Königsberg - Kaliningrad

Von Hannah von Schroeders · 21.06.2005
Die Geburtsstunde der Stadt Kaliningrad liegt im Jahre 1255: Der Deutsche Orden erobert die Ländereien an der Ostsee. Später gibt der Philosoph Immanuel Kant dort gesellige Tafelrunden. 1946 wird aus Königsberg Kaliningrad. Die Stadt wird zur Verwaltungseinheit der Sowjetunion. Im Juli feiert sie ihr 750-jähriges Jubiläum.
Die Geburtsstunde der Stadt Kaliningrad liegt im Jahre 1255: Der Deutsche Orden ist auf Raubzug und erobert die Ländereien an der Ostsee. An der Küste, da, wo die Kurische Nehrung ins Meer hinausragt, liegt sie, die neue deutsche Ordensburg. Königsberg soll sie heißen, dem böhmischen König Ottokar II. zu Ehren. Zu einer Großstadt soll sie werden, einer Hafenstadt, die Handel mit der ganzen Welt treibt, reich an Bernstein, freie Hansestadt.

Königsberg - eine ostpreußische Stadt, eine Stadt preußischer Strenge, aber auch eine Stadt des freien Geistes der Aufklärung. In der Reformationszeit entsteht in Königsberg eine der ersten evangelischen Universitäten. Die Albertina.

Im Jahre 1618 gerät Ostpreußen unter die Hoheit Brandenburgs. Kurfürst Friedrich von Brandenburg kürt sich im Jahre 1701 in Königsberg zum König von Preußen. Aber schon ein halbes Jahrhundert später kommt der russische Zar und lässt sich von den Königsbergern huldigen. Der preußische König ist beleidigt und würdigt die Stadt zeit seines Lebens keines Blickes mehr. Die Lebensgewohnheiten in der Stadt ändern sich. Die preußische Ordnung und die protestantische Frömmigkeit weichen der russischen Lebensfreude. Die Ausschnitte der Damenkleider werden tiefer, die Ehescheidungen nehmen zu, der provokante Freigeist Theodor Gottlieb von Hippel schreibt über die Vorzüge unehelicher Kinder und wird Bürgermeister.

Immanuel Kant gibt gesellige Tafelrunden. Der große Philosoph wurde 1724 in Königsberg geboren und ist das wohl berühmteste Kind der Stadt. Er revolutioniert das Denken. Er will, dass die Menschen ihren Verstand benutzen, Verantwortung übernehmen für das, was sie tun, mündig werden, sich befreien aus jeglicher Bevormundung. Königsberg wird eine Stadt des freien Denkens und der Toleranz.

Seit jenen goldenen Russenjahren in Königsberg hat die Stadt viel Geschichte erlebt. In zwei Bombennächten im August 1944 schließlich wird Königsberg schwer zerstört. Aus Königsberg wird Kaliningrad. Stadt und Umgebung werden zur Verwaltungseinheit der Sowjetunion. Die deutschen Bewohner sind entweder tot oder geflüchtet. Die neuen Bewohner werden zwangsumgesiedelt. Fast alle Straßen und Ortschaften der Umgebung erhalten russische Namen.

Heute nach der Unabhängigkeit der baltischen Staaten und dem Zerfall der Sowjetunion ist Kaliningrad russische Exklave zwischen Polen und Litauen. Zwischen Plattenbauten sind noch einzelne Gebäude aus deutscher Zeit zu entdecken. Zu bewundern ist noch der backsteinrote gotische Dom. Dass er noch steht, ist Immanuel Kant zu verdanken. Im Dom befindet sich sein Grab. Als die Sowjets in den 60er Jahren die Schlossruine zerstörten, ließen sie den Dom stehen. Denn mit ihm wäre auch das Kantgrab zerstört, und dieser galt ihnen doch als Urahn des Sozialismus.

Ein Gespräch zu diesem Thema mit dem Journalisten Martin Sander können Sie in der rechten Spalte als Audio hören.

Service:

Die Feierlichkeiten zum 750. Jubiläum der Stadt Kaliningrad, an denen auch Bundeskanzler Gerhard Schröder teilnehmen wird, finden vom 1. bis 3. Juli 2005 statt.
Bundesaußenminister Joschka Fischer am Grab von Immanuel Kant
Grab von Immanuel Kant© AP