Klassik - Klassizismus - Neoklassik?

Rückbesinnung, Sehnsüchte, Wunschbilder von einer vermeintlich besseren Welt, das haben die drei Werke aus unterschiedlichen Epochen gemeinsam. Nicht alles aber ist Flucht aus der Wirklichkeit. Immer wieder reizte es Komponisten, "im Stile von..." zu schreiben. Handwerkliche Schularbeit, tiefe Verehrung oder bloße Spielerei des Meisters mit dem Überraschungseffekt, aus der fremd bestimmten Schublade zu springen?
Der 25-jährige Prokofjew wollte bei einem Sommeraufenthalt ohne Hilfsmittel komponieren. "Absichtlich nahm ich kein Instrument mit. Bis dahin hatte ich gewöhnlich am Klavier gearbeitet, aber ich stellte fest, dass ohne Klavier gefundene Themen besser sind.", schreibt er in seiner Autobiografie. Die Kompositionstechnik eines Joseph Haydn war ihm bestens vertraut. Und so entstand in seinem Sinne die 1. Sinfonie, die "Classique".

Tschaikowsky war ein großer Mozart-Verehrer. Er hat Originalthemen seines Idols bearbeitet oder dessen Kompositionsstil nachempfunden. Seine "Rokoko-Variationen" sind jedoch eine reine Eigenkomposition, die den heiteren Geist der Mozart-Zeit mit leicht nostalgischem Blick wieder aufleben lässt.

Beethovens Sechste passt so gar nicht in die Reihe seiner meist heroisch-dramatischen Sinfonien und nicht zum Nimbus des Titanen, den er nach außen pflegte. Hier offenbart sich seine tief religiöse Naturliebe. Das "Pastorale" als Zufluchtsort vor den Widrigkeiten des Lebens hat in der Kunst eine lange Tradition. Um zu erwartender Kritik gleich entgegen zu wirken, schrieb Beethoven in die Partitur "Mehr Ausdruck der Empfindung als Malerei".


Musikhalle Hamburg
Aufzeichnung vom 19.12.2005

Sergej Prokofjew
Sinfonie Nr. 1 D-Dur op. 25 ("Klassische")

Peter Tschaikowsky
Rokoko-Variationen für Violoncello und Orchester op. 33

ca. 20:50 Uhr Konzertpause mit Nachrichten

Ludwig van Beethoven
Sinfonie Nr. 6 F-Dur op. 68 ("Pastorale")


Dmitri Maslennikov, Violoncello
NDR-Sinfonieorchester
Leitung: Christoph Eschenbach