Konzertabsage in Halberstadt für Konstantin Wecker

Von Hans Jürgen Fink |
Soweit sind wir in unserem Lande also nun schon gekommen. Da schreibt ein NPD-Funktionär einen Brief an die Stadtverwaltung und dieser fällt nichts anderes ein als das zu vollstrecken, was die Rechtsextremisten fordern: das Konzert eines Liedermachers zu untersagen, der sein Leben lang mit seiner Musik und seinen Initiativen gegen Gewalt und Neonazismus zu Felde gezogen ist.
Ganz anders die Halberstädter Kommunalpolitiker: Da ist nichts zu spüren von Zivilcourage oder einer wehrhaften Demokratie, da regiert pure Angst vor Leuten, die sich offen als deren Feinde bekennen. Sie ziehen sie sich zurück auf die Neutralitätspflicht des Staates, weil sie - vorauseilend - fürchten, die Kommandos der NPD könnten das Konzert Konstatin Weckers stören oder sie müssten auch deren so genannte "nationale Musik" tolerieren, ließen sie Wecker jetzt in einer Schule oder einem Freizeitheim singen.

So als ob es – auch vor dem Gesetz- keinen Unterschied gäbe zwischen demokratischen Positionen und rechtsextremistischen Parolen. Nein, hier hätte sich der Landrat auf keinen Fall den Drohungen der NPD beugen dürfen, als gewählter Repräsentant einer herausgehobenen demokratischen Institution hätte er wissen müssen, dass hier seine Rolle als Vorbild und politischer Akteur ganz entschieden gefordert ist. Dass er auch heute noch darauf beharrt, er hätte richtig gehandelt, um Schlimmeres zu verhüten - Nazi-Musik in den Schulen der Stadt- macht klar, dass er nicht der richtige Mann an diesem Platz ist.

Gut möglich, dass die NPD deshalb vor Gericht gehen würde, aber dieses Risiko hätte er eingehen müssen und können, ist es doch noch immer nach Recht und Gesetz nicht erlaubt, dergleichen Liedgut auf öffentlichen Bühnen zu spielen. Den Richter möchte man erst einmal sehen, der hier nicht weiß, was zu tun ist. Zugleich aber hätte der Landrat seine Stadt mobilisieren müssen, Behörden, Polizei und Bevölkerung, um etwaige NPD-Störaktionen rund um das Wecker-Konzert zu verhindern. An diese Möglichkeit aber hat er offenkundig nicht mehr geglaubt. Er hat schon kapituliert, ohne die Probe aufs Exempel zu wagen, weil das Netzwerk zu dicht schon geknüpft ist, das die NPD über die Harzregion inzwischen geworfen hat. Und deshalb stellen sich hier die eigentlichen Fragen, die dringend zu beantworten sind:

Wie weit ist die NPD in Teilen Deutschlands schon vorgedrungen, in welchem Maße hat sie - siehe den Landtag in Sachsen - schon die Mitte der Gesellschaft erreicht? Wie sehr haben all jene bereits resigniert, die sich gegen das schleichende Gift rechtsextremistischen Denkens und Handelns zu stemmen versuchen? Und wie sehr sind diese alleingelassen worden von Politikern wie beispielsweise in der sachsen-anhaltischen Landesregierung, die gleich zu Beginn ihrer Amtszeit dem Verein "Miteinander" das Leben schwerzumachen versuchte, der sich wie kein anderer für Demokratie und Toleranz engagiert?

Die Kritik des Innenministers in Magdeburg an den Halberstädter Kommunalpolitikern ist deshalb nicht sonderlich überzeugend. Die öffentliche Empörung, die Proteste von allen Seiten, die derzeit zu hören sind, dürfen deshalb nicht wieder ohne tatkräftige Folgen verpuffen. Es braucht mehr öffentliche Aufmerksamkeit, es braucht vor allem mehr demokratisches Selbstbewusstsein und Zivilcourage von allen, die öffentliche Verantwortung tragen, es bedarf vor allem aber auch der öffentlichen Mittel für die Arbeit der zivilgesellschaftlichen Gruppen namentlich in der Jugendarbeit. Was in Halberstadt jetzt geschah, ist ein tiefschwarzer Tag für die Demokratie. Ein solcher darf sich nicht wiederholen.