US-Republikaner

Mit Südstaatenromantik zur Präsidentschaftskandidatur

Eine Statur ist mit Bändern versehen, um sie vom Sockel zu heben. Es ist die Statur des ehemaligen Vizepräsidenten John Calhoun, der die Sklaverei befürwortet hat.
Praktische Geschichtspolitik: In der US-Stadt Charleston wird eine Statur des ehemaligen Vizepräsidenten John Calhoun, der ein Befürworter der Sklaverei war, entfernt. © picture alliance / ZUMAPRESS / Richard Ellis
Ein Kommentar von Max Paul Friedman · 20.07.2023
Im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur bei den US-Republikanern glauben Trump & Co. offenbar, mit positiven Äußerungen über Südstaatengeneräle aus dem Bürgerkrieg punkten zu können. Historiker Max Paul Friedman findet das einfach nur pervers.
Der frühere Vizepräsident Mike Pence und der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, haben versprochen, im Fall eines Wahlsiegs im nächsten Jahr die Umbenennung einer großen Militärbasis in North Carolina rückgängig zu machen.
Erst vor wenigen Wochen war sie in Fort Liberty umbenannt worden. Nach dem Willen von Pence und DeSantis soll sie wieder ihren früheren Namen, Fort Bragg, tragen: Braxton Bragg war ein Sklavenhalter und der vielleicht schlimmste General der Südstaaten im Amerikanischen Bürgerkrieg. Als Akt des Widerstands gegen vermeintliche Political Correctness wollen Pence und DeSantis die erneute Umbenennung verstanden wissen.

Perverse Südstaatenromantik

Doch eigentlich bedienen sie damit eine perverse Südstaatenromantik, die derzeit in der US-amerikanischen Rechten Konjunktur hat: Auch Donald Trump bezieht sich in seinen Reden immer wieder positiv auf Südstaatengeneräle aus dem Bürgerkrieg. Und die Demonstranten, die am 6. Januar 2021 das US-Kapitol stürmten, marschierten mit der Flagge der Konföderierten.
Was gibt es da zu romantisieren?! Um die Bedeutung des Südens in der heutigen Politik zu verstehen, hilft ein Gedankenspiel in kontrafaktischer Geschichte: Wie würden die USA heute aussehen, wenn die Nordstaaten den Bürgerkrieg verloren hätten und der Süden heute ein unabhängiger Staat wäre?
In dem Fall hätten die Vereinigten Nordstaaten möglicherweise einen ganz anderen Weg eingeschlagen, eher nach dem Muster sozialdemokratisch geprägter Länder: Wir wären heutzutage vielleicht wie Dänemark oder Kanada und würden mit Entsetzen über die Grenze auf die südliche Apartheid starren.
Es wäre falsch zu wünschen, dass der Süden den Norden besiegt hätte und das Sklavensystem überlebt hätte. Selbst wenn es den Norden vielleicht kleiner, aber feiner gemacht hätte, hätten wir den Sieg eines Landes gesehen, dessen Führer die ewige Aufrechterhaltung der Sklaverei zum Staatsziel erklärt hätten.
Artikel 1 der Konföderiertenverfassung verbot jedes Gesetz, das das Recht auf Sklavenbesitz beeinträchtigte. Kein Mensch kann sich wünschen, dass die ewige Sklaverei das Schicksal der vier Millionen Schwarzen Amerikaner und ihrer Nachkommen gewesen wäre.

Rassentrennung-Anhänger Teil der USA

So hat der Sieg des Nordens zwar die Fortdauer der Sklaverei verhindert, aber es hatte auch Konsequenzen, dass weiterhin Anhänger der Rassentrennung Teil der USA waren. Denn die Südstaaten sind heute diejenigen, in denen am meisten Rassismus und Religion eine sozial konservative Kultur hervorbringen, die sich dem Fortschritt in den Vereinigten Staaten in allen Bereichen widersetzt, von der adäquaten Gesundheitsversorgung über gerechte Arbeitsbedingungen bis hin zum Umweltschutz.
Doch das Erbe dieser Zeit reicht über die Südstaaten hinaus: Denn weiße, konservative Amerikaner im ganzen Land, die mit Abscheu die wachsende Vielfalt Amerikas beobachten, haben den sklavenhaltenden Süden heute zu ihrem Symbol der Identität und des Stolzes gemacht, indem sie seine Flagge hissen und seine Statuen verteidigen. Der Süden ist keine bloße geografische Region mehr, sondern ein Geisteszustand.

Einfluss der Südstaaten nach wie vor

Wenn sich unsere Freunde im Ausland heute fragen, warum die älteste Demokratie der Welt in einer Politik steckt, die weitaus rechtsgerichteter ist, als die Mehrheit ihrer Bevölkerung es sich wünscht, liegt die Antwort auch in dem Einfluss, den die Südstaaten trotz ihrer Kriegsniederlage im amerikanischen politischen System nach wie vor haben.

Max Paul Friedman ist Professor für Geschichte und Internationale Beziehungen an der American University in Washington. Sein Buch „Rethinking Anti-Americanism“ ("Antiamerikanismus umdenken") erschien bei Cambridge University Press.

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