Klaviersonaten von Joseph Haydn

Mit Anmut, Witz und Leidenschaft

Der Pianist Markus Becker
Haydn-Interpret mit Improvisationstalent: Der Pianist Markus Becker © Irène Zandel
Gast: Markus Becker, Pianist; Moderation: Michael Dasche · 19.08.2018
Hundert Sinfonien, siebzig Streichquartette, sechzig Klaviersonaten: Joseph Haydn war ein geradezu unfassbar produktiver Komponist. Am Beispiel von fünf Sonaten zeigt der Pianist Markus Becker Haydns ganzen Reichtum.
Fünf von insgesamt etwa sechzig Klaviersonaten Joseph Haydns hat der Pianist Markus Becker vor einigen Jahren eingespielt. Das sind nicht mehr und nicht weniger als Momentaufnahmen eines in Gänze kaum überschaubaren Oeuvres. Die Auswahl "repräsentativ" zu nennen, verbietet sich allerdings. Das würde ja voraussetzen, dass einzelne Sonaten pars pro toto für viele andere stehen. Ebendies scheint aber gerade nicht der Fall zu sein. Selbst innerhalb einer Werksammlung Haydns sind die Stücke von höchst individuellem Zuschnitt.

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Jedes Werk eine Welt für sich

Markus Becker spürt in seinen Aufnahmen dieser Individualität nach. Die Sonaten in C-Dur und F-Dur, beide aus der "Esterházy-Sammlung" (um 1773) stammend, sind für ihn "Die Gezackte" bzw. "Die Spielerische". Die davor entstandene großdimensionierte As-Dur-Sonate (1768) tauft er "Die Majestätische", und zwei nachfolgende Werke, die kapriziöse Es-Dur-Sonate (1776) sowie die teils "empfindsam"-versonnene, teils grazil-"galante" e-Moll-Sonate (1781/82) erhalten die Namen "Die Tänzerische" und "Die Melancholische".

Eindringlich und prägnant

Pointierte Beinamen für einzelne Werke zu finden, war eine beliebte, noch zu Haydns Lebzeiten um sich greifende Praxis. Wenn Markus Becker sie fortschreibt, dann nicht, um unsere Phantasie in bestimmte Bahnen zu lenken. Wichtig ist ihm vielmehr, die gestische Eindringlichkeit und rhetorische Prägnanz der Haydnschen Musik zu betonen und pianistisch darzustellen. In diesem Sinne setzten seine Aufnahmen Maßstäbe, die durch alternative Interpretationen (Aufnahmen von Géza Anda, Vladimir Horowitz, Swjatoslaw Richter, Ivo Pogorelich, Marc-André Hamelin, Rudolf Buchbinder, Walter Olberts, Wilhelm Backhaus, Markus Schirmer und Christine Schornsheim) nicht infrage gestellt, sondern eher bestätigt werden.
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