Klangminiaturen

Leftovers

Zwei Hände bedienen einen MP3-Player.
Klangliche Überbleibsel in der Serie "sonarisationen". © picture alliance / dpa / Romain Fellens
01.08.2014
Der Komponist Hannes Seidl hat zusammen mit dem SWR einen invertierten MP3-Filter entwickelt. Dieser bringt all jene Klanganteile hervor, die normalerweise der Kompression zum Opfer fallen. In seinen "Leftovers" wird der akustische Abfall der digitalen Wegwerfgesellschaft hörbar.
Mitte der 90er-Jahre kam ein Audioformat auf den Markt: MP3. Es revolutionierte und veränderte die Musikwelt nachhaltig. Der Algorithmus steht für hohe Kompressionsraten: Er kann bis zu neun Zehntel der Datenmenge einsparen. Dabei, so das Versprechen der deutschen Entwickler, kommt es zu keinem hörbaren Qualitätsverlust. Der Algorithmus basiert auf Erkenntnissen der Psychoakustik und entfernt ausschließlich jene Signalanteile, die der Mensch ohnehin nicht zu hören vermag.
Der Komponist und Klangkünstler Hannes Seidl hat dieses Versprechen einer genauen Prüfung unterzogen: In Zusammenarbeit mit dem Experimentalstudio des SWR entwickelte er einen invertierten mp3-Filter. Dieser bringt all jene Klanganteile hervor, die normalerweise der Kompression zum Opfer fallen. Allen Versprechen zum Trotz tönt das Wegkomprimierte.
Die entstandenen Miniaturklangstudien erzählen nicht nur ein Stück Musikgeschichte, sondern sind auch Zeugen einer Zeit, in der Fragen zu Urheberrecht und Hitkultur virulent wurden.
Die Sendung "Leftovers" zu dem Projekt können Sie nachhören und nachlesen.

In der Reihe sonarisationen erzeugen KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen sinnliche Hörräume aus abstrakten Daten. Sie forschen dabei aktiv am Zusammenspiel von ästhetischer Vielfalt und informativer Deutlichkeit. Die Ergebnisse präsentieren wir immer dann, wenn eine Hörspiel-, Feature- oder Klangkunst-Sendung etwas kürzer ist als der jeweilige Sendeplatz.

Zu den vorherigen sonarisationen: "Bonner Durchmusterung" und "Tweetscapes".