Kommentar zu AfD-Politiker Brandner in Buchenwald

Ein Schelm, der Böses dabei denkt?

Mehr als 50.000 Menschen fanden unter dem Hitlerregime im Konzentrationslager Buchenwald den Tod.
Mehr als 50.000 Menschen fanden unter dem Hitlerregime im Konzentrationslager Buchenwald den Tod. © picture alliance / dpa / Peter Gercke
Von Winfried Sträter · 08.08.2018
Aus Neonazi-Sicht ist der 8.8.18 "Heil Hitler, Adolf Hitler"-Tag. Denn das bedeutet die Zahlenfolge 8818 nach einem in der Szene populären Code. Ausgerechnet an diesem Tag will AfD-Mann Stephan Brandner die Gedenkstätte Buchenwald besuchen. Kann das Zufall sein?
Mit A fängt unser Alphabet an. Der 8. Buchstabe ist das H. Eigentlich nicht der Rede wert. Es sei denn, man macht einen Code daraus. Der erste Buchstabe: A wie Adolf. Der achte: H wie Heil – oder: Hitler. 8 8 – Heil Hitler. 1 8 – Adolf Hitler. In Neonazikreisen wird mit diesem Code gern gespielt. So können sie ihrem "größten Führer aller Zeiten" huldigen, ohne dessen Namen zu nennen.
Welches Datum haben wir heute? 8. August 2018 - 8 Heil 8 Hitler 1 Adolf 8 Hitler. Jeder, dem vorgeworfen wird, diese Zahlenkombination als Code zu nutzen, kann sagen: So ein Unsinn. Die Zahlenkombination – natürlich: Zufall.
Indes - kein Zufall ist, dass in mehreren Bundesländern auf Autokennzeichen Kombinationen mit 88 oder 18 verboten sind.

Ein AfD-Politiker in Buchenwald – ausgerechnet am 8.8.18

Stephan Brandner ist Mitglied der AfD im Deutschen Bundestag, Vorsitzender des Rechtsausschusses. Zuvor saß er im Thüringer Landtag, er ist ein Vertrauter des AfD-Rechtsaußen Björn Höcke. "Der Pöbler aus dem Landtag", so habe er sich selbst bezeichnet, meldete "Spiegel Online" im Frühjahr.
Stephan Brandner (AfD), Vorsitzender des Rechtsausschusses, spricht am 02.03.2018 während einer Sitzung des Deutschen Bundestages im Plenarsaal des Reichstagsgebäudes zu einer Debatte über die Verankerung von Deutsch als Landessprache im Grundgesetz.
Der Vorsitzende des Rechtsausschusses im Deutschen Bundestag, Stephan Brandner (AfD).© picture alliance / dpa / Gregor Fischer
Stephan Brandner hat nun den Direktor der Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Volkhard Knigge, um ein Gespräch über die Gedenkstättenarbeit gebeten. Die Gedenkstättenleitung ist irritiert, denn – Zitat aus der Pressemeldung: "ausgerechnet für den 8. 8. 2018". Die Zahlenkombination des Tages – ein Termin ohne Hintergedanken? Natürlich: Zufall... Er habe nicht auf dem 8.8. bestanden, erklärt Brandner.

Nach dem Treffen mit Brandner äußerte sich der Direktor der Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Volkhard Knigge, zu dem Gespräch: Audio Player

Das Böse ist denkbar geworden

Und ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Aber – dass das Böse denkbar geworden ist, das allein ist alarmierend genug. Dass es denkbar geworden ist, dass der Vorsitzende des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages den Verdacht erweckt, er spiele im Zusammenhang mit einem Informationsgespräch über eines der berüchtigtsten Konzentrationslager der Nazizeit bewusst mit einem Hitler-Code der Neonazis. Von 1949 bis 2017 war das undenkbar.
Gedenkstätte KZ Buchenwald: Blick durch den Stacheldrahtzaun auf das ehemalige Häftlingslager des früheren KZ Buchenwald, aufgenommen am 30.08.2017 bei Weimar (Thüringen)
Gedenkstätte KZ Buchenwald: Blick durch den Stacheldrahtzaun auf das ehemalige Häftlingslager© picture alliance / Peter Gercke
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