Korrespondenten berichten über

Slums

03:42 Minuten
Eine handvoll Menschen läuft über eine staubige, nicht asphaltierte Straße, die von Wellblechhütten gesäumt wird
Rund 150 Slums gibt es in Nairobi. Das größte Problem: die fehlende Wasser- und Abwasserversorgung. © Michael Schweres / Deutschlandradio
Von Matthias Baxmann und Matthias Eckoldt · 13.09.2019
Audio herunterladen
Ob in den Slums Nairobis oder in heruntergekommenen Stadtvierteln von Paris, am Rande der Gesellschaft herrscht Armut. Die Grenzen sind fließend.
Friedbert Meurer, London:
Heute gibt es in London keine Slums, das heißt aber nicht, dass alle hier menschenwürdig wohnen. Das ist in einer Stadt natürlich nicht der Fall, in der die Immobilienpreise in astronomische Höhe gestiegen sind. Wo Vermieter dieses Elend skrupellos ausnutzen und in ein kleines Haus, zwei Schlafzimmer, zwei Zimmerchen unten, 25 Leute hineinpacken, Zimmer vermieten, die kein Fenster haben. In einem Fall habe ich von einer Wohnung gelesen, die gar keine Tür hatte.
Nicole Markwald, Los Angeles:
Ganz konkret gibt es einen Slum hier in Los Angeles und dort leben Obdachlose. Wenn wir jetzt mal nur auf L.A. gucken, dort leben 36.000 Obdachlose auf der Straße. Und das, was ich als Slum bezeichne: Es riecht unfassbar schlecht, weil die Menschen sich draußen erleichtern. Der Müll türmt sich. Es gibt Ratten, die da umherlaufen. Es gibt Kranke, die dort auf dem Gehweg liegen. Menschen, die da auf der Straße sterben, wenn man sieht, wie die Menschen dort vor sich hinvegetieren.
Jürgen König, Paris:
Was es in Frankreich gibt, das sind so Zeltlager, die allermeisten von Flüchtlingen gebaut. Unter dieser Überschrift Slums könnten einem die Vorstädte in den Metropolen in den Sinn kommen. Aber da würde ich niemals von Slums sprechen. Das sind heruntergekommene Stadtviertel mit einer manchmal sehr armen Bevölkerung. Das sind Viertel, in die sich viele Franzosen gar nicht hineintrauen. Dort haben sich Parallelgesellschaften gebildet. Das ja, aber Slums sind das nicht.
Tim Aßmann, Tel Aviv:
In Israel und auch in den palästinensischen Gebieten gibt es die klassischen Slums wie in Afrika oder Südamerika nicht. Eine Million Menschen leben im Gazastreifen in sogenannten Flüchtlingslagern. Das sind keine Zeltstädte, sondern schon feste Häuser, aber mit schlechter Wasser- und Abwasseranbindung. An ganz dreckigen und engen Gassen, die nicht asphaltiert sind, in denen es häufig auch sehr stinkt. Zum Teil leben die Menschen dort schon seit 70 Jahren. Das sind keine klassischen Slums, aber erkennbare Armut.
Linda Staude, Nairobi:
In Nairobi gibt es rund 150 Slums. Wer im Slum lebt in Nairobi, der hat ein sehr kleines Haus aus Lehm zusammengeschustert. Da lebt die ganze Familie in einem Raum. Das größte Problem ist, dass es keine Wasser- und vor allem keine Abwasserversorgung gibt. Und das bedeutet – vor allem für die Frauen – dass die das Wasser ranschaffen müssen. Und das führt zu den Flying Toilets. Das bedeutet, dass man sein Geschäft in ein Plastiktütchen erledigt und das dann in die Gegend wirft. Es hat sich inzwischen in den Slums einiges verbessert, weil die Regierung festgestellt hat, dass die da nicht mehr weggehen. Das heißt, wir versorgen sie mit Wasser, Strom und Straßen. Auf der anderen Seite ist die Regierung in Nairobi aber auch regelmäßig dabei, die kleineren Slums platt zu machen.

"Alltag anders" – wenn Sie einen Themenvorschlag haben, dann schicken Sie ihn gerne an diese Email-Adresse: Alltag.anders@deutschlandfunkkultur.de

Mehr zum Thema