Konsum und Ästhetik mit gutem Gewissen
Heldenmarkt nennt sich der Markt für ökologisches Konsumieren, Ästhetik und Design, der am Wochenende erstmals in Berlin stattfand - ein Lifestyle-Event mit annonciertem Weltverbesserungsanspruch.
Fragt man den Ausstellungsveranstalter Lovis Willenberg, was der Titel "Heldenmarkt" bedeuten soll, reagiert der fast genervt ...
"Na ja, die Frage hör ich natürlich ziemlich häufig!"
Aber: Wer ein Lifestyle-Event mit annonciertem Weltverbesserungsanspruch als Heldenmarkt bezeichnet, muss mit sowas rechnen - also, was ist es: Selbstironie? oder Provokation? Herr Willenberg weiß natürlich, dass sowas wie eine Öko-Verbrauchermesse längst nicht jeden anspricht ...
"Man hat ja doch so Bilder im Kopf, Bio hat ja bei manchen Leuten immer noch so'n Image..."
... so'n Image, dass der skeptische Besucher zunächst voll bestätigt findet: Vorm Eingang zur Ausstellung bietet ein Bistro-Wagen Quellwasser und Müsli an, im Empfangsbereich der Messehalle finden sich die obligatorischen Elemente zeitgemäßer Gutmenschen-Gastronomie: Weltmusik und Öko-Café-Bar - es gibt Latte mit Bio-Soja-Milchschaum, und Espresso Marke "Berliner Bohne" - Slogan: Handel ohne bitteren Beigeschmack - das Versprechen: guter Geschmack plus gutes Gefühl! Wer sowas braucht? Klar:
"... wahrscheinlich schon eher Besserverdiener, die sich gerne so im alternativen Milieu tummeln, noch so'n paar durchgeknallte Künstler dazu gemixt, Designer, so, das ist wohl das Milieu, denke ich ..."
... und - von wegen Heldenmarkt - nach flüchtiger Inspektion der ersten Messestände drängt sich eine andere Bezeichnung auf: "Müllmarkt" scheint treffender! Der Großteil der Auslagen kommt offensichtlich aus dem gelben Sack: Man findet Kinderspielzeug aus Dosen und Flaschen zusammengestückelt, Küchen-Utensilien aus alten Schallplatten oder vietnamesischen Plastik-Reissäcken, und der Hit der Messe-Tombola:
"...der letzte Preis für heute: der Gürtel aus Fahrradreifen ..."
Die Nachfrage? Enorm! Den Leuten gefällt's:
"Ich steh auf sowas - von da her fühl ich mich auch hier wohl - ich würd' nicht sagen, dass ich mich auf' ner Müllhalde wohlfühle, aber heutzutage wird so viel weggeschmissen..."
...und darum findet die Ausstellerin Stefanie Funk - sie verkauft Lampen aus gebrauchten, zu Kuben zusammengefügten Musikkassetten - sie findet die Messe passend betitelt...
"... weil wir ja alle kleine Helden sind, weil wir Sachen, die andere Leute einfach wegschmeißen, wieder zu neuem Leben erwecken!"
Dagegen sind - nach Ansicht der Ausstellerin Nina Kressin
"die Leute Helden, die sich überhaupt Gedanken machen","
und "Gedanken machen" war offensichtlich das Auswahlkriterium für die Aussteller - Einfallsreichtum ist Trumpf! Das spiegelt sich auch in den Firmen-Namen: Es gibt ein Label für fair-gehandelte Kleidung namens Würdenträger, einen Eistee-Hersteller namens Chari-Tea, oder einen Wohn-Design-Vertrieb, der unter dem Slogan "Schöner-wärs-wenns-schöner-wär" - und der Eindruck, auf einem Müllmarkt zu sein, schwindet schnell: Die Angebotspalette ist enorm vielfältig, Nina Kressin zum Beispiel vertritt die GLS-Bank:
""Wir finanzieren bestimmte Grundbedürfnisse wie Nahrungsmittelerzeugung, Gesundheit, regenerative Energien - Sie können bei uns vom Girokonto bis zum Depot alles führen..."
und in einem vielfältigen Vortragsprogramm konnte man zum Beispiel erfahren, wie man künftig mit seinem Eigenheim das Klima schonen, und dabei noch Geld verdienen könne! Dazu Christian Hodgson vom Berliner Hochschulprojekt "Living Equia", ein Zusammenschluss diverser Fachrichtungen zur Entwicklung optimaler Solar-Häuser:
"Wir wenden uns an Leute, die Lust haben, in Häusern zu leben, die mehr Energie produzieren, als sie brauchen"."
Eine "Verbrauchermesse für nachhaltigen Konsum" soll er sein, der Heldenmarkt - was er ausdrücklich nicht sein soll: ein Society-Treff für besserverdienende Marken-Konsumenten. Den Begriff LOHAS - Akronym für "Lifestyle of Health and Sustainability" - mag Lovis Willenberg gar nicht:
""Das ist mir zuviel Lifestyle - Ach wir sind jetzt LOHAS! - Da kauft man sich bei 'ner großen Textilkette mal 'n Bio-T-Shirt, und da ist man plötzlich aufgestiegen zu 'nem neuen Bewusstsein, hat aber noch nicht mal 'n Öko-Strom-Anbieter, und das ist mir 'n bisschen zu oberflächlich"."
Außerdem sei die vor drei Jahren euphorisch von der Werbebranche begrüßte Zielgruppe eigentlich nie von Bedeutung gewesen...
""So groß, wie die Journalisten das LOHAS-Thema reden, das ist jedenfalls noch nicht angekommen bei den Produzenten und denjenigen, die es verkaufen - deshalb bin ich da 'n bisschen vorsichtig mit dem Begriff"."
Und Jan Holzhauer von der Firma …
""Lebenskleidung - Ayuvastra - wir verkaufen Naturstoffe, rein pflanzlich gefärbt ..."
bestätigt:
"Nachhaltigkeit, Ökologie, das sind keine Themen für 'ne Nische, das sind Themen für'ne Masse."
Und das ist durchaus ökonomisch gedacht: Auf eine zahlungskräftige Konsum-Elite zu spekulieren zahle sich nicht aus, ein Rundum-Glücklich-Programm für jedermann wie der Heldenmarkt traf dagegen offenbar den Nerv der Zeit - noch mal Lovis Willenrat:
"Wir ha 'm aufgemacht, und seitdem steht die Kasse nicht mehr still, die Leute kommen und kommen - und: Is schön!"
"Na ja, die Frage hör ich natürlich ziemlich häufig!"
Aber: Wer ein Lifestyle-Event mit annonciertem Weltverbesserungsanspruch als Heldenmarkt bezeichnet, muss mit sowas rechnen - also, was ist es: Selbstironie? oder Provokation? Herr Willenberg weiß natürlich, dass sowas wie eine Öko-Verbrauchermesse längst nicht jeden anspricht ...
"Man hat ja doch so Bilder im Kopf, Bio hat ja bei manchen Leuten immer noch so'n Image..."
... so'n Image, dass der skeptische Besucher zunächst voll bestätigt findet: Vorm Eingang zur Ausstellung bietet ein Bistro-Wagen Quellwasser und Müsli an, im Empfangsbereich der Messehalle finden sich die obligatorischen Elemente zeitgemäßer Gutmenschen-Gastronomie: Weltmusik und Öko-Café-Bar - es gibt Latte mit Bio-Soja-Milchschaum, und Espresso Marke "Berliner Bohne" - Slogan: Handel ohne bitteren Beigeschmack - das Versprechen: guter Geschmack plus gutes Gefühl! Wer sowas braucht? Klar:
"... wahrscheinlich schon eher Besserverdiener, die sich gerne so im alternativen Milieu tummeln, noch so'n paar durchgeknallte Künstler dazu gemixt, Designer, so, das ist wohl das Milieu, denke ich ..."
... und - von wegen Heldenmarkt - nach flüchtiger Inspektion der ersten Messestände drängt sich eine andere Bezeichnung auf: "Müllmarkt" scheint treffender! Der Großteil der Auslagen kommt offensichtlich aus dem gelben Sack: Man findet Kinderspielzeug aus Dosen und Flaschen zusammengestückelt, Küchen-Utensilien aus alten Schallplatten oder vietnamesischen Plastik-Reissäcken, und der Hit der Messe-Tombola:
"...der letzte Preis für heute: der Gürtel aus Fahrradreifen ..."
Die Nachfrage? Enorm! Den Leuten gefällt's:
"Ich steh auf sowas - von da her fühl ich mich auch hier wohl - ich würd' nicht sagen, dass ich mich auf' ner Müllhalde wohlfühle, aber heutzutage wird so viel weggeschmissen..."
...und darum findet die Ausstellerin Stefanie Funk - sie verkauft Lampen aus gebrauchten, zu Kuben zusammengefügten Musikkassetten - sie findet die Messe passend betitelt...
"... weil wir ja alle kleine Helden sind, weil wir Sachen, die andere Leute einfach wegschmeißen, wieder zu neuem Leben erwecken!"
Dagegen sind - nach Ansicht der Ausstellerin Nina Kressin
"die Leute Helden, die sich überhaupt Gedanken machen","
und "Gedanken machen" war offensichtlich das Auswahlkriterium für die Aussteller - Einfallsreichtum ist Trumpf! Das spiegelt sich auch in den Firmen-Namen: Es gibt ein Label für fair-gehandelte Kleidung namens Würdenträger, einen Eistee-Hersteller namens Chari-Tea, oder einen Wohn-Design-Vertrieb, der unter dem Slogan "Schöner-wärs-wenns-schöner-wär" - und der Eindruck, auf einem Müllmarkt zu sein, schwindet schnell: Die Angebotspalette ist enorm vielfältig, Nina Kressin zum Beispiel vertritt die GLS-Bank:
""Wir finanzieren bestimmte Grundbedürfnisse wie Nahrungsmittelerzeugung, Gesundheit, regenerative Energien - Sie können bei uns vom Girokonto bis zum Depot alles führen..."
und in einem vielfältigen Vortragsprogramm konnte man zum Beispiel erfahren, wie man künftig mit seinem Eigenheim das Klima schonen, und dabei noch Geld verdienen könne! Dazu Christian Hodgson vom Berliner Hochschulprojekt "Living Equia", ein Zusammenschluss diverser Fachrichtungen zur Entwicklung optimaler Solar-Häuser:
"Wir wenden uns an Leute, die Lust haben, in Häusern zu leben, die mehr Energie produzieren, als sie brauchen"."
Eine "Verbrauchermesse für nachhaltigen Konsum" soll er sein, der Heldenmarkt - was er ausdrücklich nicht sein soll: ein Society-Treff für besserverdienende Marken-Konsumenten. Den Begriff LOHAS - Akronym für "Lifestyle of Health and Sustainability" - mag Lovis Willenberg gar nicht:
""Das ist mir zuviel Lifestyle - Ach wir sind jetzt LOHAS! - Da kauft man sich bei 'ner großen Textilkette mal 'n Bio-T-Shirt, und da ist man plötzlich aufgestiegen zu 'nem neuen Bewusstsein, hat aber noch nicht mal 'n Öko-Strom-Anbieter, und das ist mir 'n bisschen zu oberflächlich"."
Außerdem sei die vor drei Jahren euphorisch von der Werbebranche begrüßte Zielgruppe eigentlich nie von Bedeutung gewesen...
""So groß, wie die Journalisten das LOHAS-Thema reden, das ist jedenfalls noch nicht angekommen bei den Produzenten und denjenigen, die es verkaufen - deshalb bin ich da 'n bisschen vorsichtig mit dem Begriff"."
Und Jan Holzhauer von der Firma …
""Lebenskleidung - Ayuvastra - wir verkaufen Naturstoffe, rein pflanzlich gefärbt ..."
bestätigt:
"Nachhaltigkeit, Ökologie, das sind keine Themen für 'ne Nische, das sind Themen für'ne Masse."
Und das ist durchaus ökonomisch gedacht: Auf eine zahlungskräftige Konsum-Elite zu spekulieren zahle sich nicht aus, ein Rundum-Glücklich-Programm für jedermann wie der Heldenmarkt traf dagegen offenbar den Nerv der Zeit - noch mal Lovis Willenrat:
"Wir ha 'm aufgemacht, und seitdem steht die Kasse nicht mehr still, die Leute kommen und kommen - und: Is schön!"