Konzert zum Reformationstag

Protestantische Lobgesänge

Das Luther-Denkmal in Erfurt von unten Richtung des leicht rosafarbenen Himmels fotografiert.
Martin Luther hat eine der größten Bewegungen in der Kirche ausgelöst. © imago images / Shotshop
Moderation: Bernhard Schrammek · 31.10.2020
Dieser Abend präsentiert Werke des 17. und 18. Jahrhunderts, die im Kernland der Reformation, also in Mitteldeutschland, entstanden sind. Kompositionen von Bach und Schütz rahmen Motetten wie Geistliche Konzerte von Tobias Michael und Andreas Hammerschmidt.
Dem Reformator Martin Luther war es ein Hauptanliegen, die Muttersprache stärker in den Gottesdienst und in die Liturgie einzubinden. Dafür hat er nicht nur die Bibel ins Deutsche übersetzt, sondern auch viele Kirchenlieder in deutscher Sprache gedichtet und gleichzeitig die Kantoren dazu ermuntert, diese Texte in zeitgemäßer Form zu vertonen.
Viele Komponisten sind dieser Aufforderung nachgekommen, wodurch noch zu Lebzeiten Luthers ein großes Repertoire an deutschsprachiger Kirchenmusik entstanden ist. Auf dieses Repertoire hat sich das Ensemble Polyharmonique spezialisiert.
Sechs junge Menschen stehen in dicken Mänteln in einer Gruppe beieinander und schauen in die Kamera.
Das Ensemble Plyharmonique besteht aus 6 festen Mitgleidern, die sich hin und wieder Gäste einladen.© Polyharmonique / Christian Palm
Im 17. Jahrhundert – also rund 100 Jahre nach der Reformation – war in den protestantischen Hofkapellen und Kantoreien die deutsche Sprache etabliert. Die Bibeltexte, Choräle und freien Dichtungen wurden dabei nach den modernen Prinzipien der barocken Affektenlehre sehr ausdrucksstark veront. Führend in diesem Prozess war der langjährige Dresdner Hofkapellmeister Heinrich Schütz.

Kreativer Kopf

Er hat in vielen Sammlungen für eine grundlegende Erneuerung der protestantischen Kirchenmusik gesorgt und dabei immer wieder mit enormer Genauigkeit textliche Details in Musik umgesetzt.
Besonders populär ist die Sammlung "Geistliche Chor-Musik", die Schütz 1648 veröffentlich hat. Sie enthält 29 Motetten auf geistliche Texte. Ganz bescheiden hat Heinrich Schütz seine "Geistliche Chor-Musik" als "geringfügiges, doch verhoffentlich wohlnutzbarliches Werklein" bezeichnet. Die rege Rezeption bis in unsere Zeit hat ihm Recht gegeben.

Fokus auf Thomaner

Gewidmet hat Schütz übrigens diese Sammlung der Stadt Leipzig und dem Thomanerchor. Man darf also davon ausgehen, dass auch diese Noten noch ein weiteres Jahrhundert nach ihrem Erscheinen in Leipzig gut bekannt waren, dass Johann Sebastian Bach als Thomaskantor mit den Motetten von Schütz vertraut war.
Somit ist der Bogen zu Bachs Werken an diesem Abend geschlagen.

Schütz als gültiges Vorbild

Andreas Hammerschmidt lebte und wirkte als Komponist in der Mitte des 17. Jahrhunderts. Ebenso war er als Organist an der Johanniskirche in Zittau beschäftigt und hatte sich in seinen vielen kirchenmusikalischen Werken sehr stark an Heinrich Schütz orientiert.
Der Organist sitzt locker auf der Orgelbank, hinter der die Manuale und die Orgelpfeifen zu sehen sind. 
Jörg Endebrock ist seit Januar 2020 Organist im Hamburger Michel zuständig.© imago images / epd /
Die erfolgreichste Publikation von Hammerschmidt ist ein fünfteiliger Zyklus unter dem Titel "Musicalische Andachten", der zwischen 1638 und 1653 gedruckt wurde und danach viele Wiederauflagen erfahren hat.
Die Bände enthalten mehr als 150 geistliche Kompositionen, deren Aufführung laut Vorrede des Komponisten "sowohl öffentlich in der Kirchen, als auch bei anderen vornehmen Zusammenkünften freundlich beliebet sei."

Thomaskantor, 90 Jahre vor Bach

Tobias Michael war fünf Generationen vor Bach Würdenträger des Thomasamtes. Seinem Enthusiasmus und seiner Autorität ist es zu verdanken, dass der Chor unter teils katastrophalen Bedingungen die Zeit des 30-jährigen Krieges überstanden hat.
Sein kompositorisches Hauptwerk ist die zweibändige Sammlung "Musicalischen Seelenlust" mit insgesamt 80 geistlichen Konzerten für Vokalstimmen und Basso continuo. Michael gelingt in diesen Stücken eine großartige Synthese zwischen dem expressiven italienischen Madrigalstil und der deutschen Sprache. Die vertonten Texte stammten dabei aus der Bibel, überwiegend aus dem Buch der Psalmen.

Hauptkirche Hamburgs

Die Geschichte des Kirchenbaus St. Michaelis begann um 1647. Der erste Gebäude wurde durch einen Blitzschlag und anschließendem Feuer zerstört. Ein weiteres Unglück, das sich bei Reparaturarbeiten am Kupferdach ereignete, beschädigte den Bau um 1906 erneut sehr schwer. Erneut wurde das Haus wieder errichtet. Heute gilt "der Michel" als der bedeutendste Barockkirchbau Norddeutschlands.
Der Hamburger Hafen erstrahlt in der Nachtbeleuchtung, im Hintergrund ragt der Turm des Kirche laserstrahlend hervor.
Die St. Michaelis Kirche überstrahlt den Hamburger Hafen. überragt© imago images / Kerstin Müller
Neben dieser architektonischen Geschichte, berichtet Hauptpastor von St. Michaelis, Alexander Röder, auch von der Reformationszeit und ihren Auswirkungen in der Gemeinde:
Live aus der Hauptkirche St. Michaelis, Hamburg
Heinrich Schütz
Die Himmel erzählen die Ehre Gottes SWV 386
Ich bin ein rechter Weinstock SWV 389
O lieber Herre Gott SWV 381
Andreas Hammerschmidt
Ach Herr wie sind meiner Feinde viel HaWV 280
Ich lieg und schlafe HaWV 281
Ist nicht Ephraim mein teurer Sohn HaWV 449
Johann Sebastian Bach
Bach, Von Gott will ich nicht lassen BWV 658
Jesu meine Freude, Motette BWV 227
Valet will ich dir geben BWV 736
Heinrich Schütz
Herr auf dich traue ich SWV 377
Die mit Tränen sähen SWV 378
Tobias Michael
Unser Trübsal
Höre mein Gebet
Sei getrost bis in den Tod
Ich liege und schlafe
Heinrich Schütz
Das ist je gewißlich wahr SWV 388
Unser Wandel ist im Himmel SWV 390
Selig sind die Toten SWV 391

Jörg Endebrock, Kirchenorgel

Ensemble Polyharmonique:
Hannah Morrison, Sopran
Joowon Chung, Sopran
Alexander Schneider, Alt, Leitung
Johannes Gaubitz, Tenor
Sören Richter, Tenor
Matthias Lutze, Bass

Juliane Laake, Bassgambe

Klaus Eichhorn, Continuo-Orgel

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