Kleine Frösche, großes Fest

Von Tim Krohn |
Sie singen merkwürdige Kinderlieder, tanzen um den Baum und essen Herings-Sil und frische Erdbeeren. Die Schweden feiern "Midsommarafton", das wichtigste Fest des Jahres. Wer sich in dieser Nacht frisch gepflückte Blumen unter das Kopfkissen legt, träumt vom künftigen Liebesglück.
"Glad Midsommar"

Schon am frühen Morgen geht es los. Die Frauen in Gärdebyn im schwedischen Dalarna – da wo die Sonne kaum untergeht - schmücken den Dorfplatz und pflücken Blumen. Ein paar Kilometer weiter, hoch oben über dem Dorf und dem Siljan-See, stehen Bengt und seine Nachbarn und rücken den Birken zu Laibe.

Bengt Börjes:"Wir fällen die jungen Birken dahinten im Wäldchen, dann ziehen wir sie hierher und schneiden so ungefähr 30 Zentimeter lange Zweige ab. Das einzig Moderne hier ist das Seil, um das wir die Birkenbüschel binden. Geht viel besser so."

Auch wenn heute schon mal ein Seil dabei sein darf, irgendwie scheinen sich hier alle einig zu sein, wie man das große Midsommar-Fest denn feiern muss. Die Girlande für den Maibaum muss sein. Hatte Bengts Großvater auch schon so gemacht.

Bengt trägt eine hellgelbe Kniebundhose, dazu ein weißes Hemd und eine rote Weste. So macht man das hier in Dalarna. Schon immer.

Berit Helesson bringt ihren Kindern das Grashalmblasen bei. Sie sammelt Blumen und flechtet Kränze fürs Haar, einen nach dem anderen.

"Ich setze immer drei Sträußchen nebeneinander um den Kranz, sodass die Blumen einmal ganz herum reichen. Damit der Kranz von allen Seiten gut aussieht. Also drei gelbe Sträuße nebeneinander ... oder weiße ... oder was auch immer gefällt."

Blumen binden, Kränze flechten, Maibaum aufstellen.
Bis zum Nachmittag muss das erledigt sein.

Jetzt wird getanzt und gegessen. Herings-Sill, junge Kartoffeln mit Dill und Zwiebeln, dann frische Erdbeeren mit Sahne. An diesem einen Tag herrscht kulinarische Einigkeit im Land. Schwedens Supermärkte, die sonst, wenn es sein muss, sogar zu Weihnachten öffnen, bleiben heute dicht. Denn das hier ist die eine, die magische Nacht.

Kristina Skött: "Für mich fängt mit diesem Fest der Sommer an. Wenn der Maibaum endlich und nach langem Kampf, den die Kerle da draußen im Wald gekämpft haben und alle stehen drumrum und feuern sie an - wenn der Maibaum dann endlich steht - das ist ein echtes Glücksgefühl. Dann noch die Musik dazu, das macht Gänsehaut."

Erwachsene Menschen tanzen um einen Baum und singen Kinderlieder von schwanzlosen Fröschen. Warum? Egal, hatte Bengts Großvater ja auch schon so gemacht. Die Schweden dürfen heute nach Herzenslust quaken und trinken und sich - na sagen wir mal - etwas näherkommen. Und wenn es nicht nah genug ist, dann hilft die Natur.

Titti Norling: "In Schweden sagt man, dass man sieben Sorten Blumen pflücken und sie in der Mitsommernacht unter's Kopfkissen legen muss. Dann träumt man von seinem künftigen Liebsten."

Noch so ein Midsommar-Brauch. Früher hieß es mal, dass sich in dieser Nacht sogar Quellwasser in Wein verwandelt. Wenn die Sonne nicht untergeht und sich die Schnapsgläser füllen, könnte man fast sogar daran glauben. In dieser einen einzigen magischen Nacht.

Ab morgen werden die Tage wieder kürzer.