Korrespondenten berichten über

Vorsätze

03:29 Minuten
Eine Frau läuft am 03.04.2014 in Köln (Nordrhein-Westfalen) auf einem Laufband.
Mehr Sport treiben – das steht bei vielen Menschen auf der To-Do-Liste für 2019. © picture-alliance / dpa / Oliver Berg
Von Matthias Baxmann und Matthias Eckoldt · 28.12.2018
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Gute Vorsätze fürs neue Jahr kennt man in Russland oder Kenia überhaupt nicht. Die Briten hingegen nehmen sich alles Mögliche vor. Und in einer Leistungsgesellschaft wie Singapur sind die Menschen ohnehin immer mit Selbstoptimierung beschäftigt.

Tim Aßmann in Tel Aviv:

"In Israel sind die neuen Vorsätze ja nichts für Sylvester, denn das gibt es ja nicht nach dem jüdischen Kalender. Aber es gibt natürlich auch den Brauch, sich gute Vorsätze zu stecken, also, fünf Kilo weniger oder weniger trinken oder mehr Sport machen. Mir ist jetzt noch nicht der typisch israelische Wunsch begegnet: Möge das nächste Jahr friedlicher werden als dieses Jahr."

Linda Staude in Kenia:

"In Kenia gibt es so etwas nicht. Hier ist es so, dass das Neujahrsfest noch nicht mal so richtig zur Kenntnis genommen wird. Man lebt sein Leben, wie es denn gerade kommt. Es gibt einfach keinen Zeitpunkt, an dem man sich noch mal zurücksetzt und reflektiert und sagt, ab heute muss da jetzt mal was anders laufen. Wenn man in Kenia auf dem Land lebt, dann ist das Leben eigentlich ziemlich gleichförmig. Es wird von den Regenzeiten bestimmt, aber ansonsten ist das ein Leben, wie man das in Mitteleuropa vielleicht aus dem Mittelalter kennt."

Friedbert Meurer in London:

"Sylvester ist hier durchaus ein Tag der Vorsätze: Ich will mehr Sport treiben, ich will mehr abnehmen, ich möchte eine schöne Reise machen, ich will mich jetzt endlich darum kümmern, dass hinten das Haus ausgebaut wird, das ist ja so ein Nationalsport hier. Die Briten sind ziemlich diszipliniert: Wenn sie sich Ziele vornehmen, dann halten sie sich auch daran."

Thielko Grieß in Moskau:

"Russland ist schlecht planbar, und das Leben in Russland ist schlechter planbar, weshalb viele Menschen einfach keinen Sinn darin sehen, sich etwas vorzunehmen für Ende Januar, weil keiner weiß, was Ende Januar ist. Ich kenne hier also niemanden, der unter dem Neujahrsbaum sitzt und sagt: So, jetzt mache ich aber ab morgen mehr Sport, oder ich wollte immer schon mal ein Musikinstrument lernen. Deswegen sitzt man im nächsten Jahr dann auch nicht da und sagt: Vor 365 Tagen habe ich mir vorgenommen, mehr Sport zu machen und jetzt bin ich zerknirscht, weil das natürlich wieder nicht geklappt hat, sondern, man ist an der Flanke dann auch ein bisschen befreiter, weil man nichts hat, was man nicht erfüllt hat."

Holger Senzel in Singapur:

"Dieser Brauch, gute Vorsätze zum Jahresende, ich werde nächstes Jahr regelmäßig Sport treiben, das hat hier nicht so eine Tradition. Vorsätze würden in so einer Leistungsgesellschaft wie hier klingen: Man verschiebt eine Handlung auf später. Die Singapurer handeln eher sofort, die tun was. Die melden sich zum Sprachkurs an, die melden sich zu anderen Selbstoptimierungsgeschichten an, kaufen sich Bücher und tun was. Die tun eigentlich ständig was. Ich wüsste nicht, wo da noch Platz wäre für Vorsätze."
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