Serie "Klassik drastisch"

#39 Giya Kancheli: Angels of Sorrow

06:59 Minuten
Devid Striesow und Axel Ranisch
Devid Striesow und Axel Ranisch sind Klassik Drastisch. © Deutschlandradio / Dennis Pauls
Von Devid Striesow und Axel Ranisch · 21.05.2022
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"Ich kann den endlosen Erscheinungsformen von Rücksichtslosigkeit und Gewalt nicht gleichgültig gegenüberstehen." In diesem Zitat des georgischen Komponisten findet Devid den Schlüssel zu dessen Werk.
Über eine Empfehlung des georgischen Regisseurs Dito Tsintsadze sei er einst auf die Musik von Giya Kancheli gestoßen, berichtet Devid. Dieser sei ihm sofort ins Herz gewachsen, auch wegen der Aussagen, die er über sein Schaffen getätigt habe. Aussagen, wie diese: "Unwillkürlich beeinflussen im Unterbewusstsein die Geschehnisse in der Welt meinen kreativen Prozess. Ich kann den endlosen Erscheinungsformen von Rücksichtslosigkeit und Gewalt nicht gleichgültig gegenüberstehen. Weshalb wahrscheinlich Trauer und Schmerz in meiner Musik vorherrschen." Ein düsteres Weltbild, das hinter einer Musik von großer Zartheit und Schönheit steht.
Besonders widmen sich Devid und Axel einer Aufnahme des 2013 uraufgeführten vokalsinfonischen Werkes "Angels of Sorrow" für Violine, Violincello, Kinderchor und Kammerorchester. Besonders Kinderstimmen, so Devid, setze Kancheli immer wieder ein, um dem Düsteren etwas Unschuldiges und Hoffnung stiftendes entgegenzusetzen.
Das Werk, so Axel, entstand, unter den Eindrücken des rechtsextremistischen Attentats im norwegischen Utøya, bei dem 69 Menschen zu Tode kamen. "Er lullt einen immer wieder so zärtlich ein", meint Axel, das sei eine Besonderheit "und dann gibt es plötzlich wieder so Schockmomente". Andere Stellen des Werkes, so Axel, seien vielleicht auch ein bisschen kitschig. "Das wird aber immer wieder gebrochen", setzt Devid dagegen. "Ich stehe zu Kitsch" bekennt Axel.
Am 5.10.2013 wurde das Werk uraufgeführt mit Gidon Kremer und dem Kiewer Kinderchor, der Kamerata Baltica. Kurz darauf war es in der selben Besetzung in der Berliner Philharmonie zu hören. "To Russia with Love" habe die Veranstaltung damals geheißen, so Devid. Mit Bezug auf die sich weiter verschlechternde Menschenrechtslage in Russland. Gewidmet hat der Komponist die Aufführung damals Michail Chodorkowski.
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