Konservierung einer flüchtigen Kunstart

Von Ulrike Gondorf |
Seit den 70er Jahren wurde Videokunst zu einer wichtigen Tendenz der Avantgarde und setze sich langsam durch im Kunstbetrieb. Doch die so entstandenen Kunstwerke und Videobänder drohen dem Verfall anheim zu fallen. Dagegen will die in Düsseldorf neu gegründete Stiftung IMAI angehen und fördert die Konservierung aber auch Vermittlung der Videokunst.
Marcel Odenbach: "Ich bin jetzt ein alter Mann, ich mache Video seit 30 Jahren und bin natürlich froh, dass mir dieses Erbe abgenommen wird, weil ich weiß, dass viele Arbeiten aus der Mitte der 70er Jahre kaum noch zu retten oder nicht mehr existent sind."

Alter ist relativ. Marcel Odenbach, einer der Pioniere der Videokunst in Deutschland und heute Professor an der Kunsthochschule für Medien in Köln, ist Jahrgang 1953. Seine ältesten Videoarbeiten entstanden 1975, und mit 30 sind diese Bänder schon in einem mehr als kritischen Alter. Das Medium, für das sich die Künstler damals begeisterten, weil es ihnen ganz neue, technisch einfache und relativ billige Möglichkeiten der Bild- und Tonaufzeichnungen bot, ist von rapidem Verfall bedroht.

Marcel Odenbach: "Ich finde, wenn man als junger Künstler sich Gedanken macht, ob das Werk überdauert- ich find, da ist was falsch. Das sollen andere machen, ich hab mir wenig Gedanken gemacht."

Andere haben sich jetzt Gedanken gemacht. Marcel Odenbach gehört zum Kuratorium der neu gegründeten Stiftung IMAI. Das inter media art institute (IMAI), das im NRW-Forum im Düsseldorfer Museumskarree "Ehrenhof" seinen Sitz haben wird, kümmert sich um Konservierung und Restaurierung der analog aufgezeichneten Magnetbänder.
Geschäftsführerin Alexandra Wessels:

"Wir arbeiten mit einem Fachrestaurator zusammen. Ddas ist lustig, den zu beobachten, wie er an dem Band fühlt, an dem Band riecht und entsprechend entscheidet, welche Maßnahme helfen könnte, um wieder sichtbar zu machen, was darauf gespeichert ist oder war."

Wenn anschließend digital gespeichert und auf DVD kopiert wird, ist das auch keine Lösung für die Ewigkeit. Der Transfer der Daten auf ein jeweils aktuelles Speichermedium wird langfristig die einzige Möglichkeit sein, Videokunst zu erhalten. Eine Daueraufgabe für IMAI also. Aber keineswegs der einzige Zweck der Stiftung, in die die Kölner Sammler und Videokunst-Agenten Axel Wirths und Ulrich Leistner ihre Bestände einbrachten.

Wichtigster Partner ist die Stadt Düsseldorf, Mitträger sind das NRW-Forum Kultur und Wirtschaft und die Stiftung museum kunst palast. Unterstützt wird das Projekt von der Bundeskulturstiftung, die sich gezielt für die Konservierung der Bestände engagiert, von der Kunststiftung NRW und den Kulturstiftungen der Länder. Gemeinsam wollen sie auch für die Verbreitung und Vermittlung von Videokunst aktiv werden.
Alexandra Wessels: "Es ist bei Videokunst schon lange ein Problem der Zugänglichkeit vorhanden weltweit, d.h. Menschen, die sich für Videokunst interessieren, sei es auf privater Basis oder besonders wissenschaftlich oder kuratorisch motiviert, haben Schwierigkeiten, überhaupt einen Überblick zu bekommen, welche Arbeiten wo sind, geschweige denn, einen Eindruck zu bekommen oder ihrer habhaft zu werden, d.h. sie zu leihen, zu kaufen oder in irgendeiner Weise auszuwerten für wissenschaftliche Zwecke zum Beispiel."

Videokunst ist eben ein Medium, das sich in Katalogform nicht angemessen darstellen lässt. Da bietet die Digitalisierung des Materials natürlich phantastische Möglichkeiten. IMAI plant einen digitalen Katalog, der sämtliche zurzeit 3.300 Videoarbeiten erfassen soll, die die Stiftung besitzt.

Alexandra Wessels: "Wir stellen nicht nur Videokunst ein, sondern auch Dokumente, und später auch Fotos, Skizzen, die es ermöglichen, installative Arbeiten gut zu dokumentieren."

Dieser Katalog wird im Internet zur Verfügung gestellt, sobald die letzten offenen Fragen zum Urheberrechtsschutz geklärt sind. An den Arbeitsplätzen im Institut können Interessenten ab Juli in den über 1000 bereits erfassten Arbeiten von mehr als 200 Videokünstlern recherchieren. Ebenso wird es möglich sein, für wissenschaftliche Zwecke Kopien zu erhalten.

Alexandra Wessels: " Die Kunstwissenschaft ist erst dabei, Video als Disziplin zu entdecken, insofern gehe ich davon aus, dass das Interesse ansteigt."

Aber auch für die Künstler selbst wird IMAI sich engagieren. Die Sammlung soll kontinuierlich erweitert werden. Denn unter dem alten Namen Videokunst hat sich inzwischen eine spannende Computerkunst entwickelt, die die fast unbegrenzten Möglichkeiten im Internet verfügbarer Materialien nutzt und kritisch reflektiert.

Eine Jury trifft die Auswahl, welche Künstler und Werke Eingang in das Archiv finden. Dort sollen die Arbeiten aber nicht nur in klimatisierten Räumen gut erhalten werden. Geschäftsführerin Alexandra Wessels hat darüber hinaus vor, die Videokunst, die im traditionellen Museum oft im Abseits kleiner, verdunkelter Räume landet, zu präsentieren und ins Gespräch zu bringen.

"Die Arbeiten zugänglich zu machen, aber auch Vorschläge zu machen für Festivals, Ausstellungen mit zu initiieren, wir selber werden Räume habe im NRW-Forum am Ehrenhof, wo auch regelmäßig Screenings stattfinden werden, Künstlergespräche und Ausstellungen."

Im November wird die erste Ausstellung im Düsseldorfer NRW-Forum stattfinden. Dann bekommt auch das kunstinteressierte Publikum einen Einblick in die Bestände und die Aufgabenfelder der Stiftung IMAI.