Kochen mit Köpfchen!
Würden die Menschen wieder zur Naturbelassenen Kost zurückfinden, wäre allen gedient. Diese Auffassung wird von allen Experten geteilt. Von allen? Nein! Ein unbeugsamer Lebensmittelchemiker hört nicht auf, den Mahnungen zu widersprechen.
Wie soll unsere Nahrung sein? So natürlich wie möglich! – so hört man es überall. Tiere haben keinen Kochtopf - und sie gedeihen trotzdem. Da erscheint es vielen Menschen nur logisch, dass Rohkost auch für uns das Beste wäre. Tiere sehen das anders. Aus unerfindlichen Gründen gedeihen sie in den menschlichen Vorratslagern besonders gut. Mit geräuchertem Speck fängt man Mäuse und nicht mit Naturbelassenen Spinnenbeinen. Müllhalden sind begehrte Orte der Futtersuche. Warum warnt die Tiere ihr Instinkt nicht vor den Gefahren gekochter Speisen?
Im Gegenteil, ihr Instinkt führt sie genau dahin. Auch Tiere verarbeiten Lebensmittel! Zumindest im Rahmen ihrer technischen Möglichkeiten. Die Schalen von Eiern, Nüssen oder Krebsen lassen sich mit Pfoten, Zähnen oder Schnäbeln öffnen. Seeottern knacken Schnecken oder Krabben, indem sie sich mit der freien Pfote erst mal einen Stein vom Meeresgrund greifen. An der Wasseroberfläche drehen sie sich auf den Rücken, die Krabbe legen sie dann auf ihrem Bauch und schlagen sie mit dem Stein auf. Die ungenießbaren Schalen werfen sie natürlich allesamt weg.
Delfine bereiten Tintenfische noch eleganter zu. Tümmler wurden dabei beobachtet, wie sie gefangene Tintenfische zuerst anbissen, und dann hielten sie ihre Beute in die Strömung, bis die Tinte ausgewaschen war. Danach schleiften sie sie so lange über den Grund, bis sich auch die kalkhaltige Schale abgelöst hatte. Erst jetzt wurde der Tintenfisch verspeist. Die Zubereitung verbessert den Nährwert erheblich: Die Tinte stört bei der Verdauung, die Schulpe ist unverdaulich.
Natürlich dürfen hier die japanischen Rotgesichtsmakaken nicht fehlen: Im Herbst 1953 wurde ein Makakenmädchen dabei beobachtet, wie es Süßkartoffeln im Meer wusch. Dies fand bei ihren Spielkameraden alsbald viele Nachahmer. Heute ist das Waschen von Futter in dieser Affengesellschaft Standard. Allerdings geht es den Affen dabei nicht nur um den Schmutz sondern auch ums Salz aus dem Meerwasser. Andere Affen wurden beobachtet, als sie Früchte gegen Steine schlugen, bis ein saftiger Brei entstand, den haben sie abgeleckt. Die faserige Reste, die Ballaststoffe, die werden naturgemäß verschmäht. Dabei ist der Verdauungstrakt des Affen auf die Nutzung von Ballaststoffen ausgelegt: Er hat dafür einen langen Dickdarm. Beim Menschen ist der Dickdarm kurz und unbedeutend. Allein daran sehen wir, dass der Mensch auf eine ballaststoffreduzierte Kost angewiesen ist.
Die wichtigste Errungenschaft ist natürlich die Nutzung des Feuers - zum Kochen. Es schließt Eiweiß und Stärke auf, es zerstört pflanzliche Abwehrstoffe und es tötet Krankheitserreger ab. Das erhöht die Lebenserwartung. Und noch etwas: Eine warme Suppe liefert auch Energie in Form von Wärme.
Ein vegetarischer Rohköstler müsste für lumpige 2000 Kalorien am Tag fünf Kilo Obst und Gemüse essen. Legt man die Wildformen unserer Nahrungspflanzen zugrunde, ist sein Futterbedarf deutlich höher. Mit gekochten Speisen genügen dafür bereits weniger als zwei Kilogramm pro Tag. Das entlastet unseren Verdauungstrakt. Gekochte Nahrung liefert schnell Energie. Erst damit wurde es möglich, das große und vor allem Energiezehrende Gehirn des Menschen zu entwickeln. Die Küche ist die Basis der menschlichen Evolution, der Evolution unseres Großhirns.
Die Folgen einer unverarbeiteten, sprich Naturbelassenen Nahrung zeigen sich bei den Menschenaffen. Sie verbringen einen Großteil ihrer Zeit mit der Nahrungsaufnahme und mit dem Verdauen. Allein das Kauen erfordert täglich mehrere Stunden Arbeit. Der Mensch hat die aufwendige Verdauungsarbeit outgesourct. Deshalb hat er für einen Affen seiner Größe einen um 40 Prozent zu kleinen Verdauungstrakt. All das erledigt für uns die Küche, sie macht natürliche Nahrung erst bekömmlich. Mahlzeit!
Literatur
Finn J et al: Preparing the pergect cuttlefish meal: Complex prey handling by dolphins. PLoS One. 2009; 4: e4217
Fernandez-Carriba S et al: Fruit smearing by captive chimpanzees: A newly observed food-processing behavior. Current Anthropology 2001; 42: 143-147
Gibbons A: Solving the brain's energy crisis. Science 1998; 280: 1345-1347
Gibbons A: Food for thought. Science 2007; 316: 1558-1560
Heinemann D: Kapuzinerartige Neuweltaffen. In: Grzimek B: Enzyklopädie des Tierreiches in 13 Bänden. Weltbild, Augsburg 2000; 10: 310-347
Muth J et al: Die Bedeutung der "Küche” für die Evolution des Menschen. Züchtungskunde 2010; 82: 40-56
Wrangham R et al: Cooking as a biological trait. Comparative Biochemistry and Physiology 2003; Part A 136: 35-46
Im Gegenteil, ihr Instinkt führt sie genau dahin. Auch Tiere verarbeiten Lebensmittel! Zumindest im Rahmen ihrer technischen Möglichkeiten. Die Schalen von Eiern, Nüssen oder Krebsen lassen sich mit Pfoten, Zähnen oder Schnäbeln öffnen. Seeottern knacken Schnecken oder Krabben, indem sie sich mit der freien Pfote erst mal einen Stein vom Meeresgrund greifen. An der Wasseroberfläche drehen sie sich auf den Rücken, die Krabbe legen sie dann auf ihrem Bauch und schlagen sie mit dem Stein auf. Die ungenießbaren Schalen werfen sie natürlich allesamt weg.
Delfine bereiten Tintenfische noch eleganter zu. Tümmler wurden dabei beobachtet, wie sie gefangene Tintenfische zuerst anbissen, und dann hielten sie ihre Beute in die Strömung, bis die Tinte ausgewaschen war. Danach schleiften sie sie so lange über den Grund, bis sich auch die kalkhaltige Schale abgelöst hatte. Erst jetzt wurde der Tintenfisch verspeist. Die Zubereitung verbessert den Nährwert erheblich: Die Tinte stört bei der Verdauung, die Schulpe ist unverdaulich.
Natürlich dürfen hier die japanischen Rotgesichtsmakaken nicht fehlen: Im Herbst 1953 wurde ein Makakenmädchen dabei beobachtet, wie es Süßkartoffeln im Meer wusch. Dies fand bei ihren Spielkameraden alsbald viele Nachahmer. Heute ist das Waschen von Futter in dieser Affengesellschaft Standard. Allerdings geht es den Affen dabei nicht nur um den Schmutz sondern auch ums Salz aus dem Meerwasser. Andere Affen wurden beobachtet, als sie Früchte gegen Steine schlugen, bis ein saftiger Brei entstand, den haben sie abgeleckt. Die faserige Reste, die Ballaststoffe, die werden naturgemäß verschmäht. Dabei ist der Verdauungstrakt des Affen auf die Nutzung von Ballaststoffen ausgelegt: Er hat dafür einen langen Dickdarm. Beim Menschen ist der Dickdarm kurz und unbedeutend. Allein daran sehen wir, dass der Mensch auf eine ballaststoffreduzierte Kost angewiesen ist.
Die wichtigste Errungenschaft ist natürlich die Nutzung des Feuers - zum Kochen. Es schließt Eiweiß und Stärke auf, es zerstört pflanzliche Abwehrstoffe und es tötet Krankheitserreger ab. Das erhöht die Lebenserwartung. Und noch etwas: Eine warme Suppe liefert auch Energie in Form von Wärme.
Ein vegetarischer Rohköstler müsste für lumpige 2000 Kalorien am Tag fünf Kilo Obst und Gemüse essen. Legt man die Wildformen unserer Nahrungspflanzen zugrunde, ist sein Futterbedarf deutlich höher. Mit gekochten Speisen genügen dafür bereits weniger als zwei Kilogramm pro Tag. Das entlastet unseren Verdauungstrakt. Gekochte Nahrung liefert schnell Energie. Erst damit wurde es möglich, das große und vor allem Energiezehrende Gehirn des Menschen zu entwickeln. Die Küche ist die Basis der menschlichen Evolution, der Evolution unseres Großhirns.
Die Folgen einer unverarbeiteten, sprich Naturbelassenen Nahrung zeigen sich bei den Menschenaffen. Sie verbringen einen Großteil ihrer Zeit mit der Nahrungsaufnahme und mit dem Verdauen. Allein das Kauen erfordert täglich mehrere Stunden Arbeit. Der Mensch hat die aufwendige Verdauungsarbeit outgesourct. Deshalb hat er für einen Affen seiner Größe einen um 40 Prozent zu kleinen Verdauungstrakt. All das erledigt für uns die Küche, sie macht natürliche Nahrung erst bekömmlich. Mahlzeit!
Literatur
Finn J et al: Preparing the pergect cuttlefish meal: Complex prey handling by dolphins. PLoS One. 2009; 4: e4217
Fernandez-Carriba S et al: Fruit smearing by captive chimpanzees: A newly observed food-processing behavior. Current Anthropology 2001; 42: 143-147
Gibbons A: Solving the brain's energy crisis. Science 1998; 280: 1345-1347
Gibbons A: Food for thought. Science 2007; 316: 1558-1560
Heinemann D: Kapuzinerartige Neuweltaffen. In: Grzimek B: Enzyklopädie des Tierreiches in 13 Bänden. Weltbild, Augsburg 2000; 10: 310-347
Muth J et al: Die Bedeutung der "Küche” für die Evolution des Menschen. Züchtungskunde 2010; 82: 40-56
Wrangham R et al: Cooking as a biological trait. Comparative Biochemistry and Physiology 2003; Part A 136: 35-46