Kleider, Gläser und Toiletten-Umrandungen im Mondrian-Style

Von Ulrike Gondorf · 24.06.2010
Außer "Mona Lisa" erzeugt wohl kein Stichwort aus der bildenden Kunst so prompt eine Vorstellung wie der Name des Holländers Piet Mondrian. Davon wollen Modeschöpfer, Produktgestalter und Industriedesigner profitieren. Das Museum für Angewandte Kunst Köln zeigt, was alles im Mondrian-Look daherkommt.
Die Ausstellungsfläche im Obergeschoss erstreckt sich um ein weitläufiges offenes Treppenhaus, und so wird man schon im Aufstieg angezogen von den Signalfarben rot, blau und gelb. Diese einfachen Grundfarben genügten Piet Mondrian jahrzehntelang für seine Bilder. Hier aber beherrschen sie die schöne bunte Warenwelt.

Die großen Dinge fallen zuerst ins Auge: Auf Puppen drapierte Kleider, kantig und gerade geschnitten, wie es in den Sixties Mode war, das passt gut zu der geometrischen Strenge der schwarzen Raster auf weißem Grund, in dem die farbigen Vierecke aufleuchten. Kurioser noch: ein komplettes Outfit für einen Radrennfahrer im Mondrian-Karo. Vom Trikot über Schuhe und Handschuhe, bis zum Rahmen des Rennrads.

Nebenan ist ein Badezimmer aufgebaut; nicht nur Handtücher und Bodenmatte, auch die Umrandung der Toilette und die Duschtasse zitieren Mondrian. Kuratorin Angelika Lueg erzählt, was noch alles vom Gestaltungsrausch all over Mondrian erfasst worden ist.

"Es gibt Schreibtischzubehör, es gibt Grafikdesign jeder Sorte, das gibt es bei Geschirr, bei Gläsern, bis hin zu unserem schrägsten Exponat, nämlich einer Kondomverpackung, die sinnigerweise heißt: 'Nimm Mondrian, sein kein Schlendrian'."

Überzeugendes steht neben "kitsch as kitsch can". Die hier gezeigte Sammlung ist eine Stiftung aus Privatbesitz. Der Mäzen R. G. Winkler hatte seine Sammelleidenschaft darauf gerichtet, einen Großen aus der Kunst des 20. Jahrhunderts bis in die Niederungen des Kommerzes zu begleiten. Warum schlug gerade Piet Mondrians Vorbild so durch im Design?

Lueg: "Weil die Bildsprache von Mondrian langlebig ist. Es sind Grundfarben, die kommen nicht aus der Mode, es sind klare Strukturen, die kommen auch nicht aus der Mode, und man kann sie angeblich einfach imitieren. Es ist grafisch gut umsetzbar."

Der Sammler hat dem Museum auch ein Originalwerk überlassen. Wie in einer kleinen Kapelle steht die Komposition 1927 in der Mitte der Ausstellung, in einem leicht abgedunkelten Raum für sich. Ein besonders strenges Bild, ein Quadrat, das nur einen ganz schmalen roten Streifen am unteren Rand dem schwarz-weißen Spiel der Linien und Flächen entgegensetzt.

Und hier, vor dem Original, passiert natürlich der spannendste Moment für den Besucher. Er wird nämlich merken, wie weit der Maler Piet Mondrian von der Designikone gleichen Namens entfernt ist. Nichts an dem Bild ist glatt, glänzend, plakativ, perfekt in einer durchgestylten Oberfläche. Es ist stumpf, schrundig, aus unendlich vielen Farbschichten aufgebaut, voller Nuancen selbst da, wo man auf den ersten Blick nur weißen Hintergrund zu sehen glaubt.

Übertragbar, konsumierbar war eben nur das Prinzip Mondrian, das dann, wie ein genauerer Blick auf die ausgestellten Produkte auch beweist, frei adaptiert wurde. Die Designer haben für ihre Feuerzeuge und Pralinenschachteln, Teller, Tassen, Gläser und Kinderspielzeuge aus dem Baukasten eine Fülle von Kombinationen und Variationen entwickelt und dabei von den strengen Maßstäben Mondrians profitiert.

Lueg: "Wenn Sie sich vorstellen, irgendein Verpackungsdesign war schwammig, wenig klar, wenn man dann sagt, ich zitiere aus der Bildsprache Mondrians, dann kann das dem Objekt zugutekommen und das Grafikdesign verbessern. Da lernen die auch was von."

Bereits in den 20er-Jahren soll beim vornehmen Pferderennen in Longschamps eine Dame gesichtet worden sein, die ein Mondrian-Kleid trug. Nicht überliefert ist, was der Künstler dazu gesagt hat, der damals in Paris lebte. Vermutlich hätte er nichts dagegen gehabt. Sein eigenes Atelier war nämlich auch so eine Art in die dritte Dimension versetztes Mondrianbild, mit schwarz-weißen Wänden und Möbeln in leuchtenden Grundfarben. Für Kuratorin Angelika Lueg ist ohnehin klar, dass diese in der Kunstgeschichte einmalige und bis heute andauernde Beziehung zwischen Malerei und Design kein Sakrileg gegen einen Künstler ist, sondern für beide Seiten von Vorteil.

"Ich glaube, die Tatsache, dass er auch durch solche Dinge immer berühmter wird und ein Künstler ist, der niemals vergessen wird, weil er ein wichtiger authentischer Künstler ist, das ist ein Gewinn. Das ist ein Synergieeffekt."