Klaus Hoffmanns 70. Geburtstag

"Ich erlaube mir, der Kindskopf von früher zu sein"

11:10 Minuten
Klaus Hoffmann sitzt am Flügel und schaut in die Kamera. sein Gesicht spiegelt sich in dem Instrument, im Hintergrund viele Pflanzen.
Klaus Hoffmann 2016 in seinem Haus am Berliner Stadtrand. Geboren wurde er im Stadtteil Charlottenburg, mit vom Krieg geprägten Fassaden voller Löcher. © picture-alliance / Tagesspiegel / Kitty Kleist-Heinrich
Klaus Hoffmann im Gespräch mit Mascha Drost · 26.03.2021
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Der Sänger und Liedermacher Klaus Hoffmann hat sein Leben vor Publikum verbracht. Er sei der geborene Bühnenmensch, sagt er - und räumt zugleich ein, scheu zu sein. Die eigene Kindheit ist in dem nun 70-Jährigen noch außergewöhnlich lebendig.
Fünfzig Alben hat Klaus Hoffmann veröffentlicht, und ist damit zu einem der bekanntesten deutschen Sänger und Liedermacher geworden. Zudem ist er der wohl Berlinerischste unter ihnen.
Kein Wunder: Im Berliner Bezirk Charlottenburg wuchs er auf, in einer sehr behüteten, zugleich aber vom Krieg geprägten Atmosphäre mit durchlöcherten Häusern, wie er erzählt: "Dann biste im Kindergarten, dann kommste in den Hort und dann biste in der Schule, ein Glück! Sonst wäre ich wahrscheinlich stumm geblieben, weil ich ja ein Einzelkind war."

Starke Frauen in der Kindheit

Hoffmann sagt, seine Welt sei geprägt gewesen von starken Frauen – und "einem Vater, der nicht das aus dem Krieg mitbrachte, war er hätte sein sollen, nämlich ein starker Mann. Er war eben ein feinsinniger, musisch begabter Mann. Bei uns waren die Frauen die Männer."
Seine ersten Texte seien von alten Western inspiriert gewesen, erzählt er. Menschen, die irgendwohin wollten, weil es da besser sein soll. Hoffmann erinnert sich auch noch an das Kinderbuch "Schneller Fuß und Pfeilmädchen" - das habe ihn sehr beeindruckt. Aus solchen Quellen habe er Anregungen geschöpft:
"Das kam aus diesen Büchern, aus den Filmen, und dass mein Vater mir in die Puschen geholfen hat mit seiner verrückten Art: Obwohl Finanzbeamter tagsüber, machte er Musik." Die Mutter sei hingegen streng evangelisch, preußisch, gewesen: "Aus diesem Mix habe ich dann die ersten Lieder gebaut."
Noch heute zehre er von diesen Kindheitserfahrungen mit Büchern und Filmen, sagt der nun 70-Jährige. "Den Motor zu haben, das war blankes Kapital. Und wenn Du heute noch davon profitieren kannst, dann ist das ein Riesengeschenk."

Ein scheuer Mensch auf der Bühne

Bekannt wurde Hoffmann als Schauspieler nach einem Studium an der Max-Reinhardt-Schule, dann kam die Karriere als Musiker. "Ich behaupte immer noch, dass ich ein Schauspieler bin, der mit seinen eigenen Texten singend unterwegs ist." Er sei wohl wirklich ein geborener Bühnenmensch: "Ich war ängstlich und wie alle sehr Begabten war ich scheu", sagt er. "Ich habe von den großen Filmern gelernt, dass dieses Scheu und diese Widersprüchlichkeit der Motor ist, warum Du das machst."
Der Arrangeur von Jaques Brel, mit dem er drei Jahre gearbeitet hat, habe immer von response gesprochen, sagt Hoffmann, von der Antwort, die er bekommen werde. "Wo ist denn die Antwort? Die holst Du Dir jeden Abend live oder durch Bestätigung. Das ist ein sehr neurotischer Weg, sehr narzisstisch, dass ein Mann rausgeht, wahrscheinlich mit 70 immer noch singt, das macht kein normaler Mensch. Aber es ist toll, wenn es Leute gibt, die ganz viele Sachen in dir sehen, und das in irgendeiner Form beantworten, so dass dein alter Hunger vorübergehend wieder gestillt ist."
Klaus Hoffmann steht rechts auf einer dunklen Bühne, Hawo Bleich sitzt links am Piano.
Klaus Hoffmann und Hawo Bleich bei der Premiere von "Klaus Hoffmann singt Jacques Brel" in Berlin 2007. Brel-Lieder gehörten schon in den 1970er-Jahren zum Repertoire Hoffmanns.© picture alliance / Sascha Radke
Die Arbeit als Musiker auf der Bühne ist für Hoffmann Herausforderung und Belohnung: "Du hast unheimlich Angst, rauszugehen und zu sagen: Ich bin jetzt für euch da und ihr seid für mich da." Die Scheu werde bleiben, sagt Hoffmann. "Und der Motor, dass du rausgehst, auch. Und das nennt man Liebe, Leidenschaft. Mehr darf da nicht drin sein: Wenn da noch Belehrung kommt, dann gehe ich nach Hause."
Er blicke oft melancholisch zurück, erzählt Hoffmann: Der Mönch in ihm sei immer noch so stark, dass er beständig prüfe, ob er auch das Richtige gemacht habe. Aber er versuche auch, sich davon freizumachen. "Also erlaube ich mir, der Kindskopf zu sein, der ich vielleicht früher war. Und dieses Kind hat bis vorgestern gedacht, und nach vorne hat es bis morgen gedacht, und der Rest war im Augenblick."
(mfu)
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