Ich habe vor einem Jahr mit dem Klettern angefangen. Ich mag es sehr. Es ist auch gut für die Psyche. Wenn du kletterst, musst du konzentriert und im Moment sein, sonst kannst du fallen.
Freiheit am Fels
05:49 Minuten
Aus Nahost hören wir häufig von der Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern. Doch seit einigen Jahren hat sich im Westjordanland auch eine Kletterszene entwickelt. Dort steht den Sportlern allerdings nicht nur ihre Höhenangst im Weg.
Der 30-jährige Momen steht in der kleinen Halle von Wadi-Climbing am Stadtrand von Ramallah, dem ersten Kletterverein im palästinensischen Westjordanland. An den Wänden sind Bouldergriffe in allen Farben angeschraubt. Gleich will er mit einer Gruppe zu einer Tour an den Fels aufbrechen.
In den vergangenen Jahren hat sich hier eine kleine, aber lebendige palästinensische Kletterszene entwickelt. Einmal die Woche organisiert das Team um Momen und seinen Bruder Mudschahed geführte Klettertouren für Erfahrene und Neugierige. Heute sind vier Teilnehmer gekommen, fünf weitere wollen wir an der Wand treffen.
Der politische Konflikt beim Klettern
In Momens altem Jeep geht es los, der Fahrtwind vertreibt die drückende Hitze.
Momen: “Wir fahren jetzt nach Ain Kinya. Das ist auf der anderen Seite von Ramallah, im C-Gebiet.”
Das von Israel seit 1967 besetzte Westjordanland ist heute in die Gebiete A, B und C unterteilt. Der C-Bereich, unter den rund zwei Drittel des Gebiets fallen, wird ausschließlich von Israel kontrolliert. Die palästinensische Autonomiebehörde hat hier keinen Einfluss. Alle erschlossenen Klettersektoren, acht an der Zahl, liegen im C-Gebiet.
Momen: “Bei unseren Touren sind wir vorsichtig, wenn israelische Siedler da sind. Kürzlich waren wir zelten und wollten am nächsten Morgen klettern. Nachts um eins kamen etwa 15 mit Gewehren bewaffnete Israelis. Sie haben uns und unsere Ausweise fotografiert und uns dann gezwungen zu gehen. Das gehört zu den Herausforderungen beim Klettern hier, aber wir gehen trotzdem.“
Je weiter es geht, desto schmaler und ungemütlicher werden die Straßen. Schließlich rumpelt der Jeep auf einen kleinen Feldweg in Richtung des Dorfes Ain Qinya.
Momen: „Da drüben ist der Berg, aber Ain Kinya ist von drei israelischen Siedlungen umgeben. Wir müssen laufen. Das ist bei fast allen unseren Klettergebieten so. Bei Jericho gibt es eines, das erreichen die Israelis in 5 Minuten mit dem Auto, aber wir müssen 45 Minuten laufen.”
Momen: “Wir fahren jetzt nach Ain Kinya. Das ist auf der anderen Seite von Ramallah, im C-Gebiet.”
Das von Israel seit 1967 besetzte Westjordanland ist heute in die Gebiete A, B und C unterteilt. Der C-Bereich, unter den rund zwei Drittel des Gebiets fallen, wird ausschließlich von Israel kontrolliert. Die palästinensische Autonomiebehörde hat hier keinen Einfluss. Alle erschlossenen Klettersektoren, acht an der Zahl, liegen im C-Gebiet.
Momen: “Bei unseren Touren sind wir vorsichtig, wenn israelische Siedler da sind. Kürzlich waren wir zelten und wollten am nächsten Morgen klettern. Nachts um eins kamen etwa 15 mit Gewehren bewaffnete Israelis. Sie haben uns und unsere Ausweise fotografiert und uns dann gezwungen zu gehen. Das gehört zu den Herausforderungen beim Klettern hier, aber wir gehen trotzdem.“
Je weiter es geht, desto schmaler und ungemütlicher werden die Straßen. Schließlich rumpelt der Jeep auf einen kleinen Feldweg in Richtung des Dorfes Ain Qinya.
Momen: „Da drüben ist der Berg, aber Ain Kinya ist von drei israelischen Siedlungen umgeben. Wir müssen laufen. Das ist bei fast allen unseren Klettergebieten so. Bei Jericho gibt es eines, das erreichen die Israelis in 5 Minuten mit dem Auto, aber wir müssen 45 Minuten laufen.”
2014 gab es hier die ersten Kletterrouten
Vom Parkplatz neben der Ruine eines Bauernhauses steigen wir in der Sonne bergauf. Nach 20 Minuten erreicht die Gruppe den Fuß einer Felswand. Der zweite Teil der heutigen Tour wartet schon auf uns.
Gegründet wurde Wadi Climbing 2014 von zwei US-Amerikanern, Will und Tim, die zusammen mit palästinensischen Freunden die ersten Routen in den Fels bohrten. Von ihnen hat Momen sein Handwerk gelernt, das er jetzt an andere weitergibt.
Gegründet wurde Wadi Climbing 2014 von zwei US-Amerikanern, Will und Tim, die zusammen mit palästinensischen Freunden die ersten Routen in den Fels bohrten. Von ihnen hat Momen sein Handwerk gelernt, das er jetzt an andere weitergibt.
Neben ihm steht die 29-jährige Amal und hört aufmerksam zu. Sie trägt einen Klettergurt und ein türkises Kopftuch. Heute will sie zum ersten Mal selbst vorsteigen, also als erste und ohne Sicherung von ganz oben eine Route klettern.
Klettern ist mehr als ein Sport
Amal knotet sich ihr Seilende an den Gurt. Momens Bruder Mudschahed, die langen schwarzen Haare zu einem Zopf gebunden, nimmt das andere Ende.
Griff um Griff zieht sich Amal nach oben. Mudschahed beobachtet und sichert, manchmal ruft er ihr einen Tipp zu. Wieder auf dem Boden ist Amal erleichtert.
Amal: “Ich habe mich drauf gefreut, aber am Fels hatte ich dann doch Angst, aber jetzt fühle ich mich gut!”
Für die 29-Jährige ist Klettern mittlerweile mehr als ein Sport. Sie arbeitet mit Mudschahed als Klettertrainerin mit Kindern und Jugendlichen in palästinensischen Flüchtlingslagern.
Mudschahed: “Amal arbeitet jetzt mit den Frauen. In der Vergangenheit konnte ich als Mann die Mädchen bis zum Alter von 13 oder 14 trainieren, aber dann verbieten es meist die Eltern. Mit Amal als Trainerin ist das jetzt etwas anderes.”
Griff um Griff zieht sich Amal nach oben. Mudschahed beobachtet und sichert, manchmal ruft er ihr einen Tipp zu. Wieder auf dem Boden ist Amal erleichtert.
Amal: “Ich habe mich drauf gefreut, aber am Fels hatte ich dann doch Angst, aber jetzt fühle ich mich gut!”
Für die 29-Jährige ist Klettern mittlerweile mehr als ein Sport. Sie arbeitet mit Mudschahed als Klettertrainerin mit Kindern und Jugendlichen in palästinensischen Flüchtlingslagern.
Mudschahed: “Amal arbeitet jetzt mit den Frauen. In der Vergangenheit konnte ich als Mann die Mädchen bis zum Alter von 13 oder 14 trainieren, aber dann verbieten es meist die Eltern. Mit Amal als Trainerin ist das jetzt etwas anderes.”
Klettern gegen die Perspektivlosigkeit
Mudschahed, einer der ersten Kletterer bei Wadi Climbing, sieht den Sport auch als eine Möglichkeit für die Jugendlichen, die ständige Belastung und die Perspektivlosigkeit durch den allgegenwärtigen Konflikt zu verarbeiten. Er träumt davon, mehr Kinder und Jugendliche in Palästina fürs Klettern zu begeistern.
Mudschahed: “Wir haben eine Kletterwand im Schafat Flüchtlingslager gebaut, wo wir jetzt einmal die Woche sind. Insgesamt haben wir bisher vielleicht 200 Kinder erreicht, und ich hoffe, dass wir in Zukunft auch Kinder weiter weg erreichen. Mein Ziel wäre, in jedem Lager und jeder Stadt hier einen Ort zu haben wo die Kinder trainieren und voneinander lernen können.“
Als die Sonne langsam hinter den niedrigen Hügeln versinkt, sind vier oder fünf Kletterer noch an der Wand. In diesem Moment scheint der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern für einen Augenblick weit weg.
Mudschahed: “Wir haben eine Kletterwand im Schafat Flüchtlingslager gebaut, wo wir jetzt einmal die Woche sind. Insgesamt haben wir bisher vielleicht 200 Kinder erreicht, und ich hoffe, dass wir in Zukunft auch Kinder weiter weg erreichen. Mein Ziel wäre, in jedem Lager und jeder Stadt hier einen Ort zu haben wo die Kinder trainieren und voneinander lernen können.“
Als die Sonne langsam hinter den niedrigen Hügeln versinkt, sind vier oder fünf Kletterer noch an der Wand. In diesem Moment scheint der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern für einen Augenblick weit weg.