"Klaus Manns Leben ist sein Werk"
Als "jemand, der sich den Herausforderungen seiner Zeit stellt und im schlimmsten Fall an ihnen zugrunde geht," hat der Biograph Uwe Naumann den Schriftsteller Klaus Mann beschrieben. Mann sei "ein sensibler Mensch, sehr dünnhäutig" gewesen, sagte Naumann. Klaus Mann wurde vor hundert Jahren, am 18. November 1906, in München-Schwabing geboren.
Auszug aus dem Gespräch:
Gabi Wuttke: Fühlte er sich selbst als so eine Art wirkliche Persönlichkeit, oder war das seine Sehnsucht?
Uwe Naumann: Er war sicher immer ein Getriebener, er suchte nach etwas, und paradoxerweise fand er etwas, als er 1933 ins Exil ging. Weil dann hatte er einen Gegner, da hatte er ein Ziel, nämlich den Hitler-Faschismus zu beseitigen, zu helfen, dass dieses Regime wieder die Macht verlor und Deutschland wieder befreit würde. Insofern hat er, so paradox es klingt, mit dem großen Schrecknis des 20. Jahrhunderts, mit der Hitler-Diktatur, seine eigentliche Aufgabe gefunden. Und in diesen zwölf Jahren hatte er ein Ziel, und war mehr bei sich als in der Zeit davor und danach.
Wuttke: Aber er war eine schwierige Persönlichkeit.
Naumann: Er war ein sensibler Mensch, sehr dünnhäutig, hat vieles sehr nah an sich rangelassen. Er schreibt über einer seiner Figuren in einem Roman mal, sie sei hautlos durch diese Welt gegangen. So kann man sich auch Klaus Mann vorstellen: Er war dünnhäutig, aber Dünnhäutigkeit ist ja bekanntlich eine große Tugend.
Wuttke: Marcel Reich-Ranicki hält Klaus Mann für kein wirkliches literarisches Talent. Kann man das sagen nach "Mephisto", "Wendepunkt" und "Vulkan"?
Naumann: Nein, das finde ich ein bisschen altväterlich und von oben herab. "Der Wendepunkt" ist sicher einer der glänzendsten Autobiographien der deutschen Literatur im 20. Jahrhundert. Man kann auf der anderen Seite sehr wohl sagen: Klaus Manns Leben ist sein Werk. Das, was dieser Menschen vollbracht hat, wie er gelebt hat, wie er sich in Abenteuer hineingetraut hat, wie er an Grenzen gegangen ist, wie er am Ende sogar aktiv mit der Waffe gegen die Nazis gekämpft hat als amerikanischer Soldat: Das waren alles Dinge, die sehr faszinierend sind, und ich glaube, dass viele Menschen, auch jüngere, in ihm immer noch so etwas wie eine Art Vorbild entdecken. Nämlich jemand, der sich den Herausforderungen seiner Zeit stellt und im Notfall, im schlimmsten Fall an ihnen zugrunde geht, in ihnen untergeht. Was ihm dann ja passiert ist, am Ende.
Das vollständige Gespräch mit Uwe Naumann können Sie für begrenzte Zeit in unserem Audio-on-Demand-Angebot hören.
Gabi Wuttke: Fühlte er sich selbst als so eine Art wirkliche Persönlichkeit, oder war das seine Sehnsucht?
Uwe Naumann: Er war sicher immer ein Getriebener, er suchte nach etwas, und paradoxerweise fand er etwas, als er 1933 ins Exil ging. Weil dann hatte er einen Gegner, da hatte er ein Ziel, nämlich den Hitler-Faschismus zu beseitigen, zu helfen, dass dieses Regime wieder die Macht verlor und Deutschland wieder befreit würde. Insofern hat er, so paradox es klingt, mit dem großen Schrecknis des 20. Jahrhunderts, mit der Hitler-Diktatur, seine eigentliche Aufgabe gefunden. Und in diesen zwölf Jahren hatte er ein Ziel, und war mehr bei sich als in der Zeit davor und danach.
Wuttke: Aber er war eine schwierige Persönlichkeit.
Naumann: Er war ein sensibler Mensch, sehr dünnhäutig, hat vieles sehr nah an sich rangelassen. Er schreibt über einer seiner Figuren in einem Roman mal, sie sei hautlos durch diese Welt gegangen. So kann man sich auch Klaus Mann vorstellen: Er war dünnhäutig, aber Dünnhäutigkeit ist ja bekanntlich eine große Tugend.
Wuttke: Marcel Reich-Ranicki hält Klaus Mann für kein wirkliches literarisches Talent. Kann man das sagen nach "Mephisto", "Wendepunkt" und "Vulkan"?
Naumann: Nein, das finde ich ein bisschen altväterlich und von oben herab. "Der Wendepunkt" ist sicher einer der glänzendsten Autobiographien der deutschen Literatur im 20. Jahrhundert. Man kann auf der anderen Seite sehr wohl sagen: Klaus Manns Leben ist sein Werk. Das, was dieser Menschen vollbracht hat, wie er gelebt hat, wie er sich in Abenteuer hineingetraut hat, wie er an Grenzen gegangen ist, wie er am Ende sogar aktiv mit der Waffe gegen die Nazis gekämpft hat als amerikanischer Soldat: Das waren alles Dinge, die sehr faszinierend sind, und ich glaube, dass viele Menschen, auch jüngere, in ihm immer noch so etwas wie eine Art Vorbild entdecken. Nämlich jemand, der sich den Herausforderungen seiner Zeit stellt und im Notfall, im schlimmsten Fall an ihnen zugrunde geht, in ihnen untergeht. Was ihm dann ja passiert ist, am Ende.
Das vollständige Gespräch mit Uwe Naumann können Sie für begrenzte Zeit in unserem Audio-on-Demand-Angebot hören.