Raubkunst aus Kolumbien

Die Kogi fordern ihre rituellen Masken zurück

06:34 Minuten
Hölzerne Gesichtsmasken in einer Aufbewahrungsbox.
Wichtiger Ritualgegenstand: Hölzerne Gesichtsmaske des Kogi-Volkes. © Ethnologisches Museum Berlin / Burkhard Birke
Von Burkhard Birke · 03.02.2022
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Die kolumbianische Regierung hat sich erstmals formell wegen der Rückgabe kolonialer Raubkunst an Berlin gewandt. Auch zwei Gesichtsmasken der indigenen Kogi, die diese für ihre Riten beanspruchen, könnten demnächst in ihre Heimat zurückkehren.
Arregoces Conchacala, der politische Sprecher des indigenen Volkes der Kogi, kann nicht verstehen, weshalb die rituellen Gesichtsmasken seines Volkes nicht schon längst in ihre Heimat zurückgekehrt sind. "Wir fordern die Rückgabe: Unsere entführten, gefangenen Kinder müssen dorthin zurückkehren, wo sie herstammen", sagt er.

Masken spielen zentrale Rolle in rituellem Tanz

Der Ethnologe und damalige Direktor des Völkerkundemuseums Konrad Theodor Preuss hatte die Masken von einem Forschungsaufenthalt bei den Kogi 1919 nach Deutschland gebracht. Die auf 25.000 geschätzten Kogi oder Kággaba gelten als die letzte überlebende indigene Hochkultur Lateinamerikas mit Hohepriestern, den sogenannten Mamos oder Mamas.
Für ihre Rituale benutzen sie unter anderem hölzerne Gesichtsmasken, mit denen sie drei Tage und Nächte lang durchtanzen, um die Natur im Gleichgewicht zu halten, wie sie sagen. Die beiden Masken aus dem Ethnologischen Museum in Berlin spielen dabei eine zentrale Rolle. Es handelt sich um die Sonnenmaske und die Großsonnenmaske.
Arregoces Conchacala blickt in die Kamera.
Arregoces Conchacala, Sprecher der Kogi, hat bislang vergeblich die Rückgabe der Masken gefordert.© Burkhard Birke
Hohepriester Shibulata reagiert beim Anblick eines im Depot des Ethnologischen Museums aufgenommenen Fotos der Masken mit Unverständnis. Man habe klargemacht, welche Bedeutung die Masken hätten. Vor einigen Jahren wurde versucht, sie über den Besuch einer Delegation im Ethnologischen Museum in Berlin zurückzuholen.

Es ist höchste Zeit, dass die Masken zu uns zurückkehren, dass sie zurückgegeben werden, denn sie kontrollieren alles auf unserem Territorium. Wir spüren die Abwesenheit der Masken auf unserem Gebiet: Es ist zu Naturkatastrophen gekommen, Krankheiten breiten sich aus. Es herrscht eine negative Energie, weil die Masken nicht hier vor Ort sind.

Mama Shibulata, Hohepriester der Kogi

Die Masken seien nach bisherigem Wissensstand nicht unrechtmäßig erworben worden, sagt Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die für das Ethnologische Museum zuständig ist:
"Sie sind von Preuss bei Reisen Anfang des 20. Jahrhunderts in Kolumbien gekauft worden. Nichtsdestoweniger haben wir gesagt, dass wir bei Objekten, die für indigene Gemeinschaften von besonderer ritueller oder sonstiger Bedeutung sind, immer über Rückgabe sprechen können. Das haben wir auch vor einigen Jahren den Kogi versichert. Wir sind jederzeit bereit, das Gespräch wiederaufzunehmen und nach Lösungen zu suchen."

Strittige Sammlung von Konrad Theodor Preuss

Wissenschaftler bestreiten allerdings, ob Preuß die Masken legitim erworben hat, denn er soll sich einen Erbstreit unter den Kogi zunutze gemacht haben. Dass die Masken immer noch in einer Schublade im Depot des Museums in Berlin-Dahlem aufbewahrt werden, liegt laut Kuratorin Manuela Fischer vor allem daran, dass bislang kein offizielles Rückgabeersuchen der kolumbianischen Regierung eingegangen sei. Das könnte sich demnächst ändern.
Denn auch ein anderer Teil der Sammlung von Konrad Theodor Preuss ist strittig. Es handelt sich um steinerne Objekte aus San Agustín im Südwesten Kolumbiens, die Preuß angeblich als Baumaterial nach Deutschland gebracht hatte. Sie sind vom kolumbianischen Institut für Anthropologie als Originalobjekte der San-Agustín-Kultur identifiziert worden.

Initiative des kolumbianischem Außenministeriums

Bei ihrem Besuch in Berlin Anfang November 2021 machte Kolumbiens Vizepräsidentin und Außenministerin Marta Lucía Ramírez die Rückgabe zum Thema:

Unsere Regierung ist sich der Gefühle unserer indigenen Gemeinschaften bewusst, die die Kulturgüter ihrer Vorfahren vermissen und deren Rückkehr in ihr Land fordern. Wir ersuchen deshalb offiziell um die Aufnahme bilateraler Gespräche.

Marta Lucía Ramírez, kolumbianische Außenministerin

Zum ersten Mal überhaupt stellt Kolumbien ein formales Rückgabeersuchen. SPK-Präsident Parzinger versichert, dass man die Objekte prüfen und der kolumbianischen Botschaft über das Auswärtige Amt bald Nachricht geben werde. Entscheidend dabei sei, dass die Objekte wieder dorthin gelangen, wo sie herstammen und - wie im Fall der Masken - benötigt werden.

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