Klassiker "Vom Winde verweht" neu geschrieben

Donald McCaig wurde eigens von den Erben autorisiert, die Fortsetzung des 1936 erschienenen Südstaaten-Epos "Vom Winde verweht" von Margaret Mitchell zu schreiben. Erzählt wird eigentlich die gleiche Geschichte, nun aber aus der Sicht des verwegenen Rhett Butler. Die Neufassung einer der größten Liebesgeschichten aller Zeiten erscheint heute weltweit.
Das Buch ist schon jetzt ein Phänomen. Bei Hoffmann und Campe gilt die deutsche Ausgabe als die Neuerscheinung des Jahres, und die erste Auflage hierzulande beträgt 200.000 Bücher. Der Roman erscheint weltweit am 7. November, was bedeutet, dass er wegen der Zeitverschiebung in Europa früher in den Läden steht als in Amerika.

Donald McCaig wurde eigens von den Erben Margaret Mitchells autorisiert, die Fortsetzung des 1936 erschienenen Südstaaten-Epos "Vom Winde verweht" ("Gone With The Wind") zu schreiben, was für die Käufer zweifellos suggerieren soll, das Buch stelle alle vorausgegangenen Versuche, eine der größten Liebesgeschichten aller Zeiten fortzusetzen, in den Schatten.

Der deutsche Titel "Rhett" trifft den Kern des Romans besser als der Originaltitel "Rhett Butler´s People", denn es geht einzig und allein um eine Person: um Rhett Butler.

Tatsächlich bewegt sich Donald McCaig auf dem gleichen Schauplatz wie Margaret Mitchell, aber er setzt etwas früher ein und endet später. Erzählt wird – grob gesagt – die gleiche Geschichte, nun aber aus der Sicht des attraktiven und verwegenen Rhett Butler, der alles versucht, Scarlett O´Haras Liebe zu gewinnen. Sämtliche Fragen, die sich der Leser von "Vom Winde verweht" gestellt hat, werden beantwortet, und wo immer man wissen wollte, was den geheimnisvollen Abenteurer zu seinen Handlungen bewogen hat, liefert "Rhett" die Antwort. Kurz: Donald McCaig nimmt dem Helden die Aura des Geheimnisvollen, denn er erklärt alles. Das ist sowohl die Stärke als auch die Schwäche des Buchs.

"Rhett" ist ein Roman über eine vergangene Ära, erzählt aber ist das Buch im Stil unserer Zeit. McCaig beschreibt die Zeit der Plantagen in den Südstaaten im Gegensatz zu Margaret Mitchell realistischer und schildert die Sklaven als unglückliche, unterdrückte Menschen. Das Buch ist historisch einwandfrei recherchiert. Der Autor hat sich seiner Hauptfigur Rhett Butler mit vollem Einsatz gewidmet. Eigenschaften, die Margaret Mitchell noch als Komplimente an den Lebemann wertete, legten manche Leser bereits als schlechte Charaktereigenschaften aus – Rhett Butler war nicht gesellschaftsfähig, und er war wohl auch selbst schuld daran. Donald McCaig hat sich redlich bemüht, für alles eine historisch korrekte Erklärung zu bieten, und das gelingt meistens recht gut. McCaig erzählt von Belle Watling, der Prostituierten, die zu seiner engen Vertrauten wird, von dem unnachgiebigen Vater, von Rosemary, Rhetts Schwester, und von seinem besten Freund, dem Farbigen Tunis Bonneau. Auch heikle Themen wie den Ku-Klux-Klan geht McCaig mutig an, und seine Sprache wirkt deutlich authentischer als die von Margaret Mitchell.

"Rhett" wird sich ohne Zweifel gut verkaufen, denn der Roman ist kraftvoll und spannend geschrieben, mit großer Liebe zu seinen Charakteren. Allenfalls das Ende mag für manchen Leser zu früh vorhersehbar sein. Das Buch hat ein anderes Problem: Es funktioniert einzig und allein vor dem Hintergrund von "Vom Winde verweht". Es wird also stets Margaret Mitchells Roman an seiner Seite brauchen. Dessen sind sich Autor und Verlag aber sicher bewusst.

Donald McCaig, geboren 1940, wurde eigens von den Nachlassverwaltern Margaret Mitchells autorisiert, einen neuen Roman auf der Grundlage von "Vom Winde verweht" zu verfassen. Er recherchierte an Originalschauplätzen und in historischen Archiven und arbeitete zwölf Jahre lang an "Rhett". Für seine bisher erschienenen Romane über den amerikanischen Bürgerkrieg hat er mehrere Preise erhalten, darunter den John Esten Cooke Award für die beste Südstaatenliteratur.

Rezensiert von Roland Krüger

Donald McCaig: "Rhett"
Aus dem Amerikanischen von Kathrin Razum
Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg, 2007
631 Seiten, 23,- €