb, und davon nehmen wir dann vier, und das ist ein Spektrum aus der ganzen Welt, da kriegen Sie echt Ärger, wenn Sie da einen mehr nehmen. Ich hätte höchstens den einen gegen den anderen austauschen können, aber wir haben uns nun mal für die entschieden, die wir jetzt zeigen, und das ist sehr schade. Ich sage aber dem Kollegen Donnersmarck und diesem Film "Das Leben der Anderen" eine große Karriere im Kino voraus, ob er nun auf der Berlinale gelaufen ist oder nicht.
Hanselmann: Herr Kosslick, ist es schon so weit gekommen, dass man im internationalen Filmgeschäft verstärkt nach Deutschland schaut, uns die Stoffe und die Regisseure wegklaut?
Kosslick: Na, klauen will ich nicht sagen, aber ich meine, es gibt ja außer denen, die wir alle kennen, Roland Emmerich und Wolfgang Petersen, gibt es auch eine neue Generation, zum Beispiel Robert Schwenke hat "Flightplan" gemacht mit Jodie Foster, hat gerade 200 Millionen Dollar eingespielt, so weit können wir gar nicht zählen in Deutschland, und da gibt es natürlich schon Leute, die über den Teich gucken, nicht nur wegen Geld, sondern auch wegen den Talenten. Der "Untergang"-Macher Oliver Hirschbiegel macht jetzt mit Nicole Kidman einen Film. Also es gibt da mehrere Beziehungen zwischen Hollywood und Deutschland, und dass es jetzt eine Oscar-Nominierung gibt zum wiederholten Mal, dass es diese internationalen Erfolge für deutsche Filme und für deutsche Regisseure gibt, das ist doch prima. Ich hoffe nur, dass sie auch wieder zurückkommen und hier Filme machen und nicht alle in Hollywood bleiben, obwohl es da natürlich wärmer ist als im Moment am Potsdamer Platz.
Hanselmann: Apropos, welches Licht wird die Berlinale dieses Jahr auf den internationalen Film werfen, was werden die Themen, die Highlights sein?
Kosslick: Ja, die Themen sind im Prinzipim Moment weltweit dieselben. Das ist sehr realitätsnahes Kino, das ist Kino, wo sich die Menschen in Australien, in Japan, in Island und in Dänemark mit der Welt beschäftigen, in der sie sind, und das ist eine harte Welt, das ist eine Welt der Globalisierung, das ist eine Welt, wo Menschen ihren Halt verlieren, aber letztendlich ist es auch eine Welt, wo die Menschen wieder zusammenfinden mit großen Leidenschaften, mit großen Sehnsüchten, wo sie sich lieben und wo sie alle Probleme dieser Welt am Ende dann doch bewältigen, weil es offensichtlich einfach zu schön ist, wenn man sich mag, und offensichtlich ist die Welt auch zu schön, und von daher sind es ganz große Liebesgeschichten, etwas anders erzählt als in den vergangenen fünfzig Jahren.
Hanselmann: Wir freuen uns auf 26 Filme im Wettbewerb, 396 Filme insgesamt in den verschiedenen Sektionen. Herr Kosslick, Sie haben letztes Jahr das Bundesverdienstkreuz erhalten. Wo bewahren Sie es auf?
Kosslick: Im Moment liegt es auf meinem Schreibtisch. Ich habe es schon aus dem Schrank herausgeholt, und ich werde es bei den offiziellen Anlässen tragen.
Hanselmann: Die Fotografen werden sich freuen, ja.
Kosslick: Ja, ich weiß ja nun nicht, welcher offizielle Anlass es ist, wo ich es trage, aber ich nehme es ja vorsichtshalber mit an den Potsdamer Platz. Es sieht ja auch sehr schön aus, und man kann ja auch da stolz drauf sein, dass man so etwas bekommen hat. Da wird sich ein Anlass finden, und dann werde ich es am linken Revers tragen.
Hanselmann: Sehr schön. Wie haben Sie sich mental und körperlich vorbereitet auf mindestens, sagen wir mal, zehn bis zwölf durchzumachende Nächte?
Kosslick: Also ich habe lange geschlafen, vorgeschlafen, wie meine Mutter immer sagt, vorschlafen ist immer wichtig, ja, ich weiß gar nicht, ob es so etwas gibt, aber ich habe es gemacht, und ich habe gut gegessen und ökologisch korrekte Speisen zu mir genommen und keinen Alkohol getrunken, nicht geraucht, und was das Allerwichtigste ist - das kennen wir aus dem Sport -, mental müssen Sie ja gut drauf sein, also das heißt, bei uns zu Hause sagt man da, man muss gut gelaunt sein, und man muss Spaß an der Arbeit und bei der Sache haben, und die habe ich, und ich glaube, das ist das Einzige, was einen wirklich durch diesen Zehn-Tage-Marathon treibt.
Sie dürfen nicht vergessen, das ist zwar wahnsinnig anstrengend, aber wenn man sich freut, andere Leute zu sehen und Filme zu präsentieren, und die ganze Welt ist hier zu Gast, und man kann ihnen guten Tag oder guten Abend sagen, das ist doch auch eine schöne Sache. Das ist wie bei einer Party zu Hause, bei einer Geburtstagsfeier, wo man alle wieder sieht und freut sich, also ich freue mich jedenfalls auf die 18.000, die jetzt kommen übermorgen.
Hanselmann: Wunderbar, dann viel Spaß Ihnen und allen anderen bei der Bärenjagd!
Kosslick: Hallo!
Hanselmann: Herr Kosslick, die wichtigste Frage zuerst: Kommt George Clooney?
Kosslick: Also alles, was ich den Zeitungen entnehme, kommt er nicht nur, sondern bleibt er auch hier, also das habe ich heute gelesen. Aber George Clooney ist ein echtes Phänomen offensichtlich mit Berlin. Der toppt auch noch Jane Mansfield, die ja hier vor 27 Jahren war. Er kommt, und ich hoffe, er bleibt ein bisschen.
Hanselmann: In weiblicher Begleitung?
Kosslick: Also, so weit bin ich jetzt, also da bin ich gar nicht in den Details drin, obwohl Berlin ist ja im Starfieber seit Wochen. Also, wenn er eine Frau mitbringt und die glücklich ist, das ist doch eine schöne Sache, wenn er auch glücklich ist.
Hanselmann: Im ZDF-Morgenmagazin haben Sie gesagt, dass der Mann nicht nur gut aussieht, sondern auch gut ist. Wieso muss man denn so etwas betonen?
Kosslick: Na ja, das habe ich so ein bisschen ironisch gemeint auf die Frage, warum nun ausgerechnet George Clooney, der aus dem Emergency Room rausgeht und versucht, die Welt zu retten mit seinen Filmen, jedenfalls mit Cyriana, den wir hier am Freitagabend um 19:30 im Wettbewerbskino zeigen am Palast hier am Potsdamer Platz, und eben das wir ja immer, warum macht er denn so etwas? Und da muss man einfach wissen, dass dieser Mann politisch ist und auch immer politisch war, und deshalb habe ich das gesagt. Das ist natürlich eine Verkürzung, aber es ist trotzdem wahr.
Hanselmann: Dass Ihnen Starpower, wie man so schön sagt, also Anwesenheit von Prominenz, wichtig ist, brauchen wir gar nicht dazu zu sagen. Der deutsche Film, der bekommt international immer mehr Anerkennung. Als bekannt wurde, dass "Sophie Scholl - die letzten Tage" für den Oscar nominiert ist, wie haben Sie sich gefühlt?
Kosslick: Ich habe ein Glückwunschtelegramm geschrieben und habe gesagt, liebe Freunde - die heißen ja Goldkinder, die Produktion -, liebe Goldkinder, ich kann nicht mehr, das ist mein fünfzehnter Glückwunsch, und jetzt schreibe ich schon mal einen, und den schreibe ich schon mal auf Vorrat, herzlichen Glückwunsch zum Oscar! Natürlich habe ich mich gut gefühlt, ist doch super, wenn genau ein Jahr vorher dieser Film startet und er kriegt zwei Silberne Bären, und mit diesem Thema und dieser so genannte kleine Film mit dieser großartigen Schauspielerin, da freut man sich, dass man als Berlinale mithelfen kann. Wir haben ja den Film nicht gemacht, sondern wir sind ja nur eine Möglichkeit, ihn zu veröffentlichen und der ganzen Welt zu zeigen, und da habe ich mich sehr gefreut, also das ist doch ein tolles Ding.
Hanselmann: Vielleicht gelingt Ihnen ja dieses Jahr wieder ein so großer Wurf. Gleich bei Ihrer ersten Berlinale, da haben Sie vier deutsche Filme in den Wettbewerb geholt, dieses Mal sind es wieder vier. Sie dürfen sich zu Recht als Förderer des deutschen Filmes bezeichnen, selbstredend. Was hat sich denn entwickelt in den letzten Jahren im deutschen Film? Was ist passiert bei der Stoffwahl, bei den Themen und natürlich auch den Machern?
Kosslick: Na ja, erst mal ist es so, dass in den fünf Jahren, wo wir jetzt hier die Berlinale in dieser Form machen, hat ja der deutsche Film jedes Jahr immer Preise bekommen. Fatih Akin den Goldenen Bären, "Halbe Treppe", auch "Goodbye Lenin" ist mit dem besten europäischen Film ausgezeichnet worden usw., das heißt, es sind sehr unterschiedliche Filme hier im Wettbewerb gelaufen und auf dem Festival gelaufen, und die wurden immer von einer internationalen Jury ausgezeichnet. Das ist ja das Allerwichtigste, dass sie im Wettbewerb mit den großen Filmen dieser Welt stehen und sich behaupten konnten.
Ich denke, es hat sich verändert, dass die deutschen Regisseure, Drehbuchautoren und Produzenten einfach Geschichten erzählen, sich freigemacht haben von Zwängen, wir tolle Schauspieler haben in der Zwischenzeit, und dass die Filme sehr publikumsnah gemacht werden, das heißt nicht gefällig oder süffig, aber dass sie so gemacht werden, dass viele Leute da Lust haben, ins Kino zu gehen, und was sich jetzt gerade hier anbahnt, auch auf der Berlinale, wo wir in allen Sektionen viele deutsche Filme haben, da kann man wirklich sehen, wie unterschiedlich die deutsche Filme sind, und Unterschiedlichkeit heißt immer, das ist der Beginn einer großen Filmindustrie. Hoffentlich schätze ich das richtig ein.
Hanselmann: Gibt es eine Art neues deutsches Heimatbewusstsein im deutschen Film, der Spiegel nannte es sogar einen "neuen Heimatfilm"?
Kosslick: Na ja, also im Gegensatz zu den "Straßen von San Francisco" beschäftigt sich Detlef Buck mit Neukölln und mit Stadtteilen, die hier in Berlin sind, und auch die anderen Leute, Valeska Grisebach zum Beispiel, die ihren Film im Wettbewerb hat, beschäftigt sich mit Leuten aus Brandenburg auf dem Land, und es gibt einfach Geschichten, die in unserem Land spielen und die sich mit unserem Land und mit den Leuten beschäftigen. Von daher ist es ein Heimatfilm neuer Art, wenn Sie das so wollen, jedenfalls nicht einer, der in der Südsee stattfindet, wo sich jemand damit beschäftigt, dass ein Urlauber seinen Pass verloren hat, also diese Filme gibt es im Moment nicht.
Hanselmann: Apropos, ein deutscher Film, nämlich "Das Leben der Anderen", Regie Florian Henckel von Donnersmarck, eine Stasigeschichte, hat es nicht geschafft, obwohl er schon vier bayrische Filmpreise eingeheimst hat und auch als Favorit für den Deutschen Filmpreis gilt. Nervt Sie das Thema DDR?
Kosslick: Nee, überhaupt nicht, das ist ein sehr guter Film, auch wieder mit großartigen Schauspielern, und wir hätten den Film wahnsinnig gerne genommen, wir konnten nur nicht mehr als vier Filme in den Wettbewerb nehmen, wir haben ihm dann angeboten, in Panorama zu laufen, das wollte er nicht, das habe ich zu akzeptieren. Schade ist es trotzdem, weil das ist einer von diesen acht, neun Filmen, die alle Wettbewerbsqualität gehabt haben, aber Sie müssen verstehen, wir zeigen 26 Filme, von denen sind 20, 21 im Wettbewerb, und davon nehmen wir dann vier, und das ist ein Spektrum aus der ganzen Welt, da kriegen Sie echt Ärger, wenn Sie da einen mehr nehmen. Ich hätte höchstens den einen gegen den anderen austauschen können, aber wir haben uns nun mal für die entschieden, die wir jetzt zeigen, und das ist sehr schade. Ich sage aber dem Kollegen Donnersmarck und diesem Film "Das Leben der Anderen" eine große Karriere im Kino voraus, ob er nun auf der Berlinale gelaufen ist oder nicht.
Hanselmann: Herr Kosslick, ist es schon so weit gekommen, dass man im internationalen Filmgeschäft verstärkt nach Deutschland schaut, uns die Stoffe und die Regisseure wegklaut?
Kosslick: Na, klauen will ich nicht sagen, aber ich meine, es gibt ja außer denen, die wir alle kennen, Roland Emmerich und Wolfgang Petersen, gibt es auch eine neue Generation, zum Beispiel Robert Schwenke hat "Flightplan" gemacht mit Jodie Foster, hat gerade 200 Millionen Dollar eingespielt, so weit können wir gar nicht zählen in Deutschland, und da gibt es natürlich schon Leute, die über den Teich gucken, nicht nur wegen Geld, sondern auch wegen den Talenten. Der "Untergang"-Macher Oliver Hirschbiegel macht jetzt mit Nicole Kidman einen Film. Also es gibt da mehrere Beziehungen zwischen Hollywood und Deutschland, und dass es jetzt eine Oscar-Nominierung gibt zum wiederholten Mal, dass es diese internationalen Erfolge für deutsche Filme und für deutsche Regisseure gibt, das ist doch prima. Ich hoffe nur, dass sie auch wieder zurückkommen und hier Filme machen und nicht alle in Hollywood bleiben, obwohl es da natürlich wärmer ist als im Moment am Potsdamer Platz.
Hanselmann: Apropos, welches Licht wird die Berlinale dieses Jahr auf den internationalen Film werfen, was werden die Themen, die Highlights sein?
Kosslick: Ja, die Themen sind im Prinzipim Moment weltweit dieselben. Das ist sehr realitätsnahes Kino, das ist Kino, wo sich die Menschen in Australien, in Japan, in Island und in Dänemark mit der Welt beschäftigen, in der sie sind, und das ist eine harte Welt, das ist eine Welt der Globalisierung, das ist eine Welt, wo Menschen ihren Halt verlieren, aber letztendlich ist es auch eine Welt, wo die Menschen wieder zusammenfinden mit großen Leidenschaften, mit großen Sehnsüchten, wo sie sich lieben und wo sie alle Probleme dieser Welt am Ende dann doch bewältigen, weil es offensichtlich einfach zu schön ist, wenn man sich mag, und offensichtlich ist die Welt auch zu schön, und von daher sind es ganz große Liebesgeschichten, etwas anders erzählt als in den vergangenen fünfzig Jahren.
Hanselmann: Wir freuen uns auf 26 Filme im Wettbewerb, 396 Filme insgesamt in den verschiedenen Sektionen. Herr Kosslick, Sie haben letztes Jahr das Bundesverdienstkreuz erhalten. Wo bewahren Sie es auf?
Kosslick: Im Moment liegt es auf meinem Schreibtisch. Ich habe es schon aus dem Schrank herausgeholt, und ich werde es bei den offiziellen Anlässen tragen.
Hanselmann: Die Fotografen werden sich freuen, ja.
Kosslick: Ja, ich weiß ja nun nicht, welcher offizielle Anlass es ist, wo ich es trage, aber ich nehme es ja vorsichtshalber mit an den Potsdamer Platz. Es sieht ja auch sehr schön aus, und man kann ja auch da stolz drauf sein, dass man so etwas bekommen hat. Da wird sich ein Anlass finden, und dann werde ich es am linken Revers tragen.
Hanselmann: Sehr schön. Wie haben Sie sich mental und körperlich vorbereitet auf mindestens, sagen wir mal, zehn bis zwölf durchzumachende Nächte?
Kosslick: Also ich habe lange geschlafen, vorgeschlafen, wie meine Mutter immer sagt, vorschlafen ist immer wichtig, ja, ich weiß gar nicht, ob es so etwas gibt, aber ich habe es gemacht, und ich habe gut gegessen und ökologisch korrekte Speisen zu mir genommen und keinen Alkohol getrunken, nicht geraucht, und was das Allerwichtigste ist - das kennen wir aus dem Sport -, mental müssen Sie ja gut drauf sein, also das heißt, bei uns zu Hause sagt man da, man muss gut gelaunt sein, und man muss Spaß an der Arbeit und bei der Sache haben, und die habe ich, und ich glaube, das ist das Einzige, was einen wirklich durch diesen Zehn-Tage-Marathon treibt.
Sie dürfen nicht vergessen, das ist zwar wahnsinnig anstrengend, aber wenn man sich freut, andere Leute zu sehen und Filme zu präsentieren, und die ganze Welt ist hier zu Gast, und man kann ihnen guten Tag oder guten Abend sagen, das ist doch auch eine schöne Sache. Das ist wie bei einer Party zu Hause, bei einer Geburtstagsfeier, wo man alle wieder sieht und freut sich, also ich freue mich jedenfalls auf die 18.000, die jetzt kommen übermorgen.
Hanselmann: Wunderbar, dann viel Spaß Ihnen und allen anderen bei der Bärenjagd!