Kommunale Arbeitgeber verteidigen Schlichterspruch

Moderation: Marcus Pindur |
Der stellvertretende Präsident der kommunalen Arbeitgeberverbände, Harald Seiter, hat die Kritik der Gewerkschaftsseite an dem Schlichterspruch im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes zurückgewiesen. Dass es sich nicht einmal um einen Inflationsausgleich handele, sei falsch, betonte Seiter.
Marcus Pindur: Im öffentlichen Dienst droht ab Mitte April der erste unbefristete Streik seit 16 Jahren. Die Gewerkschaft ver.di lehnte gestern einen Schlichterspruch ab, der neben einer sechsprozentigen Entgelterhöhung für die 1,3 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen auch längere Arbeitszeiten in Westdeutschland vorsieht. Dort soll auch auf 39,5 Wochenstunden erhöht werden. Die Aussichten auf eine Einigung sind schlecht. Der ver.di-Vorsitzende Bsirske drohte schon mit einer Urabstimmung, die kann schon in der nächsten Woche stattfinden. Wir reden jetzt mit der Arbeitgeberseite, und zwar mit dem stellvertretenden Präsidenten der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände und Bürgermeister von Wörth am Rhein, mit Harald Seiter. Guten Morgen!

Harald Seiter: Guten Morgen!

Pindur: Herr Seiter, woran ist denn die Schlichtung gescheitert Ihrer Ansicht nach?

Seiter: Ja, die Schlichtung ist daran gescheitert, dass es trotz fünf Verhandlungsrunden und zwei Abschnitten der Schlichtung eben nicht gelungen ist, die Gewerkschaften dazu zu bewegen, von einer aus unserer Sicht völlig überzogenen Forderung, acht Prozent im ersten Jahr, herunterzukommen. Und ich habe den Eindruck, dass sie auch deswegen nicht gelungen ist, weil das Angebot, das der Schlichter in Form eines Schlichterspruches am Ende auf den Tisch gelegt hat, einfach falsch bewertet worden ist.

Pindur: Schönheit ist natürlich immer im Auge des Betrachters, auch hier. Aber ver.di-Chef Bsirske hat ja recht, wenn er sagt, diese Erhöhung sei noch nicht mal ein Inflationsausgleich angesichts des Reallohnverlustes in den letzten Jahren?

Seiter: Genau da hat er nicht recht. Wenn man natürlich aufsitzt auf die Reallohnverluste, wie sie behauptet werden, der letzten Jahre, in der Tat hat es ja so gesehen drei magere Jahre gegeben für die Beschäftigten, dann kann man fast jeden Spruch herunterrechnen auf null oder auf unter null. Wir haben aber nicht nur die genannten sechs Prozent angeboten, sondern es sind real acht Prozent, die für die Dauer von zwei Jahren angeboten worden sind. Das ist schon mal die erste Unkorrektheit.

Und wir haben effektiv vier Prozent Erhöhung ab dem 1. April angeboten zuzüglich einer Einmalzahlung von 450 Euro für die unteren Gehaltsgruppen. Das sind, wenn man wirklich seriös rechnet, für das Jahr 2008 ein Volumen von vier Prozent. Und was für 2009 angeboten ist, sind nicht nur die zwei Prozent, die auf die Tabelle gerechnet werden sollen, sondern weitere Einmalzahlungen zuzüglich 0,5 Prozent lineare leistungsorientierte Bezahlung. Und das macht im Volumen richtig gerechnet auch wieder vier Prozent, und das sind zusammen eben acht Prozent.

Pindur: Sie sagen, wir sind den Gewerkschaften sehr weit entgegengekommen. Die Einnahmen der öffentlichen Hand sind ja stark gestiegen wegen der guten Konjunktur. Haben Sie da nicht ein wenig Spielraum für Lohnerhöhungen?

Seiter: Die Einnahmen sind in der Tat auch in den Kommunen gestiegen. Aber wir haben ja nicht nur die Kommunen zu bedienen, die klassischen Verwaltungen, sondern wir haben auch Krankenhäuser beispielsweise mit 400.000 Beschäftigten, die kaum eine Möglichkeit haben, die Kosten, die durch die Lohnerhöhung entstehen, zu refinanzieren. Auch das muss berücksichtigt sein. Und was die Kommunen angeht: Noch immer ist es so trotz gestiegener Einnahmen, dass die Städte und Gemeinden mit über 180 Milliarden Euro verschuldet sind und viele, auch große Kommunen darunter sind, die mit ihren Einnahmen die laufenden Ausgaben nicht finanzieren können, also mit exorbitant hohen Kassenkrediten arbeiten. Auch das muss berücksichtigt sein. Man muss einen Lohnabschluss, einen Abschluss in dieser Runde auch bezahlen können. Das ist die schlichte Wahrheit.

Pindur: Wie geht es denn jetzt weiter? Lassen Sie es auf einen Streik ankommen, oder fallen Sie vorher um?

Seiter: Die kommunalen Arbeitgeber sind nicht an einem Streik interessiert. Das führt uns in der Tat nicht weiter, weil nach meinen ganz persönlichen Erfahrungen Streiks immer und für alle Beteiligten die teuerste Lösung ist. Deshalb müssen wir jetzt beginnend am Wochenende noch einmal wirklich ernsthaft miteinander reden. Da darf es auch keine Tabus geben, um einen wirklich letzten Versuch zu unternehmen, doch noch zueinander zu kommen.

Pindur: Glauben Sie denn angesichts der Töne, die da von ver.di kommen, noch an eine Einigung?

Seiter: Ja, so richtig glauben kann ich es nicht, aber ich hoffe es immer noch.

Pindur: Die Hoffnung bleibt uns allen. Vielen Dank für das Gespräch! Harald Seiter, stellvertretender Präsident der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände und Bürgermeister von Wörth am Rhein zu den drohenden Streiks im öffentlichen Dienst.

Seiter: Bitte schön!