Kompromisse machen den Börsengang der Bahn kompliziert

Von Ernst Rommeney |
Die Deutsche Bahn soll eigentumsrechtlich aufgespalten, wirtschaftlich aber unverändert als integriertes Unternehmen weitergeführt werden. Auch wenn er die Hälfte des Aktienpakets an private Investoren verkauft, bleibt der Bund Hauptaktionär und behält zusätzlich das Eigentum an Trassen und Bahnhöfen.
So entsteht nicht etwa ein halbstaatliches Unternehmen, wie wir es seit den Börsengängen von Post, Postbank und Telekom kennen. Sondern es wird ein chamäleonartiges Gebilde geschaffen, das sich je nach Blickrichtung anders zeigt: verfassungsrechtlich als eine teilprivatisierte Transportgesellschaft, die das staatliche Eisenbahnnetz auf Zeit nutzen darf, bilanzrechtlich als integrierter Konzern aus Verkehr und Schiene.

Ob dieses Konstrukt die Börsen und die Gerichte überzeugt, darüber streiten Juristen und Ökonomen. Es treibt aber auch Politiker um und wirbelt die Lager durcheinander, also jene die dafür oder dagegen sind, die Bahn zu privatisieren, und auch jene, die eine privatisierte Bahn als ganzes erhalten oder das Netz abtrennen wollen.

Nun aber, da der Gesetzentwurf vorliegt, von Bundestag und Bundesrat bis zum Jahresende debattiert werden soll, verschiebt sich diese Debatte. Nach dem Grundsätzlichen streitet man jetzt über das Praktische. Es geht zum einen darum, ob künftig private, auch ausländische Bahnen zu fairen Konditionen auf deutschen Strecken im Reise- und Güterverkehr fahren können. Denn es ist ja erklärtes Ziel europäischer Politik, mehr Wettbewerb in öffentliche Netze aller Art zu bringen - Strom, Gas, Telefon und eben auch Eisenbahnen.

Und es geht zum anderen um den Regionalverkehr. Denn die Deutsche Bahn baut umsatzstarke Trassen im Fernverkehr und in Ballungsräumen aus. Um die Nebenstrecken auf dem Lande kümmert sie sich lediglich bei Bedarf. Die Bundesländer fürchten, künftig werde der Bahnkonzern nur noch egoistisch investieren - und das mit öffentlichen Mittel. Sie aber hätten im Personennahverkehr das Nachsehen.

Nicht ungeschickt kontert Hartmut Mehdorn, der Bahnchef, die Länder hätten es selbst in der Hand, das regionale Schienennetz zu erhalten und zu pflegen, wenn sie denn Eisenbahnen beauftragten und bezahlten.

Und er hat Recht. Egal ob eine teilprivatisierte deutsche Bahn oder eine staatliche Netzgesellschaft die Infrastruktur bewirtschaftet, sie muss in jedem Fall wissen, für wen sie Trassen und Bahnhöfe vorhalten soll. Ein Marketingkonzept für 34.000 deutsche Schienenkilometer aber gibt es nicht, sondern allenfalls Gerangel ums Geld.

Insofern dürfte die Diskussion über die Zukunft der Bahn nach den Juristen und Politikern nun auch die Bürger erreichen. Denn jetzt werden die Weichen gestellt für einen fairen Wettbewerb auf der Schiene und für einen attraktiven Regionalverkehr. Anders ausgedrückt, wer die Bahn kritisiert, darf es nicht dabei bewenden lassen, künftig muss er bessere Vorschläge machen und sie vor allem durchsetzen.

Und auch darin hat Hartmut Mehdorn Recht, bevor ein Börsengang der Deutschen Bahn beschlossen wird, muss noch viel aufgeklärt und überzeugt werden. Das größte Handikap der Bahn ist nämlich das Misstrauen, das ihr allenthalben entgegenschlägt.