Klangkünstler

Der Körper als Instrument

Rockmusiker Udo Lindenberg am 06.01.1990 in Suhl mit den DDR-Sängerinnen (l-r) Ina, Sarah und Judith, die ihn bei seinem Konzert am Abend musikalisch begleiten werden. Der Auftritt in Suhl bildet den Auftakt seiner Tournee in der DDR.
Udo Lindenberg mit den DDR-Sängerinnen Ina, Sarah und Judith 1990 in Suhl © picture-alliance / ZB ADN
Von Bettina Brecke  · 22.10.2014
Phil Dadson nennt sein Projekt "Bodytok Quintet" oder auch "Menschliches Instrumenten Archiv". Er filmt Menschen, die ihren Körper als Klanginstrument einsetzen, sei es mit den Lippen, der Schulter oder Hüfte.
Was sich hier wie eine missglückte Art von Beatboxing anhört, ist eine Hörprobe aus der interaktiven Videoinstallation "Bodytok Quintet". Auf großen Videoleinwänden sind einzelne Personen vor bunten Hintergründen zu sehen. Sie machen alle auf verschiedene Art und Weise Geräusche. Das Besondere daran: Jeder benutzt das gleiche Musikinstrument – den eigenen Körper!
Phil Dadson: "Es ist erstaunlich, was Leute alles machen können. Der Körper ist einfach das allererste Instrument. So viele Musikinstrumente wurden nach dem Vorbild eines menschlichen Körpers modelliert. Vor allem die Stimme spielt da natürlich eine große Rolle."
Konstrukteur außergewöhnlicher Instrumente
Das ist Phil Dadson. Er hat das Bodytok Quintet ins Leben gerufen. Der gebürtige Neuseeländer ist bildender Künstler, Musiker und Konstrukteur außergewöhnlicher Instrumente.
Die Videoinstallation "Bodytok Quintet" nennt Phil Dadson auch das "menschliche Instrumenten Archiv". Und genau das ist es – ein Archiv, was die eigentümlichsten Geräusche dokumentiert, die ein Mensch mit seinem Körper machen kann. 2005 hat Dadson damit angefangen, Körpermusik zu sammeln.
"Ich war damals Gastdozent an einer kleinen Kunstschule in Neuseeland. Am Ende einer Vorlesung habe ich meine 30/40 Studenten dazu eingeladen an einem Projekt mitzumachen, in dem es um Körper Kommunikation geht, Unterhaltungen mit Körpergeräuschen. Ich hab gesagt 'Wenn irgendjemand mit seinem Körper ein einzigartiges Geräusch machen kann, das er zu dem Projekt beitragen möchte, dann schreibt euren Namen auf eine List!' 30 Leute haben sich gemeldet. Das war verblüffend!"
Intime Atmosphäre zwischen Geräusche-Macher und Künstler
Die Studenten waren die ersten, die vor Dadsons Kamera ihre Körper-Geräusch produzierten: Von Fingerknacken, über verschiedene Pfiffe bis hin zum Hüftgelenkausrenken war alles dabei.
"Ein Junge hat mich total überrascht, als er mit den Zähnen geknirscht hat. Das war ein schauderhaftes, lautes Geräusch! Aber auf Video sieht es toll aus!"
Beim Filmen sind nur Dadson und der Performer im Raum. So entsteht eine intime Beziehung zwischen ihm und dem Geräusche-Macher. Diese Intimität lässt sich auf Dadsons Ausstellungen nacherleben, denn die Videos der Körpermusiker sind dort auf großen Flachbildschirmen zu sehen. Das Ganze findet auf einer interaktiven Basis statt.
"Die Installation funktioniert so: Ich habe fünf große 50 Zoll Bildschirme in einem Raum. Jeder Monitor ist mit einem Computer verbunden, der mit einer Software die Aktivität der Monitore steuert. Wenn du in den Raum kommst, dann wirkt es so wie in einer Portrait Galerie. Du siehst nur Gesichter oder verschiedene Teile eines Körpers. Sobald du dich aber näherst und vor dem Bildschirm stehst, fängt der Mensch an für dich zu performen."
Reaktionen zwischen Ekel und Gelächter
Die Reaktionen der Galerie-Besucher fallen oft sehr unterschiedlich aus. Einige Betrachte lachen, andere sind angeekelt von Geräuschen wie Zähneknirschen, wieder andere sind beeindruckt von der Vielfältigkeit. Am liebsten hat Phil Dadson jedoch folgende Reaktion:
"Mich fasziniert, dass die Ausstellung nicht nur interaktiv in dem Sinne ist, dass der Besucher den Bildschirm aktiviert. Der Bildschirm aktiviert auch seinen Betrachter! Die Leute fangen manchmal an, die Sachen nachzuahmen, die sie sehen und hören, oder sie probieren aus, was sie selbst können. Und so baue ich meine Sammlung immer weiter aus!"
Seit nun mehr als acht Jahren arbeitet Phil Dadson an seinem Geräusche-Archiv. Wiederholungen gibt es mittlerweile einige. Aber auch heute noch überraschen Dadson immer wieder Leute, die einzigartige und verrückte Klänge darbieten.
Der menschliche Körper – für Dadson eines der interessantesten Musikinstrumente.
"Es ist großartig und erstaunlich, was Leute alles mit ihrem Mund und ihrem Gesicht machen können. Das hat keine Grenzen!"