Tempolimit auf Autobahnen

Schnell fahren heißt Putins Kriegskasse füllen

02:45 Minuten
Ein Demoteilnehmer hält ein Plakat mit der Aufschrift "Tempolimit Jetzt" in die Höhe.
Es ist allerhöchste Zeit für ein Tempolimit, meint Deutschlandfunk-Korrespondent Michael Watzke. © imago-images / Müller-Stauffenberg
Ein Kommentar von Michael Watzke |
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Was Wissenschaft und Fridays for Future nicht geschafft haben, hat der Ukraine-Krieg bei Michael Watzke bewirkt: Der bekennende Autonarr plädiert für die Einführung eines allgemeinen Tempolimits.
Ich gestehe: Ich bin ein Autonarr. Ich fahre gern, oft und schnell Auto. In meinem alten Volvo-Kombi fühle ich mich frei und unabhängig. Ich habe den 80er-Jahre-Song "Ich geb' Gas, ich will Spaß" von Markus nie ironisch verstanden. Er traf mein Lebensgefühl.
Ich war immer gegen ein Tempolimit. Ich leugne nicht den Klimawandel - ich weiß, dass die Dieselabgase aus meinem Auspuff die Erderwärmung beschleunigen. Aber weder wissenschaftliche Fakten noch Fridays for Future konnten bewirken, was nun Wladimir Putin gelungen ist: mich zur Besinnung zu bringen.

Jeder Tritt aufs Gaspedal erhöht die Abhängigkeit

Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine fahre ich deutlich weniger Auto - und vor allem langsamer.
Klar, wenn der Liter Diesel 2,40 Euro kostet, macht Gasgeben weniger Spaß als früher. Aber entscheidend ist nicht der Spritpreis, sondern ein Gefühl: jeder Tritt aufs Gaspedal fühlt sich heute nicht mehr wie Freiheit an, sondern wie das Gegenteil – Abhängigkeit.
Mit jedem verbrauchten Liter Benzin fülle ich einem grausamen Mörder die Kriegskasse. Das wirkt auf mich noch dreckiger als alle Umweltschäden, die ich als Autofahrer verursache.

In Zukunft öfter Bahn fahren

Das muss für jeden Öko-Aktivisten absurd klingen – aber es ist die Wahrheit. Denn die Umweltgefahren waren für mich immer irgendwie abstrakt. Putins Weltmacht-Fantasien dagegen sind konkret.
Ich bin jetzt soweit, ja zu einem generellen Tempolimit zu sagen. Ich kämpfe noch mit meinem inneren Autonarr, ob ich für 130 oder gar für 100 plädieren soll. Ich kann nicht komplett aufs Autofahren verzichten – nicht als Familienvater und nicht als Radiokorrespondent des flächenmäßig größten deutschen Bundeslandes.
Ich werde in Zukunft häufiger auf die leider unzuverlässige Bahn ausweichen. Vor allem aber werde ich nie mehr sagen: Freie Fahrt für freie Bürger. Denn ich will ein freier Bürger bleiben. Aber so, wie ich die freie Fahrt bisher verstanden habe, macht sie mich unfrei. Ich war ein Autonarr. Es war eine schöne, eine närrische Zeit. Sie ist vorbei.
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