Koch lehnt Steuerentlastungen ab

Moderation: Birgit Kolkmann |
Der geschäftsführende hessische Ministerpräsident Roland Koch hat sich trotz der hohen Benzinpreise gegen eine Rückkehr zur alten Regelung der Pendlerpauschale ausgesprochen. Niemand dürfe sich der Illusion hingeben, dass der Staat die Belastungen der Bürger durch steigende Kraftstoffpreise über das Steuersystem ausgleichen könne, sagte der CDU-Politiker.
Birgit Kolkmann: Das Parlament ist schon in der Sommerpause. Die Regierung geht Ende Juli in die Ferien. Schon jetzt ist klar, worüber nach dem letzten Sommer vor dem Wahlkampf gestritten werden wird. Sollen Besserverdienende mehr zur Steuerkasse gebeten werden, wenn die Krankenversicherungsbeiträge von der Steuer abgesetzt werden können? Und brauchen wir angesichts der explodierenden Energiepreise Heizkostenzuschüsse und die gute alte Pendlerpauschale? Da gibt es Zündstoff innerhalb der Großen Koalition in Berlin, aber auch innerhalb der Union. Zum Interview in Deutschlandradio Kultur begrüße ich den geschäftsführenden hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch, CDU. Schönen guten Morgen!

Roland Koch: Guten Morgen, Frau Kolkmann!

Kolkmann: Herr Koch, die bayerische Schwesterpartei ist im Wahlkampf. Der Vorstand hat gestern das Programm dafür beschlossen. Und da steht ganz groß drin, die Pendlerpauschale muss wiederkommen. Können wir uns das leisten?

Koch: In dem bayerischen Wahlprogramm steht natürlich ganz, ganz vieles anderes und sehr, sehr vieles, was CDU und CSU in ganz Deutschland gemeinsam sehen. Es gibt einen Punkt, in dem wir in der aktuellen Politik unterschiedlicher Auffassung sind. Wir glauben, dass es jetzt richtig ist, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Pendlerpauschale abzuwarten und dann eine Entscheidung zu treffen. Denn es geht nicht alleine um die Pendlerpauschale natürlich am Ende, sondern um die Frage, wie behandeln wir Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Und keiner mag sich die Illusion machen, dass jetzt die hohen Energiepreise dazu führen können, dass die beträchtlichen Belastungen, die die Bürgerinnen und Bürger dadurch haben, durch den Staat und sein Steuersystem ausgeglichen werden können. Wir sind dort in einer schwierigen Lage. Aber es überfordert den Staat, in eine Rolle gedrängt zu werden, indem er das nachsteuert, was durch weltwirtschaftliche Entwicklung, durch Energieverbrauch in anderen Teilen der Erde auf die Bürger zukommt. Und deshalb, wir wollen die Rechtsfrage klären, und dann werden wir uns sicherlich auch über die Frage der Pendlerpauschale wieder einigen.

Kolkmann: Nun stehen aber eine ganze Menge Bürger mit dem Rücken zur Wand, weil da einfach gar keine Reserven mehr sind, die sie mobilisieren können. Und genau das möchte ja die CSU in Bayern auch nutzen, um Wähler wiederum für sich selbst zu mobilisieren, um eine Mehrheit zustande zu bekommen. Können Sie das verstehen?

Koch: Zunächst einmal, die CSU hat eine sehr, sehr erfolgreiche Politik in Bayern, und sie wird genau mit dieser Politik nach meiner festen Überzeugung auch im Wahlkampf nicht nur gut aussehen, sondern viel besser aussehen, als manche im Vorfeld gesagt haben.

Kolkmann: Möglicherweise braucht sie aber einen Koalitionspartner. Und das wäre in Bayern wirklich was ganz Neues.

Koch: Das glaube ich wirklich nicht, dass sie einen braucht. Aber das müssen die Wähler in Bayern entscheiden. Nur eines bleibt eben auch richtig. Der Staat, wir alle zusammen, denn das ist ja kein abstraktes Gebilde, leben nicht aus einem üppigen Guthaben, sondern wir sind auch in einer Situation, dass wir heftig darum kämpfen, am Ende einen Zustand zu schaffen, in dem wir nicht mehr auf die Kosten unserer Kinder ständig neue Rechnungen buchen. Und deshalb ist auch der Haushalt des Staates nicht geeignet, jetzt mal Rücklagen anzuzapfen, um die individuellen Haushalte der Bürger zu entlasten, so sehr wir uns das wünschen würden. Energiepreise und die Folge davon müssen wir durch Politik im Bereich der Energie verändern. Und da wird ja zu Recht heftig diskutiert. Da muss man über preiswerte Energie sprechen, muss man über Alternativen sprechen. Und man kann nicht glauben, dass diese ganz schwierige Situation für sehr, sehr viele Bürgerinnen und Bürger im Augenblick durch eine Veränderung des Steuersatzes oder am Ende gar durch eine Pendlerpauschale für die ersten 20 Kilometer des Weges zum Arbeitsplatz, denn der übrige Pendlerbetrag wird ja auch heute ausgestaltet vom Steuergesetzgeber, dass allein dadurch ein solches Problem lösbar wäre.

Kolkmann: Nun wird ja der kommende Bundestagswahlkampf sicher bestimmt von diesen Themen, was Energie angeht, wer welche Kosten und Lasten dann zu schultern hat. Nun versucht ja Peer Steinbrück auch, bei den drohenden Einnahmeausfällen, bei der Kranken- und Pflegeversicherung, wenn die dann steuerlich absetzbar sein wird, die Besserverdienenden dann zur Kasse zu bitten. Glauben Sie, dass sich das vermitteln lässt, auch für die Union?

Koch: Wir in der Union denken darüber nach, wie wir trotz all der Schwierigkeiten, das, was ich beschrieben habe, in der Zukunft mit den Bürgern über das Senken von Steuern sprechen können und nicht über das Erhöhen von Steuern. Das wird auch die Grundlage unseres Gespräches sein.

Kolkmann: Sie sagen ganz klar Nein dazu?

Koch: Das Bundesverfassungsgericht hat uns allen ein ziemliches schwieriges Urteil beschert, weil wir nicht wollen, dass die Regelungen, die dort gesprochen worden sind, nur für Privatpatienten gelten, sondern dass es durchaus eine Gemeinschaft aller Versicherten in Deutschland weiterhin gibt. Deshalb reden wir dort darum, wie man das im Steuersystem ausgleicht. Aber wir reden nicht darüber, Steuererhöhungen in Deutschland herbeizuführen.

Kolkmann: Können Sie sich denn vorstellen, dass die Große Koalition angesichts doch dieser sehr großen Probleme, die zu bewältigen sind, weitermachen muss?

Koch: Wir haben ja, als die Große Koalition begründet worden ist, sehr präzise gesucht und dann auch, wie ich finde, sehr viel Gutes gefunden, was CDU, CSU und SPD in einer begrenzten Zeit gemeinsam machen können. Man muss allerdings fairerweise auch sagen, das, was im Koalitionsvertrag steht, war das, was wir gemeinsam gefunden haben. Hätten wir mehr gefunden, hätten wir mehr hineingeschrieben. Und deshalb glaube ich, die Bundestagswahl des Jahres 2009 wird eine politische Richtungsentscheidung in einer ganzen Reihe von wichtigen Fragen bringen müssen. Und die beiden Parteien, CDU/CSU auf der einen Seite und SPD auf der anderen, sind gut beraten, den Wählerinnen und Wählern zu sagen, dass dort auch eine Richtungsentscheidung notwendig ist, und nicht man hoffen kann, wenn die zwei Großen zusammen sind, wird schon alles irgendwie laufen. Wir haben eine Menge Erfolge in der Großen Koalition erreicht, von der Haushaltskonsolidierung über die Föderalismusreform bis zu vielen anderen Gesetzgebungsverfahren. Aber die Bundestagswahl des Jahres 2009 wird kein Signal des Weiter-so sein können, sondern sie wird die Bürgerinnen und Bürger schon herausfordern, an der Stelle auch ein klares Signal zu geben. Die Energiepolitik ist das beste Beispiel dafür. Bleiben wir bei dem Energiemix, sorgen wir dafür, dass die im Augenblick günstig produzierte Kernenergie ein Bestandteil des Energiemixes bleibt, wie es einmal geplant war in Deutschland, jedenfalls für die nächsten Jahre, oder wird Energie schnell teurer wegen politischer Entscheidungen. Diese Fragen werden auf der Tagesordnung stehen, und es ist auch gut, dass wir den offen vor den Bürgern austragen.

Kolkmann: Da kann ich Ihnen zustimmen. Das glaube ich auch, dass es so kommen wird. Aber die Union ist da ebenso wie die SPD oder nicht ebenso, aber auch sie hat keine besonders guten Umfragewerte. Insofern kann es gut sein, dass die Große Koalition dann weitergehen muss. Können Sie sich vorstellen, dass Sie, wenn Sie dann vielleicht einmal nicht mehr geschäftsführender Ministerpräsident in Hessen sind, in Berlin mitmachen werden und vielleicht auch ganz konstruktiv an der Seite von Peer Steinbrück, mit dem Sie ja schon zusammengearbeitet haben?

Koch: Ach, du lieber Gott! Herr Steinbrück und ich arbeiten gut zusammen, das wird auch in aller Zukunft, denke ich, so bleiben, weil das ein Stück positive Erfahrung unserer beider politischen Lebens ist. Nur man soll nicht dauernd Politik dadurch auch noch erschweren, dass man sie personalisiert. Ich habe meine Aufgabe in Hessen. Da werde ich auch mehr als genug zu tun haben. Und wir werden in der Bundestagswahl ganz wichtig über Sachen zu reden haben und nicht anfangen, jetzt schon wieder daraus Personalfragen zu machen. Der Wähler hat wirklich hat wirklich genug damit zu tun, eine sachliche Richtungsentscheidung zu treffen. Und nun, eins ist in Deutschland ja unstreitig. Wir haben eine gute Kanzlerin, die will eine große Mehrheit in Deutschland behalten. Das ist doch genug Personalpolitik.

Kolkmann: Vielen Dank! Das war der hessische Ministerpräsident Roland Koch von der CDU im Interview mit Deutschlandradio Kultur. Danke dafür!

Koch: Auf Wiederhören!

Kolkmann: Wir bitten, die schlechte Leitung zu Roland Koch zu entschuldigen.