Konkurrenz für Microsofts Internet-Explorer

Von Oliver Buschek |
Computersoftware muss nicht von großen Unternehmen mit kommerziellen Absichten hergestellt werden, wenn sie erfolgreich sein soll. Das hat die Open-Source-Bewegung bewiesen. Das beste Beispiel hierfür ist neben dem Betriebssystem Linux der Internet-Browser Firefox. An Firefox 3.0, der in der letzten Woche erschienen ist, haben weltweit Tausende Freiwilliger mitgearbeitet.
Der Internet-Browser Firefox ist das erfolgreichste Programm, das aus dem Mozilla Projekt hervorgegangen ist. Technisch ist Firefox dem Platzhirsch "Internet Explorer" in vielem überlegen: Firefox ist schneller, und einen Schutz vor unerwünschten Werbefenstern gab es hier zuerst.

Dabei wird Firefox nicht von hochbezahlten Konzern-Angestellten entwickelt, sondern ehrenamtlich von über tausend Freiwilligen in aller Welt. Einer von ihnen ist Abdulkadir Topal - unter anderem ist er zuständig für die Übersetzung des Programms ins Deutsche. Das erledigt der Duisburger Germanistik-Student nebenbei in seiner Freizeit.

"Das Internet ist vielleicht das wichtigste Medium unserer Zeit, und man darf dieses Medium nicht einem einzigen Konzern überlassen, denn wer den Zugang zum Internet kontrolliert, der kontrolliert irgendwann die Inhalte."

Nicht nur das Programm, auch die Werbung für den Firefox wird zum Großteil von unbezahlten Enthusiasten produziert. Das Videoportal Youtube ist zum Beispiel voll von selbstgemachten Werbespots - und erzählen darin zum Beispiel, wie die Geschichte von Mozilla und Firefox damals angefangen hat.

1998 entschloss sich die Firma Netscape - die damals mit ihrem "Navigator" den wichtigsten Internet-Browser im Angebot hatte - den Quellcode des Programms freizugeben. Die damalige Netscape-Angestellte und heutige Chefin der Mozilla Stiftung, Mitchell Baker, erinnert sich:

"Damals hat Netscape erkannt: Um weiterhin einen erfolgreichen Browser zu haben, der mit dem Produkt von Microsoft konkurrieren konnte, mussten wir etwas ändern. Und so haben wir Mozilla gestartet: Ein Open-Source-Projekt, das es bis heute geblieben ist. Das Programm sollte kostenlos zu benutzen sein, jeder sollte die Möglichkeit haben, den Quellcode einzusehen und zu verändern. Was aber immer wichtiger geworden ist: Wir laden jeden ein, sich an unserem Projekt zu beteiligen und den Browser, die Programme mitzuentwickeln, die er selbst benutzen will. Über die Jahre haben sich mehrere zehntausend Menschen dafür entschieden."

Während der kommerzielle Netscape Navigator kontinuierlich an Bedeutung verloren hat und vor wenigen Wochen komplett eingestellt wurde, entwickelte sich sein Open-Source-Bruder immer besser. Seit 2002 trägt der Browser den Namen Firefox, sein Marktanteil liegt heute - je nach dem, welcher Statistik man glaubt - in Deutschland irgendwo zwischen 20 und 40 Prozent. Doch was motiviert all die Freiwilligen, so viel Zeit in ein Projekt zu investieren, ohne Geld dafür zu bekommen? Noch einmal Mitchell Baker:

"Manche Programmierer verspüren einen inneren Antrieb. Sie sind wie Tänzer, Schriftsteller oder Maler. Solche Menschen arbeiten sehr gern für uns, weil sie hier eine Karriere machen können, die nichts mit ihrem Alter zu tun hat - oder wer ihr Vorgesetzter ist. Es kommt nur darauf an, wie gut man seine Sache macht. Es ist aufregend, an einem Programm mitzuarbeiten, das 130 Millionen Menschen benutzen."

Abdulkadir Topal, der Duisburger Student, verbringt täglich etwa anderthalb Stunden damit, Programmteile zu übersetzen oder den Anwendern hierzulande bei Problemen zu helfen. Entlohnt wird er nicht mit Geld, sondern mit Erfahrungen.
"Ich war letzte Woche erst in Brüssel, da hatten wir unsere Europäische Konferenz, und es ist immer wieder motivierend zu sehen, wie Leute, die aus ganz Europa dort ankommen und die in ihren eigenen Ländern daran arbeiten … es ist faszinierend, es ist eine Gemeinschaft, die über die ganze Welt verteilt ist, ich kenne Mitentwickler aus Neuseeland, aus Kanada, aus Südafrika, das ist ganz außergewöhnlich."

Trotz der vielen Enthusiasten bis hin nach Japan: Ganz ohne Geld kommt das Projekt nicht aus. Ungefähr 150 Festangestellte in aller Welt arbeiten für die Mozilla Stiftung. Der Jahresumsatz liegt immerhin bei 70 Millionen Dollar. Die kommen zum Teil aus Spenden - zum Großteil, zu 85 Prozent, allerdings von Google. Der Suchmaschinenenriese bezahlt nämlich dafür, dass es im Firefox-Fenster ein Eingabefeld gibt, mit dem die Benutzer ganz einfach googlen können.

Die Mozilla-Maschine brummt. Der neue Firefox 3.0 ist fertig und soll den Anwendern mehr Sicherheit und schnelleres Surfen bieten. Ein Problem bleibt allerdings: Das Internet spielt sich immer häufiger nicht nur auf dem PC ab, sondern auch auf mobilen Geräten wie Smartphones. Auf diesem heiß umkämpften Markt gibt es aber bisher kein Produkt von Mozilla. Dass Open-Source-Programme auch in der mobilen Netzzukunft bestehen können, muss die globale Gemeinschaft der freiwilligen Entwickler erst noch beweisen.