Kontroverse um Ernährung

Ziel: Nur halb so viel Fleisch essen?

06:04 Minuten
Eine Verkäuferin nimmt Leberkäse aus einer Fleischtheke in einem Supermarkt.
Schon beim Blick auf die Fleischtheke scheiden sich die Geister © Picture Alliance / dpa-Zentralbild / Jan Woitas
Tobi Müller im Gespräch mit Anke Schaefer  · 29.03.2021
Audio herunterladen
Forderungen, die Deutschen könnten halb so viel Fleisch essen, kommen aus dem Umweltbundesamt. Gerade Schweinefleisch sei unverschämt billig, sagt der Journalist Tobi Müller. Er glaubt, über den Preis lasse sich das regulieren.
Der Fleischkonsum sollte sich in Deutschland halbieren, fordert der Präsident des Umweltbundesamtes, Dirk Messner. "Wir müssen die Massentierhaltung reduzieren, damit die zu hohen Stickstoffeinträge sinken und Böden, Wasser, Biodiversität und menschliche Gesundheit weniger belastet werden", sagte Messner den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Bereits jetzt werde in Deutschland etwas weniger Fleisch gegessen. "Aber wenn wir wirkungsvoll etwas ändern und uns an die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation halten wollen, dann wäre eine Halbierung des Fleischkonsums in Deutschland das Ziel", so Messner. "Das würde die Massentierhaltung reduzieren und hätte vielfältige positive Umweltwirkungen." Wer weniger Fleisch esse, dafür aber qualitativ besseres, könne das auch "im Geldbeutel ausbalancieren".

Unter den Verbrauchern finden solche Forderungen ein sehr geteiltes Echo - auch in unserer Redaktion. "Am einfachsten zu regulieren ist das über den Preis", sagt der Journalist Tobi Müller, der selbst wenig Fleisch isst. "Gerade Schweinefleisch ist einfach unverschämt billig." Oft sei es billiger als Gemüse. Außerdem sei bekannt, unter welchen Bedingungen Schweinefleisch produziert werde. Allerdings sei die Gefahr, dass man ärmeren Menschen damit etwas wegnehme. Darüber würde er gerne von der Bundesregierung mehr erfahren. "Ich glaube, man könnte den Fleischkonsum locker vierteln, nicht nur halbieren", so Müller.
Porträt von Tobi Müller
Der Journalist Tobi Müller kann sich vorstellen, dass der Fleischkonsum sogar geviertelt werden könnte. © Wolfgang Stahr

Mehr Politik und weniger Moral

Das sei eine Luxusdiskussion, sagt dagegen unser Redakteur Axel Flemming, der selbst gerne Fleisch isst. "Wer sparen will, der kauft Wurst und nicht Käse." Dabei komme auch der Käse bekanntlich vom Tier. "Auch das wird über Massentierhaltung erzeugt." Er würde sich in dieser Debatte "mehr Politik und weniger Moral" wünschen. Wenn Tiere gut gehalten würden, könne man auch guten Gewissens Fleisch essen.
Dann werde das Fleisch eben auch teurer, entgegnet Müller. "Das billige Fleisch isst man nur wegen der Massentierhaltung, sonst hätte das ganze andere Preise, mindestens doppelt so teuer, wenn nicht drei Mal so teuer." Flemming argumentiert dagegen, auch bei den Preisen könne es eine Angleichung geben. "Das ist eine typisch deutsche Diskussion mit 'entweder oder' und nicht 'sowohl als auch'." Er sehe sich als "Flexitarier", so Flemming. Er wolle selbst entscheiden, was er esse. "Und mir das nicht von einem Amt vorschreiben lassen, das ich als Steuerbürger auch noch bezahlen muss."
Niemand beabsichtige, das Fleischessen zu verbieten, entgegnet Müller. "Ich sehe da keine Freiheitsrechte, die beschnitten werden sollen." Aber es bleibe die Frage, wie der Fleischkonsum beispielsweise in Kantinen oder in Schulen zu regulieren sei.
(gem)
Mehr zum Thema