Glaube und Klima
Im Buddhismus wird der Mensch als Teil der Natur angesehen © Imago / Joko
Umweltschutz in den Weltreligionen

Die Natur gehört für religiöse Menschen zum Werk Gottes. Trotzdem spielte ihr Schutz in den Gemeinschaften kaum eine Rolle. Doch mit steigendem Bewusstsein über die Klimakrise setzen sich auch immer mehr religiöse Gruppen für den Umweltschutz ein.
Wie der Mensch ist auch die Natur in der Vorstellung der meisten Religionen Teil der Schöpfung Gottes. In vielen religiösen Schriften findet sich der Auftrag, auch andere Lebewesen zu schützen und Leben zu bewahren. Doch wie sieht dieser Schutz im gelebten Glauben aus?
Lange Zeit fand das Thema Umweltschutz im Alltag von Glaubensgemeinschaften kaum statt. Inzwischen rückt der Klimawandel aber auch im religiösen Leben stärker in den Fokus. Gruppen verschiedener Glaubensrichtungen setzen sich auf unterschiedliche Weise für Artenvielfalt und Umweltschutz ein. Noch gehören sie innerhalb ihrer Gemeinschaften zur Minderheit. Wie funktioniert Naturschutz aus religiöser Perspektive – und was können religiöse Führungsfiguren bewirken?
Christentum
Der verstorbene Papst Franziskus hat sich immer wieder für mehr Umweltschutz ausgesprochen. In seiner Enzyklika-Schrift „Laudato si“ von 2015 stellte Franziskus die Natur erstmals in den Mittelpunkt eines päpstlichen Schreibens. Franziskus betonte darin die Endlichkeit der Ressourcen auf der Erde und kritisierte, dass einige Menschen über ihre Verhältnisse lebten, während andere dafür den Preis bezahlen müssten.
Die Enzyklika enthält sogar konkrete Tipps für ein klimafreundlicheres Leben. Beispielsweise empfahl Franziskus, kein Essen zu verschwenden, ein kleineres Auto zu fahren oder gleich Bus, Bahn oder Fahrrad zu nehmen. Verpflichtende Vorschriften für alle Katholiken sind das zwar nicht. Mit seinem Engagement für mehr Klimaschutz habe der Papst aber eine Vorbildfunktion für Gläubige ausgeübt, sagen Theologen. Viele christliche Umweltgruppen gründeten sich in den Jahren nach der „Laudato si“-Enzyklika, sie sind untereinander vernetzt.
Auch in der evangelischen Kirche gibt es Bestrebungen für den Umweltschutz, aber auch Debatten über den richtigen Umgang damit. Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland beschloss 2023 ein freiwilliges Tempolimit von 80 Kilometer pro Stunde auf Landstraßen und 100 Kilometer pro Stunde auf Autobahnen. Der Beschluss sorgte bei einigen Theologen für scharfe Kritik.
Synodenpräses Anna-Nicole Heinrich und die norddeutsche Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt boten der Klimagruppe „Letzte Generation“ auf der EKD-Synode in Magdeburg 2023 eine Bühne. Zudem existiert seit 2019 die evangelische Gruppe „Christians For Future“, die sich für Klimaschutz in den Kirchen einsetzt.
Islam
Im Koran gibt es mehrere Abschnitte, aus denen sich ableiten lässt, dass die Menschen als Wächter des Planeten die Aufgabe haben, die Natur als Schöpfung Gottes zu bewahren. Die Geschichte von Noah, der mit seiner Arche die Artenvielfalt retten soll, kommt ebenfalls vor. Außerdem gilt es als Sünde, Ressourcen zu verschwenden. Das kann als klare Anweisung für ein nachhaltiges Leben verstanden werden.
Vor dem Pariser Klimagipfel 2015 äußerten sich muslimische Geistliche, Wissenschaftlerinnen und Umweltschützer. In einer Erklärung forderten sie, dass die Länder der Welt so schnell wie möglich auf erneuerbare Energien umsteigen und ihren CO2-Ausstoß begrenzen sollten.
In England haben muslimische Initiativen den Begriff „Öko-Islam“ geprägt. Initiativen empfehlen eine „Green Hadsch“: die Pilgerfahrt nach Mekka mit dem Flugzeug nur einmal im Leben zu machen und Ausgleichszahlungen für den CO2-Ausstoß zu leisten.
Bei den deutschen Islamverbänden ist die Klimakrise bisher wenig präsent. Das könnte auch damit zusammenhängen, dass sich ihre Mitglieder nicht von den bestehenden Umweltorganisationen wie Greenpeace, BUND oder Fridays for Future angesprochen fühlen. Klimaschutz hat in den Communities daher bisher häufig keinen hohen Stellenwert.
Doch die Situation ändert sich langsam und Themen wie etwa Ernährung, Fleischkonsum und Massentierhaltung rücken auch in muslimischen Gemeinden in den Fokus. Seit vielen Jahren existiert zudem ein kleines aktives Netzwerk muslimischer Umweltschutzvereine in Deutschland. Der Verein „NourEnergy“ etwa ruft jedes Jahr während des Ramadan zum Plastikfasten auf. Außerdem vermittelt er Photovoltaikanlagen, unter anderem für Moscheendächer. Die Gruppe HIMA hält Vorträge über Nachhaltigkeit und Islam.
Buddhismus und Hinduismus
Sowohl im Hinduismus als auch im Buddhismus gibt es viele verschiedene Strömungen. In Südostasien ist das Prinzip „Ahimsa“ – Gewaltlosigkeit – stark verbreitet. Daraus leitet sich für viele Gläubige ab, dass sie allem Leben auf der Erde Respekt entgegenbringen. Menschen werden als Teil der Natur angesehen. Viele Gläubige ziehen aus ihrem hinduistischen oder buddhistischen Glauben die Konsequenz, vegetarisch zu leben und keine Tiere zu töten.
In buddhistischen Gemeinschaften in Europa und in den USA ist der Klimawandel aber noch nicht lange Thema. Der US-amerikanische Zenlehrer David Robert Loy ist einer der Vorreiter des Ökobuddhismus. Eine Schwierigkeit auf dem Weg zu mehr Engagement sieht er darin, dass der Buddhismus stark auf inneren Rückzug und Meditation abzielt statt auf Aktivismus in der Gesellschaft.
Einen Lösungsansatz bietet der engagierte Buddhismus. Dieser Strömung hat sich etwa der berühmte vietnamesische Lehrer Thich Nhat Hanh verpflichtet. Ziel ist es, die spirituelle, meditative Praxis mit aktivem Engagement zum Schutz der Welt und ihrer Lebewesen zu verknüpfen. Anhänger des engagierten Buddhismus sind unter anderem aktiv bei Umweltorganisationen wie Greenpeace oder Extinction Rebellion. Auch in der Deutschen Buddhistischen Union gibt es eine Arbeitsgemeinschaft zum Thema Umwelt.
Judentum
Das Verhältnis von Mensch und Natur hat im jüdischen Glauben eine lange Tradition. Der Gedanke, dass der Mensch die Erde nicht beherrschen, sondern ihrem Erhalt dienen soll, findet sich schon in der Schöpfungsgeschichte. Was in christlicher Übersetzung zu „Mache dir die Erde untertan“ geworden ist, wird im Judentum anders aufgefasst: im Sinne eines Bewahrens, Behütens oder Beschützens.
Gelehrte Rabbiner haben immer wieder darauf hingewiesen, dass damit die Aufgabe verbunden ist, am ethischen Prinzip des „Tikkun Olam“ – der Heilung der Welt – mitzuwirken. Aus diesem Prinzip sind verschiedene jüdische Umweltbewegungen entstanden. Darunter sind sowohl säkulare als auch konservative und sogar ultraorthodoxe Gruppen.
Ein berühmtes Beispiel für jüdischen Öko-Aktivismus ist der Kibbutz Lotan im Süden Israels. Dort wird ökologische Landwirtschaft und Öko-Tourismus betrieben, aber vor allem können Besucherinnen und Besucher Kurse und Zertifikate zu Permakultur, Wassernachhaltigkeit oder ökologischem Bauen absolvieren.
kau