Koalitionsvertrag in Baden-Württemberg

Aufregung für alle – auch ohne Gendersternchen

02:48 Minuten
Aufkleber mit der Aufschrift *innen an einem Stromkasten in Frankfurt am Main.
Das Gendersternchen polarisiert. Ministerpräsident Kretschmann will sich von "Sprachpolizisten" nicht den Mund verbieten lassen. © imago / Ralph Peters
Eine Glosse von Katharina Thoms · 10.05.2021
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Für Ministerpräsident Winfried Kretschmann ist gendergerechte Sprache nur "Tugendterror". Da passt es gut, dass die CDU auf das Gendersternchen im Koalitionsvertrag verzichten will. Die Aufregung über den Vertrag ist ohnehin geschlechterübergreifend.
Es wurde ja viel durchgestochen im Laufe der Koalitionsverhandlungen in Baden-Württemberg. Und viel getuschelt und spekuliert: Übernehmen die Grünen das erste Mal das Kultusministerium? (Antwort, ja) Kriegt die CDU auch noch irgendwas thematisch unter? Antwort: öhm…

Bitte der CDU

Und dann diese exklusive! Info! der Deutschen Presse-Agentur: Der Koalitionsvertrag von Grünen und CDU muss ohne Genderstern auskommen. Die CDU habe darum gebeten, hieß es bei der dpa. Irgendwie hat das aber kaum jemanden vom Hocker gehauen. Selbst das Portal queer.de berichtet das recht nüchtern runter.
Nicht falsch verstehen. Nicht, dass geschlechtergerechte Sprache egal wäre oder sein sollte. Aber mensch hat es eben auch nicht anders erwartet. Vom König von Württemberg, also Ministerpräsident Winfried Kretschmann von den Grünen. Der Winfried fühlt sich ja selbst schon bedroht vom "Tugendterror" der Menschen, die alle meinen wollen, wenn sie sprechen und den Stern verwenden.
Und das ist ja auch derselbe Winfried Kretschmann, der sich gegen seinen eigenen Grünen-Parteivorstand durchgesetzt hat, um doch nochmal mit der CDU zu regieren. Für Winfried, Sterne bitte höchstens auf'm Auto – da hat er seinen Christdemokraten also liebend gern den Gefallen getan. Und im Koalitionsvertrag lieber nicht nach den Sternen gegriffen.

An alles gedacht

Aber um sicher zu gehen, dass da jetzt deshalb kein Shitstörmle droht, wie sonst nur Boris Palmer. Da hat Grün-Schwarz II einfach an alles gedacht: Der Koalitionsvertrag steht nämlich nicht nur unter Formulierungsvorbehalt. Sondern auch Finanzierungsvorbehalt. Nichts wird bezahlt, bevor nicht alles bezahlt wird oder so ähnlich. Also: Geld gibt's nur, wenn wir welches haben. Was das heißt, besprechen wir noch.
Und über die 160 Seiten Wünsch-Dir-was ohne Gewähr – darüber können sich nun wirklich alle aufregen. Und das tun sie ja auch. Weil: Sie fühlen sich beim Sparen wirklich alle mitgemeint. Toll. Lehrer*innen, Schüler*innen, Mechatroniker*innen, Friseur*innen oder Beamt*innen.
Tja, hätte sich Kretschmann doch lieber zum Sternle überreden lassen. Vielleicht wär das mit dem Finanzierungsvorbehalt dann gar nicht so aufgefallen.
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