Konferenz

Bewahrer am Puls der Zeit

Schild mit Aufschrift "BMW" Guggenheim LAB
Im Juli 2012 machte das temporäre Projekt "BMW Guggenheim LAB" Station in Berlin © dpa / Soeren Stache
Von Barbara Wiegand · 28.11.2013
Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" hatte geladen, und aus aller Welt kamen sie nach Berlin: Museumsdirektoren, Mäzene und Kuratoren. Sie diskutierten bei der Konferenz "Museum Reloaded" die Zukunft der Museen.
"Museen müssen sich immer neu positionieren. Sie dürfen nicht statisch agieren. Wir wollen ja ein breites Publikum für unsere Arbeit interessieren. Wir müssen auf die Entwicklungen des Internet, der sozialen Median reagieren. Schließlich haben wir im Jahr eine Million Besucher und fünf Millionen klicken unsere Website an. Außerdem leben wir in einer globalisierten Welt – auch darauf müssen wir reagieren. Wir müssen das, was überall auf der Welt neues an Kunst entsteht, neue Kunstformen, all das müssen wir als Museum im Blick haben."
Sagt Alexandra Munroe, Kuratorin im Guggenheim Museum New York. Es ist noch nicht lange her, da stand das New Yorker Haus unter seinem einstigen Direktor Thomas Krens vor allem für grenzenlose Expansion und die Errichtung von Guggenheim Filialen. Jetzt, in den schnelllebigen globalen Weiten des 21. Jahrhunderts setzt man zunehmend auch auf temporäre Projekte wie das BMW Guggenheim Lab und holt sich Kunst von weit jenseits der westlichen Welt ins Haus.
Millionenschwere Kooperationen etwa mit der Robert Ho Stiftung aus Hong Kong seien kein Tribut an einen ostwärts gerichteten Trend, sondern selbstverständlich.
"Nein, nein, mit Trend oder Mode hat das nichts zu tun. Das ist eine Entwicklung. Sehen Sie, die Kunstwissenschaft entwickelt sich ja auch immer weiter und wir müssen dem Rechnung tragen, wenn wir uns ernsthaft mit Kunst auseinandersetzen. Also, dass wir den Fokus nach Asien öffnen, ist eine ganz normale Entwicklung"
So weit wie Munroe wagte man sich in der Debatte allerdings selten in die globale Welt hinaus, bewegte sich vielmehr auf dem Boden der Museumsrealität – zwischen Öffentlichem Geld und Mäzenatentum – zwischen Bildungsauftrag und Publikumsmagnet. Hartwig Fischer, Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden:
"Selbst die Museen stehen in der Welt – ich habe es vorhin etwas salopp einen Mischbetrieb genannt. Wir sind im Wesentlichen öffentlich finanziert. Und das halte ich für einen großen Vorteil. Aber vieles, was wirklich zu den zentralen Aufgaben eines Museums gehört, wird heute eben nicht mehr öffentlich finanziert. Sammeln, restaurieren, forschen – sie müssen sich mal anschauen, woher das Geld dafür kommt. Es kommt – im fall von Dresden – vom Land, von Stiftungen, Unternehmen – es kommt von den Privaten."
Auf Schenkung soll keine "Hängegarantie" folgen
Wie früher am Essener Folkwang Museum mit dem Energiekonzern Ruhrgas arbeite er jetzt in Dresden mit der Sparkasse gut zusammen
Nicht ganz so entspannt sieht das Marion Ackermann von den Kunstsammlungen Nordrhein-Westfalen.

Die Erfahrung mit Museumsschenkungen aus privaten Sammlungen etwa lehrte sie, keinem eine sogenannte "Hängegarantie" zu geben. Und auch Philipp Kaiser, der junge Direktor des Museums Ludwig, sieht da durchaus Konfliktpotential – obwohl das Haus, das er leitet auf der Basis privater Kunstkollektionen entstanden ist, hätten einige Sammler in der Vergangenheit die schwierige Situation der Kommunen schamlos ausgenutzt. Aber:
Philipp Kaiser: "Ich glaube nicht, dass öffentliche Gelder ein unabhängiges Museum garantieren. Im Gegenteil. Die Öffentliche Hand, die Politik fordert von den Museen mittlerweile auch besucherwirksame Ausstellungen ein. Viel radikaler als Trusties es in den USA jemals tun würden. Eine Mischung von beiden Systemen wäre gut – auf jeden Fall müssen die Museen in Deutschland autonomer werden, unabhängiger. Ein Museum muss anders agieren können und am Weltgeschehen teilnehmen. Gerade wenn sie sich mit zeitgenössischer Kunst beschäftigen müssen sie am Puls der Zeit sein."
Am Puls der Zeit – aber auch Bewahrer kultureller Güter müssten die Museen sein, ergänzt Kaiser, auf der Suche nach dem Goldenen Mittelweg. Das man diesen während der Konferenz im Cafe Moskau in Berlin nicht gefunden hat war zu erwarten. Schließlich sollte erstmal eine Debatte angestoßen werden über die Zukunft von Museen. Schade war allerdings, dass die Diskussion zu sehr um funktionale und ökonomische Strukturen kreiste. In Zeiten, in denen Kunst global ist und ihre Präsentation längst nicht mehr dauerhafte Ausstellung, sondern auch temporäres Projekt bedeuten kann, wurden darüber hinaus gehende Fragen eher selten gestellt.
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