Kossendey lehnt zusätzliche Soldaten für Afghanistan ab
Der Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Thomas Kossendey, hat sich gegen eine Aufstockung des Bundeswehrkontingents in Afghanistan ausgesprochen. Allerdings müsse die Koordination zwischen dem militärischen und zivilen Bereich verbessert werden, sagte der CDU-Politiker.
Marie Sagenschneider: Die Einsätze in Afghanistan scheinen an einem kritischen Punkt zu sein. Seit fünf Jahren versucht die ISAF unter Führung der NATO die Sicherheit in Afghanistan so weit zu gewährleisten, dass ein Wiederaufbau glücken kann, seitdem sind zivile Helfer im Land und auch Polizeiausbilder. Aber all dies geht viel zu langsam und mittlerweile haben die Taliban wieder stärker Fuß gefasst, sie verüben mehr und mehr Anschläge, die Entführungen häufen sich, und nicht nur innerhalb der NATO wird darüber beratschlagt, wie die Einsätze verändert werden müssen, dass am Ende der Versuch, Afghanistan zu stabilisieren, nicht scheitert. NATO-Generalsekretär de Hoop Scheffer verlangt ein noch stärkeres deutsches Engagement, während in Deutschland selbst die Zustimmung zu den Einsätzen rapide schwindet und die Politik offenbar noch schwer im Diskussionsprozess begriffen ist. Was muss sich ändern? Auch darüber wollen wir nun hier im Deutschlandradio Kultur mit Thomas Kossendey sprechen. Er gehört der CDU an und ist Parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium. Guten Morgen, Herr Kossendey!
Thomas Kossendey: Guten Morgen, Frau Sagenschneider!
Sagenschneider: Muss Deutschland mehr Soldaten nach Afghanistan schicken?
Kossendey: Nein, ich glaube, die Frage der Zahl der Soldaten, die wir dort hinschicken, wird sich erst dann präzise beantworten lassen, wenn wir uns ein Bild gemacht haben, welche Aufgaben uns in Afghanistan bevorstehen. Im Augenblick sind wir mit 3200 Soldaten, die das Parlament bewilligt hat, im Einsatz in Afghanistan. Und ich habe nicht den Eindruck, dass es in dem Spektrum, das wir dort bearbeiten, mangelt an der Zahl der Soldaten.
Sagenschneider: Sondern?
Kossendey: Wir brauchen eine viel bessere Koordination zwischen dem militärischen und dem zivilen Bereich. Wir brauchen einen stärkeren Akzent auf den zivilen Aufbaubereich. Und ein dritter Punkt ist wichtig: Ich glaube, wir müssen viel intensiver koordinieren, das, was wir an Aufbauleistung für die afghanischen Sicherheitskräfte selber bereitstellen, das, was wir in die Ausbildung der afghanischen Polizei zum Beispiel stecken, nicht die Aufgabe des Verteidigungsministers, aber auch eine wichtige deutsche Aufgabe, was wir in die Ausbildung der afghanischen Armee stecken. Das ist unsere Aufgabe zum Teil auch bei der Bundeswehr. Das muss verstärkt werden, damit möglichst bald eine durch afghanische Autoritäten getragene Sicherheit dort stattfinden kann.
Sagenschneider: Ja, aber da sind wir natürlich bei einem ganz schwierigen Punkt. Die EU will jetzt die Zahlen variieren, 160 bis knapp 200 Polizeiausbilder nach Afghanistan entsenden, das sollte eigentlich schon im Juli passieren, nur wenige sind bislang dort überhaupt eingetroffen. Und da zitiere ich mal Tom Königs, den UN-Sonderbeauftragten für Afghanistan, der gesagt hat: Damals im Kosovo hatten wir knapp 5000 Polizisten, um eine Polizei mit 10.000 Polizisten aufzubauen. Wenn man jetzt sieht, was in Afghanistan geschieht, in einem Land, das ja ungleich größer ist, oder gerade eben nicht geschieht, dann fragt man sich doch, ob man da nicht auch selbstverschuldet auf ein Scheitern zuläuft.
Kossendey: Das ist in der Tat ein Verhältnis, was nicht so gut ist wie im Kosovo, und da hat Tom Königs vollkommen Recht. Aber ich gebe zu bedenken, dass wir bei der Entsendung von Polizeibeamten auf die Freiwilligkeit der Beamten angewiesen sind, das wir schon mit 16 verschiedenen Länderpolizeien und einer Bundespolizei zu tun haben, aus deren Personalkörper diese Polizisten dort hingehen müssen. Das ist organisatorisch auch nicht leicht. Aber wir haben gerade in den letzten Monaten innerhalb der europäischen Union dort einen starken Schritt nach vorne getan. Und die Bundeswehr beteiligt sich an der Ausbildung von Polizeikräften mittlerweile auch durch die Entsendung von ungefähr 40 Feldjägern, die dort Ausbildung in Afghanistan wahrnehmen.
Sagenschneider: Ja, aber es geht viel zu langsam. Und ohne Sicherheit und Stabilität – Sie haben es selbst gesagt – wird der Wiederaufbau nicht gelingen, und gehen kann die ISAF nur, wenn das Land selbst in der Lage ist, Sicherheit und Stabilität zu gewährleisten.
Kossendey: Ja, natürlich, aber die Frage des Langsamen ist eine Frage der Ressourcen, die wir hier haben, sowohl der menschlichen wie auch der materiellen Ressourcen. Und wir werden dem Parlament zur Vorbereitung der Diskussion über die zu verabschiedenden Mandate einen sehr ausführlichen Bericht vorlegen, aus dem auch diese Defizite deutlich hervorgehen. Und dann werden gemeinsam mit dem Parlament darüber zu diskutieren haben, wo der Schwerpunkt verlagert werden kann, wo wir vielleicht zusätzliche Akzente setzen. Aber das ist eine Angelegenheit, die werden wir sehr intensiv mit den Kolleginnen und Kollegen aus dem Parlament zu besprechen haben.
Sagenschneider: Das heißt, Sie halten es für möglich, dass Deutschland mehr Polizeiausbilder nach Afghanistan schickt?
Kossendey: Wenn wir sie denn bekommen, wäre es sehr gut. Wir sind im Augenblick noch in einem Prozess, dass wir diejenigen, die wir versprochen haben, zunächst erst mal finden müssen in den Länderpolizeien und in der Bundespolizei. Und ich sage noch einmal, das ist eine freiwillige Angelegenheit. Während wir die Soldaten im Wesentlichen aufgrund ihrer beruflichen Situation dorthin schicken können.
Sagenschneider: Ja, das ist ja immer das Problem. Es gab deswegen den Vorschlag, so eine Art übergeordneten Pool einzurichten, dass man sozusagen in solchen Situationen … auf den man dann immer zurückgreifen könnte.
Kossendey: Ja, das ist richtig. Aber die Zahlendimension, von der Tom Königs im Kosovo sprach, werden wir in diesem Pool auch nicht erreichen können. Aber wir sind dabei, die Rahmenbedingungen für die deutschen Polizisten zu verbessern, damit sie eben besser hingehen. Und da ist es eine schwierige Aufgabe, auch für den Bundesinnenminister, das mit den 16 Länderpolizeien zu koordinieren.
Sagenschneider: Nun entscheidet der Bundestag im Herbst ja über die Verlängerung von drei Einsätzen, ISAF, die Tornados und die deutsche Beteiligung an der Operation "Enduring Freedom", die unter amerikanischer Führung steht. Die ersten beiden Einsätze sind wenig strittig, aber es gibt eine Diskussion vor allem bei den Grünen und der SPD darüber, ob "Enduring Freedom" eine deutsche Beteiligung braucht, ob man diesen Einsatz überhaupt braucht. Wie ist da Ihre Haltung?
Kossendey: Ja, zunächst muss man ja sehen, "Enduring Freedom" ist eine Aktion, die weit über Afghanistan hinaus militärische Kräfte bindet. Afghanistan ist nur ein Ort, an dem "Enduring Freedom" arbeitet. Ich hielte es für außenpolitisch nicht sehr glücklich, wenn Deutschland sich aus dieser Aktion zur Bekämpfung des Terrors zurückziehen würde. Wir haben damals – Gerhard Schröder hat das getan – uneingeschränkte Solidarität bei der Terrorismusbekämpfung versprochen. Und ich denke, wir sollten da, wo es uns möglich ist, auch Hilfe leisten. In Afghanistan selber ist "Enduring Freedom" in den letzten Jahren eigentlich überhaupt nicht in Anspruch genommen worden, deutsche Hilfe nicht in Anspruch genommen worden, aber zum Beispiel am Horn von Afrika leisten unsere Fregatten einen ganz wichtigen Beitrag, um Verbindungswege der Terroristen zu unterbrechen. Und wenn wir das insgesamt aufkündigen wollten, glaube ich, wäre das, was die internationale Solidarität in diesem Punkt angeht, ein schlechtes Signal für deutsche Außenpolitik.
Sagenschneider: Glauben Sie denn, dass die Operation "Enduring Freedom" oder die deutsche Beteiligung, die Verlängerung, eine Mehrheit finden wird im Bundestag im Herbst?
Kossendey: Ich gehe davon aus, und die Signale, die ich von den Führungsebenen der Sozialdemokraten bekomme, gehen auch in diese Richtung. Peter Struck und Kollege Beck haben sich da sehr deutlich erklärt.
Sagenschneider: Die Mehrheit der Deutschen hat die Politik allerdings nicht hinter sich. Knapp zwei Drittel wollen einen Ausstieg gesamt aus den Einsätzen in Afghanistan. Beeinflusst das eigentlich, Herr Kossendey, in irgendeiner Weise die politische Debatte?
Kossendey: Ja, natürlich. Wir müssen uns fragen, was haben wir unter Umständen auch versäumt, um die Öffentlichkeit über die Aktivitäten in Afghanistan aufzuklären. Schauen Sie, wir sollten auch die Erfolge, die dort in den letzten fünf Jahren stattgefunden haben, nicht klein reden. Es sind dort unbestreitbar wesentliche Verbesserungen erreicht worden. Die Afghanen haben ein Parlament gewählt, haben einen Präsidenten gewählt. Sie haben mittlerweile eine Situation, in der fast sieben Millionen Kinder wieder zur Schule gehen, und zwar beiderlei Geschlechts. Das war vor fünf Jahren unmöglich, dass junge Mädchen zur Schule gingen. 80 Prozent der Afghanen haben mittlerweile wieder Zugang zu einer geordneten Krankenversorgung. All das sind Dinge, die fallen hier in der öffentlichen Diskussion häufig deswegen unter den Tisch, weil wir den Fokus auf Afghanistan nur dann richten, wenn militärisch irgendetwas Katastrophales passiert ist. Und das ist eben nur ein Teil des Bildes, was wir von Afghanistan haben, und leider ein falsches dann.
Sagenschneider: Herr Kossendey, ich danke Ihnen. Thomas Kossendey war das. Er gehört der CDU an und ist Parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium.
Thomas Kossendey: Guten Morgen, Frau Sagenschneider!
Sagenschneider: Muss Deutschland mehr Soldaten nach Afghanistan schicken?
Kossendey: Nein, ich glaube, die Frage der Zahl der Soldaten, die wir dort hinschicken, wird sich erst dann präzise beantworten lassen, wenn wir uns ein Bild gemacht haben, welche Aufgaben uns in Afghanistan bevorstehen. Im Augenblick sind wir mit 3200 Soldaten, die das Parlament bewilligt hat, im Einsatz in Afghanistan. Und ich habe nicht den Eindruck, dass es in dem Spektrum, das wir dort bearbeiten, mangelt an der Zahl der Soldaten.
Sagenschneider: Sondern?
Kossendey: Wir brauchen eine viel bessere Koordination zwischen dem militärischen und dem zivilen Bereich. Wir brauchen einen stärkeren Akzent auf den zivilen Aufbaubereich. Und ein dritter Punkt ist wichtig: Ich glaube, wir müssen viel intensiver koordinieren, das, was wir an Aufbauleistung für die afghanischen Sicherheitskräfte selber bereitstellen, das, was wir in die Ausbildung der afghanischen Polizei zum Beispiel stecken, nicht die Aufgabe des Verteidigungsministers, aber auch eine wichtige deutsche Aufgabe, was wir in die Ausbildung der afghanischen Armee stecken. Das ist unsere Aufgabe zum Teil auch bei der Bundeswehr. Das muss verstärkt werden, damit möglichst bald eine durch afghanische Autoritäten getragene Sicherheit dort stattfinden kann.
Sagenschneider: Ja, aber da sind wir natürlich bei einem ganz schwierigen Punkt. Die EU will jetzt die Zahlen variieren, 160 bis knapp 200 Polizeiausbilder nach Afghanistan entsenden, das sollte eigentlich schon im Juli passieren, nur wenige sind bislang dort überhaupt eingetroffen. Und da zitiere ich mal Tom Königs, den UN-Sonderbeauftragten für Afghanistan, der gesagt hat: Damals im Kosovo hatten wir knapp 5000 Polizisten, um eine Polizei mit 10.000 Polizisten aufzubauen. Wenn man jetzt sieht, was in Afghanistan geschieht, in einem Land, das ja ungleich größer ist, oder gerade eben nicht geschieht, dann fragt man sich doch, ob man da nicht auch selbstverschuldet auf ein Scheitern zuläuft.
Kossendey: Das ist in der Tat ein Verhältnis, was nicht so gut ist wie im Kosovo, und da hat Tom Königs vollkommen Recht. Aber ich gebe zu bedenken, dass wir bei der Entsendung von Polizeibeamten auf die Freiwilligkeit der Beamten angewiesen sind, das wir schon mit 16 verschiedenen Länderpolizeien und einer Bundespolizei zu tun haben, aus deren Personalkörper diese Polizisten dort hingehen müssen. Das ist organisatorisch auch nicht leicht. Aber wir haben gerade in den letzten Monaten innerhalb der europäischen Union dort einen starken Schritt nach vorne getan. Und die Bundeswehr beteiligt sich an der Ausbildung von Polizeikräften mittlerweile auch durch die Entsendung von ungefähr 40 Feldjägern, die dort Ausbildung in Afghanistan wahrnehmen.
Sagenschneider: Ja, aber es geht viel zu langsam. Und ohne Sicherheit und Stabilität – Sie haben es selbst gesagt – wird der Wiederaufbau nicht gelingen, und gehen kann die ISAF nur, wenn das Land selbst in der Lage ist, Sicherheit und Stabilität zu gewährleisten.
Kossendey: Ja, natürlich, aber die Frage des Langsamen ist eine Frage der Ressourcen, die wir hier haben, sowohl der menschlichen wie auch der materiellen Ressourcen. Und wir werden dem Parlament zur Vorbereitung der Diskussion über die zu verabschiedenden Mandate einen sehr ausführlichen Bericht vorlegen, aus dem auch diese Defizite deutlich hervorgehen. Und dann werden gemeinsam mit dem Parlament darüber zu diskutieren haben, wo der Schwerpunkt verlagert werden kann, wo wir vielleicht zusätzliche Akzente setzen. Aber das ist eine Angelegenheit, die werden wir sehr intensiv mit den Kolleginnen und Kollegen aus dem Parlament zu besprechen haben.
Sagenschneider: Das heißt, Sie halten es für möglich, dass Deutschland mehr Polizeiausbilder nach Afghanistan schickt?
Kossendey: Wenn wir sie denn bekommen, wäre es sehr gut. Wir sind im Augenblick noch in einem Prozess, dass wir diejenigen, die wir versprochen haben, zunächst erst mal finden müssen in den Länderpolizeien und in der Bundespolizei. Und ich sage noch einmal, das ist eine freiwillige Angelegenheit. Während wir die Soldaten im Wesentlichen aufgrund ihrer beruflichen Situation dorthin schicken können.
Sagenschneider: Ja, das ist ja immer das Problem. Es gab deswegen den Vorschlag, so eine Art übergeordneten Pool einzurichten, dass man sozusagen in solchen Situationen … auf den man dann immer zurückgreifen könnte.
Kossendey: Ja, das ist richtig. Aber die Zahlendimension, von der Tom Königs im Kosovo sprach, werden wir in diesem Pool auch nicht erreichen können. Aber wir sind dabei, die Rahmenbedingungen für die deutschen Polizisten zu verbessern, damit sie eben besser hingehen. Und da ist es eine schwierige Aufgabe, auch für den Bundesinnenminister, das mit den 16 Länderpolizeien zu koordinieren.
Sagenschneider: Nun entscheidet der Bundestag im Herbst ja über die Verlängerung von drei Einsätzen, ISAF, die Tornados und die deutsche Beteiligung an der Operation "Enduring Freedom", die unter amerikanischer Führung steht. Die ersten beiden Einsätze sind wenig strittig, aber es gibt eine Diskussion vor allem bei den Grünen und der SPD darüber, ob "Enduring Freedom" eine deutsche Beteiligung braucht, ob man diesen Einsatz überhaupt braucht. Wie ist da Ihre Haltung?
Kossendey: Ja, zunächst muss man ja sehen, "Enduring Freedom" ist eine Aktion, die weit über Afghanistan hinaus militärische Kräfte bindet. Afghanistan ist nur ein Ort, an dem "Enduring Freedom" arbeitet. Ich hielte es für außenpolitisch nicht sehr glücklich, wenn Deutschland sich aus dieser Aktion zur Bekämpfung des Terrors zurückziehen würde. Wir haben damals – Gerhard Schröder hat das getan – uneingeschränkte Solidarität bei der Terrorismusbekämpfung versprochen. Und ich denke, wir sollten da, wo es uns möglich ist, auch Hilfe leisten. In Afghanistan selber ist "Enduring Freedom" in den letzten Jahren eigentlich überhaupt nicht in Anspruch genommen worden, deutsche Hilfe nicht in Anspruch genommen worden, aber zum Beispiel am Horn von Afrika leisten unsere Fregatten einen ganz wichtigen Beitrag, um Verbindungswege der Terroristen zu unterbrechen. Und wenn wir das insgesamt aufkündigen wollten, glaube ich, wäre das, was die internationale Solidarität in diesem Punkt angeht, ein schlechtes Signal für deutsche Außenpolitik.
Sagenschneider: Glauben Sie denn, dass die Operation "Enduring Freedom" oder die deutsche Beteiligung, die Verlängerung, eine Mehrheit finden wird im Bundestag im Herbst?
Kossendey: Ich gehe davon aus, und die Signale, die ich von den Führungsebenen der Sozialdemokraten bekomme, gehen auch in diese Richtung. Peter Struck und Kollege Beck haben sich da sehr deutlich erklärt.
Sagenschneider: Die Mehrheit der Deutschen hat die Politik allerdings nicht hinter sich. Knapp zwei Drittel wollen einen Ausstieg gesamt aus den Einsätzen in Afghanistan. Beeinflusst das eigentlich, Herr Kossendey, in irgendeiner Weise die politische Debatte?
Kossendey: Ja, natürlich. Wir müssen uns fragen, was haben wir unter Umständen auch versäumt, um die Öffentlichkeit über die Aktivitäten in Afghanistan aufzuklären. Schauen Sie, wir sollten auch die Erfolge, die dort in den letzten fünf Jahren stattgefunden haben, nicht klein reden. Es sind dort unbestreitbar wesentliche Verbesserungen erreicht worden. Die Afghanen haben ein Parlament gewählt, haben einen Präsidenten gewählt. Sie haben mittlerweile eine Situation, in der fast sieben Millionen Kinder wieder zur Schule gehen, und zwar beiderlei Geschlechts. Das war vor fünf Jahren unmöglich, dass junge Mädchen zur Schule gingen. 80 Prozent der Afghanen haben mittlerweile wieder Zugang zu einer geordneten Krankenversorgung. All das sind Dinge, die fallen hier in der öffentlichen Diskussion häufig deswegen unter den Tisch, weil wir den Fokus auf Afghanistan nur dann richten, wenn militärisch irgendetwas Katastrophales passiert ist. Und das ist eben nur ein Teil des Bildes, was wir von Afghanistan haben, und leider ein falsches dann.
Sagenschneider: Herr Kossendey, ich danke Ihnen. Thomas Kossendey war das. Er gehört der CDU an und ist Parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium.