Klaviervariationen Beethovens

"Mich brennt ein heißes Fieber"

Der Komponist Ludwig van Beethoven auf einem zeitgenössischen Skizzenblatt
Veränderungen: Annäherungen an Beethovens Konterfei auf einem zeitgenössischen Skizzenblatt © imago / WHA / United Archives
Gast: Steffen Schleiermacher, Pianist und Komponist; Moderation: Olaf Wilhelmer |
Musik als Metamorphose, als Kunst der Veränderung: Wer Variationen schreiben kann, der kann komponieren. Und Ludwig van Beethoven arbeitete sein ganzes Schaffen hindurch an Variationen. Ein Blick auf bekannte und weniger bekannte Klavierwerke.
Anders als im Falle Mozarts oder gar Haydns ist das Werk Ludwig van Beethovens nicht gerade unüberschaubar groß. Aber bei der Durchsicht von Notenheften oder Einspielungen kann es immer wieder Momente der Überraschung geben: Das hat Beethoven wirklich komponiert?

Hier geht es zur Playlist der Sendung.

Vergleichsweise häufig ist mit Überraschungen in der Werkgruppe der Variationen zu rechnen – was auch daran liegen mag, dass es recht viele von ihnen gibt, und dass Beethoven bei weitem nicht alle von ihnen in sein offizielles Œuvre aufnahm. Was übrig blieb, also keine Opuszahl erhielt, wurde von späteren Generationen als "WoO", als "Werk ohne Opuszahl" (ebenfalls nicht vollständig) durchnummeriert. Auch Beethovens "Greatest Hit", das Klavierstück "Für Elise", trägt eine solche WoO-Nummer.

Variantenreiche Variationen

Was hat dieser Beethoven nicht alles variiert! Allein für Klavier gibt es – jenseits der "Diabelli-Variationen" als einem seiner Hauptwerke – rund zwanzig selbständige Variationen, von "God save the King" bis zu "Mich brennt ein heißes Fieber" ("Une fièvre brûlante") aus der Oper "Richard Löwenherz" ("Richard Cœur de Lion") von André-Ernest-Modeste Grétry.
Gleich das erste gedruckte Werk des Elfjährigen war 1782 eine Sammlung von Variationen über einen Marsch von Ernst Christoph Dressler. In seinen ersten Wiener Jahren, besonders zwischen 1795 und 1806, nahm sich Beethoven oft populäre Melodien aus Opern und Balletten vor – teils zum Geldverdienen, teils zur Freude adeliger Gönner (und nicht zuletzt Gönnerinnen!), teils zur Ehre großer Vorbilder, etwa Antonio Salieris.
Der Pianist und Komponist Steffen Schleiermacher, 2005 in Alicante
Beethoven durch die Brille eines heutigen Komponisten und Pianisten betrachtet: Steffen Schleiermacher© Xavier Miró
Zu diesen mal skurrilen, mal brillanten, bisweilen routinierten Werken kamen später gewichtige, oft experimentelle Zyklen über eigene Themen hinzu. Zwei davon, die Variationen op. 34 und WoO 80, stehen im Mittelpunkt dieser Sendung, in der auch die kuriosen Seiten des Beethovenschen Schaffens nicht zu kurz kommen.
Vor allem die 32 oft nur sekundenkurzen c-Moll-Variationen WoO 80 haben viele große Pianisten zu teils sehr unterschiedlichen Interpretationen herausgefordert – der Bogen reicht hier von Gould und Horowitz über Gulda und Brendel bis zu Kissin und Brautigam, der auf dem Nachbau eines Klaviers der Beethoven-Zeit spielt.

Ein Komponist für Komponisten

Auffallend ist, dass sich auch viele Komponisten für Beethovens Variationen interessiert haben – in Theorie und Praxis. Vom Opus 34 gibt es ein Dokument mit Béla Bartók am Klavier, vom WoO 80 eines mit Sergej Rachmaninow, und zu eben diesem Werk existiert auch eine ausführliche Analyse von Hanns Eisler, die dieser sich wiederum im Unterricht bei Arnold Schönberg erarbeitet hatte. Ein Ausschnitt aus dem historischen Tonband, das der Schriftfassung von Eislers Analyse zu Grunde lag, ist in der Sendung exklusiv zu hören.
Und auch unser Studiogast Steffen Schleiermacher widmet sich Beethoven weniger als Pianist denn als Komponist – obwohl die Übergänge hier so fließend sind wie die Satzübergänge in den Variationswerken Beethovens…
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