Komödie einer perfekten Ehe
So beginnen heute viele Ehedramen: Mit einem Blick ins Handy des Gatten. Auch Antonia Jungbluth, Toni genannt, eine Berliner Mitdreißigerin und erfolgreiche Innenarchitektin, kommt der Untreue ihres Mannes so auf die Schliche.
Georg Jungbluth hat seit Monaten eine Affäre, mehr noch, er will sich scheiden lassen, wie Toni erfährt, als sie ihn zur Rede stellt. Susanne Leinemanns zweiter Roman spielt allerdings in der deutschen Upper-Class und in einem Milieu, in dem auf gesellschaftliche Tadellosigkeit geachtet wird, zumindest auf eine intakte Fassade des Privatlebens.
Georg, ein prototypischer sozialer Aufsteiger, steht kurz vor dem entscheidenden Karrieresprung, vier Monate trennen ihn noch von der Wahl zum Vorstandsvorsitzenden eines großen Wirtschaftsunternehmens. In diesen vier Monaten kann er sich keinen privaten Skandal leisten. Er bietet Toni ein Geschäft an, jenen bezahlten "Liebespakt", von dem im Titel des zweitens Romans der Berliner Autorin und Journalistin Susanne Leinemann die Rede ist.
Für eine fünfstellige Summe erklärt sie sich bereit, vier Monate lang die Komödie der perfekten Ehe mitzuspielen, bis Georg den Schreintischsessel des Vorstandsvorsitzenden eingenommen hat. Ein cooler Deal in einem coolen Milieu. Dieses Milieu mitsamt seinen habituellen Nuancen, seinen Ritualen, Symbolen und Verkehrsformen fast ethnografisch genau zu beschreiben, ist der große Vorzug des Romans, der sich als moderner, kolumnistischer Unterhaltungsroman versteht, dabei aber eine Handbreit über dem Durchschnittsniveau gängiger Unterhaltungsliteratur der Gegenwart liegt.
Susanne Leinemann zeigt das neue Bürgertum, das sich in den zwei Jahrzehnten seit der Wende in Berlin etabliert hat und dabei einigermaßen deplatziert wirkt. Poloturniere haben in der Preußenmetropole nun mal keine Tradition. Susanne Leinemann zeigt auch den Aufwand der Distinktion, den sich die Upper-Class abverlangt: Zwischen einer Frau, die sich bei Nachwuchsdesignern in Berlin-Mitte einkleidet und einer Frau, die Hermes-Tücher trägt, können soziokulturelle Welten liegen, wenn auch nicht ökonomische.
Die Handlung des Romans lehnt sich an die bewegte Dramaturgie einer screwball-comedy. Nach dem ersten Schock beschließt Toni, um ihren Mann und seine Liebe zu kämpfen und zwar mit allen Mitteln. Sie räumt in seiner Abwesenheit sein Büro um, stellt ein kleines Birkenwäldchen mitten im Salon der gemeinsamen Wohnung auf, um ein Abendessen unter Kollegen und Freunden zu einer Zeitreise zu stilisieren. Dass die Handlung auf ein Happy End zusteuert, liegt im Wesen des Unterhaltungsgenres. Die Erzählungstrecke zwischen dem "Liebespakt" am Anfang und diesem Happy End führt durch das literarische Gebiet intelligenten Amusements.
Besprochen von Ursula März
Susanne Leinemann: Der Liebespakt
Diana Verlag, München 2010
382 Seiten, 14,95 Euro
Georg, ein prototypischer sozialer Aufsteiger, steht kurz vor dem entscheidenden Karrieresprung, vier Monate trennen ihn noch von der Wahl zum Vorstandsvorsitzenden eines großen Wirtschaftsunternehmens. In diesen vier Monaten kann er sich keinen privaten Skandal leisten. Er bietet Toni ein Geschäft an, jenen bezahlten "Liebespakt", von dem im Titel des zweitens Romans der Berliner Autorin und Journalistin Susanne Leinemann die Rede ist.
Für eine fünfstellige Summe erklärt sie sich bereit, vier Monate lang die Komödie der perfekten Ehe mitzuspielen, bis Georg den Schreintischsessel des Vorstandsvorsitzenden eingenommen hat. Ein cooler Deal in einem coolen Milieu. Dieses Milieu mitsamt seinen habituellen Nuancen, seinen Ritualen, Symbolen und Verkehrsformen fast ethnografisch genau zu beschreiben, ist der große Vorzug des Romans, der sich als moderner, kolumnistischer Unterhaltungsroman versteht, dabei aber eine Handbreit über dem Durchschnittsniveau gängiger Unterhaltungsliteratur der Gegenwart liegt.
Susanne Leinemann zeigt das neue Bürgertum, das sich in den zwei Jahrzehnten seit der Wende in Berlin etabliert hat und dabei einigermaßen deplatziert wirkt. Poloturniere haben in der Preußenmetropole nun mal keine Tradition. Susanne Leinemann zeigt auch den Aufwand der Distinktion, den sich die Upper-Class abverlangt: Zwischen einer Frau, die sich bei Nachwuchsdesignern in Berlin-Mitte einkleidet und einer Frau, die Hermes-Tücher trägt, können soziokulturelle Welten liegen, wenn auch nicht ökonomische.
Die Handlung des Romans lehnt sich an die bewegte Dramaturgie einer screwball-comedy. Nach dem ersten Schock beschließt Toni, um ihren Mann und seine Liebe zu kämpfen und zwar mit allen Mitteln. Sie räumt in seiner Abwesenheit sein Büro um, stellt ein kleines Birkenwäldchen mitten im Salon der gemeinsamen Wohnung auf, um ein Abendessen unter Kollegen und Freunden zu einer Zeitreise zu stilisieren. Dass die Handlung auf ein Happy End zusteuert, liegt im Wesen des Unterhaltungsgenres. Die Erzählungstrecke zwischen dem "Liebespakt" am Anfang und diesem Happy End führt durch das literarische Gebiet intelligenten Amusements.
Besprochen von Ursula März
Susanne Leinemann: Der Liebespakt
Diana Verlag, München 2010
382 Seiten, 14,95 Euro