„Korruption bei Siemens war von oben gesteuert“

Der gerade begonnene erste Strafprozess um den Schmiergeld-Skandal bei Siemens hat nach Ansicht des Korruptionsbekämpfers Edgar Joussen keine Signalwirkung für andere Unternehmen. Der Fall Siemens sei „anders gelagert“ als viele andere Fälle, sagte der Rechtsanwalt.
Bei Siemens hätten sich nicht Manager zum Schaden des Unternehmens in die eigene Tasche gewirtschaftet, sondern die Korruption sei „von oben her gesteuert“ worden, sagte Joussen im Deutschlandradio Kultur. Das sei sonst nicht so. Der Rechtsanwalt ist unter anderem Ombudsmann gegen Korruption bei der Deutschen Bahn AG.

Joussen betonte: „Dass man heute in großen deutschen Unternehmen massiv Korruption von der Unternehmensleitung her steuert, das ist nicht mehr meine Wahrnehmung.“ Es sei aber „ganz wichtig“, dass es diesen Prozess gebe: „Es gibt sehr große Unternehmen, die haben genau dieselben Probleme. Die sehen jetzt vielleicht auch, dass man gut beraten ist, seine Geschäftspolitik zu ändern.“

Nach Ansicht des Korruptionsbekämpfers sind die Zeiten, in denen Siemens die Korruption organisiert habe, seit fünf oder zehn Jahren vorbei. Der heutige Managertyp sei „ein anderer“. Der sagt, Korruption sei nicht mehr sein Modell. Joussen betonte: „Die Strukturen müssen sich ändern, die Mentalität muss sich ändern. Das fängt von oben an und wenn der Manager nicht mitmacht, dann hat das Unternehmen ein Problem und das sehen wir bei Siemens.“

Aus Sicht des Ombudsmannes gegen Korruption wird im Ausland „immer noch viel professionell geschmiert“. Aber wenn man heute ein Unternehmen organisiere und auch weltweit tätig sei, „dann kann man es sich nicht mehr leisten, so wie Siemens zu arbeiten und die Korruption zum Geschäftsgegenstand zu machen.

Das vollständige Interview mit Edgar Joussen können Sie mindestens bis zum 26. Oktober 2008 in unserem Audio-on-demand-Angebot nachhören. ( MP3-Audio )