Rechtspopulismus

Der Fake-Feminismus der AfD

04:24 Minuten
Ein Plakat der AfD von 2017 mit der Aufschrift ""Neue Deutsche"? Machen wir selber"" zeigt eine lachende schwangere Frau.
AfD-Wahlplakat von 2017 mit einer glücklichen Schwangeren und ausländerfeindlicher Aussage. © picture alliance / Wolfram Steinberg
Ein Kommentar von Simone Schmollack · 12.01.2024
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Die AfD überrascht mit Forderungen, die fast feministisch klingen. Die Journalistin Simone Schmollack sieht darin ein "vergiftetes Angebot": Die AfD forciere kein progressives, sondern ein reaktionäres Frauen- und Familienbild.
Internationale Verträge sollten mehr Frauen- und Mädchenrechte beinhalten, Umkleidekabinen und Toiletten für Frauen müssen besser geschützt werden - und Stadtplaner:innen gerechter, empathischer und inklusiver vorgehen. Wer verlangt so etwas? Die Grünen? Die SPD? Die Linkspartei?

Modern, progressiv, feministisch?

Weit gefehlt. Es sind Forderungen der AfD. Ja, richtig gelesen. Mit solchen Vorstößen versucht die Partei, sich ein emanzipatorisches Outfit zu verpassen: Schaut her, wir haben Frauen und Schwächere fest im Blick, wir sind modern, progressiv, feministisch und ganz anders, als manche Medien und Teile der Politik uns immer darstellen.
Moment mal, ist die AfD jetzt etwa auf dem Pfad der Tugend? Weit gefehlt. Man muss die Partei weder sonderlich gut kennen noch das Internet perfekt beherrschen, um diese Vorschläge rasch als Lüge zu entlarven.
Mit ein wenig Googeln lässt sich leicht erkennen, was AfD-ler tatsächlich denken. Da postet Maximilian Krah, AfD-Spitzenkandidat für die diesjährige Europawahl, auf dem Portal X Sätze wie diese: „Es gibt nur zwei Geschlechter.“ Damit meint der AfD-Rechtsaußen Frauen und Männer, Trans Personen existieren für ihn nicht. Er sagt auch: „Feminismus heute ist Krebs.“

Die Heimatliebe der glücklichen Mutter

Die AfD Sachsen, die als rechtsextrem eingestuft wird, verbreitete im vergangenen Jahr ein Meme, das zwei Frauen zeigt: eine, wie die AfD sie nennt, „befreite Feministin“, und eine „traditionelle Frau“. Die „befreite Feministin“ ist als ungepflegte und finster dreinschauende Person dargestellt, die „Traditionalistin“ als saubere, sportliche, glückliche Mutter.
Dazu heißt es, Feministinnen hätten „kaputte Haare von zu viel Färbung“, wechselten häufig ihre Partner und seien stolz darauf, mit 22 Jahren schon drei Abtreibungen hinter sich zu haben. Die andere, die richtige Frau hingegen liebt ihre Heimat und unterstützt ihren Mann. Für den Post, der mittlerweile nicht mehr abrufbar ist, erntete die Partei so viel Wut wie Häme.
Er war trotzdem so etwas wie eine Selbstoffenbarung. Denn das Ziel hinter den vermeintlichen feministischen Offerten ist klar: Es richtet sich gegen all jene, die im AfD-Verständnis „linksgrün versifft“ sind, die sich also für Gleichberechtigung, kulturelle Vielfalt und Minderheiten einsetzen. Der sogenannte Feminismus der AfD ist ein vergiftetes Angebot, mehr noch: Er ist Antifeminismus pur. Die AfD forciert kein progressives, sondern ein reaktionäres Frauen- und Familienbild.

Die blonde deutsche Frau verteidigen

Verräterisch ist zudem, dass die AfD immer dann am lautesten das Hohelied der Frauenrechte singt, wenn es darum geht, die blonde deutsche Frau gegen vermeintliche Übergriffe durch Geflüchtete oder Migranten zu verteidigen, vor allem wenn diese einen muslimischen Hintergrund haben. Das Feminismus-Engagement der AfD scheint also eher nach dem Prinzip „Der Feind meines Feindes ist mein Freund“ zu funktionieren.
Das ist so leicht zu durchschauen wie es leider auch anschlussfähig ist – und das mittlerweile auch bei jenen, die der AfD kritisch gegenüberstehen. Die ausländerfeindliche Propaganda fällt fatalerweise auf fruchtbaren Boden. Dagegen hilft politisches Engagement und Zivilcourage. Im besten Fall.

Gezeter gegen den vermeintlichen Genderwahn

Das Gezeter gegen den vermeintlichen Genderwahn hingegen kann sich die Partei getrost sparen. All die Rufe nach weiblicher Fürsorglichkeit mögen vielleicht bei einigen AfD-Anhängerinnen verfangen. Aber so leicht lassen sich Frauen heute nicht mehr an den Herd zurückdrängen. Selbst wenn junge Mütter heute wieder gern länger Elternzeit genießen. Aber die Zeit des Gleichklangs aus Kinder, Küche, Kirche, die frauenfeindlichen 50er-Jahre sind heute vorbei. Weitgehend jedenfalls.

Simone Schmollack ist Journalistin, Buchautorin und leitet bei der „tageszeitung“ das Ressort taz.de. Ihre Themenschwerpunkte sind Frauen, Familie, Gender, Soziales, Ostdeutschland, Migration/Integration. Ihr 2017 erschienenes Buch „Und er wird es wieder tun“ befasst sich mit Gewalt in der Partnerschaft.

Simone Schmollack lächelt für ein Porträtfoto.
© Barbara Dietl
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