Klangkörper für Gitarrenfetischisten

Von Wulf-Peter Gallasch · 01.02.2006
Unter prominenten Gitarrenspielern wie Keith Richards, Elvis Costello oder Peter Maffay ist nicht länger nur die Fender Stratocaster oder Gibson Les Paul ein Kultinstrument, sondern auch die Duesenberg aus Hannover. Sie vereint die Vorzüge klassischer E-Gitarren mit modernen Errungenschaften und Art Deco Design. Das behauptet zumindest Gitarrendesigner Dieter Gölsdorf, der die Duesenberg-Gitarre entworfen hat.
Dieter Gölsdorf in seinem Element, genau genommen in seiner Werkstatt, ein altes Betriebsgebäude in einem Hinterhof - viel Platz, überall Werkbänke, Werkzeugmaschinen und Gitarren, E-Gitarren in Teilen, Entwürfen oder in Vollendung, so wie das Modell, das der schlanke 53-Jährige gerade vorführt.

Eine halbakustische Duesenberg Starplayer, verziert mit dem schwungvollen Duesenberg D. Dieter Gölsdorf, den man trotz seiner schlohweißen kurzen Haare eher auf 40 als auf Anfang 50 schätzen würde, stützt den Fuß lässig an die Werkbank. Seine Kleidung: Kapuzen-Sweat-Shirt, Jeans, Sneaker, alles schwarz wie der Gitarrenkorpus. Zigarette im Mundwinkel. Versunken in die Schwingungen des Verstärkers. Hier klingt Lebenskunst.

Diese Gitarren, sagt der Designer mit einem Blick über seine randlosen Brillengläser, die entwickele ich zunächst einmal für mich.

"Wenn man selber seine Gitarre spielt, hat man ja so Vorstellungen, wie das für einen so am besten sein könnte."

Aber das fand der Art Deco Fan Dieter Gölsdorf immer nur zum Teil bei anderen Gitarrenmodellen, und musste also, früher oder später, sein Trauminstrument selber bauen.

"Duesenberg Gitarren, die vereinen die Vorzüge von ein paar Modellen, die es so seit den 50ern gibt. Sie haben aber auch eigene technische Features und haben eben ein schönes Design. "

Rund 3.000 Gitarren der Duesenberg Modellpalette verkaufen die Händler jährlich weltweit. Zu Dieter Gölsdorfs Kunden zählen mittlerweile einige bekannte Musiker.

Ein Foto in der Werkstatt zeigt Stones-Gitarrist Ron Wood auf einer Sofakante. Er grinst in die Kamera. Auf seinen Knien eine Gitarre, eine Duesenberg. Das Ron Wood Sondermodell.

"Diese Rolling Stones Geschichte ist damals über den Bruder von Mick Jagger gelaufen, Chris Jagger. Der hat die Gitarre dem Ron Wood nach Hause gebracht. Jetzt auch noch der alte Keith Richards, der ist auch noch unter den Usern, was mich natürlich ganz besonders ehrt."

Dass es soweit kommen konnte, Größen wie die Stones, Elvis Costello, Peter Maffay oder Wir sind Helden mit den Gitarren im Retro-Design spielen und das bereitwillig zeigen, das verdankt Dieter Gölsdorf einer Fehleinschätzung.

"Ich spiele, seit ich 14 bin, Gitarre. Ich hatte auch irgendwann meine erste Band und war damals, insbesondere damals, ein relativ schlechter Gitarrist und habe das immer so ein bisschen auf meine Gitarren geschoben, dass die vielleicht daran schuld sein könnten. Und dann habe ich angefangen, die immer zu zerlegen. Jede neue Gitarre, die ich mir gekauft habe, die habe ich zerlegt und hab mir dadurch, ja doch, ein großes Fachwissen angeeignet."

Dieter Gölsdorfs Vater, ein Bundesbahnjurist, hätte bei seinem Sohn vielleicht lieber Fachwissen für eine Karriere bei der Bahn gesehen. Dafür hat der Urgroßvater, Karl Gölsdorf, ebenfalls ein Eisenbahner,

"der für die österreichische Staatsbahn ich glaube 45 verschiedene Dampflokomotiven entwickelt hat."

Dieser Karl Gölsdorf hat offensichtlich sein Talent zum Entwickeln und Entwerfen vererbt. Denn Dieter Gölsdorf erkennt bald, dass er, weit mehr als seine musikalischen, seine künstlerischen Fähigkeiten entwickeln sollte.

"Ich hatte mich an der Kunsthochschule in Berlin beworben mit meiner Mappe. Bin dann leider erst etwas später angenommen worden."

Etwas zu spät, denn der fast Kunststudent lernt zwischenzeitlich seine Frau kennen, er bleibt in Hannover, studiert an der PH, 5 Semester, bis zum Schulpraktikum. Dann Jura, in Würzburg, fast bis zum Examen.

"Ich hatte alle Scheine und hätte das auch alles abschließen können, aber dann kam mir das halt mit den Gitarren irgendwie dazwischen."

Dieter Gölsdorf bekommt Einblick in die Welt der Hersteller für Gitarrenteile. Der fast examinierte Jurist und junge Vater einer Tochter verlässt sich, mit damals 24 Jahren, statt auf Jura lieber auf sein Gefühl und sein Fachwissen in Sachen E-Gitarren.

"In den Siebzigern fing es an, dass die Leute alle damals an den Gitarren rumbastelten. Ich glaube, Eddy van Halen war der erste, der da so Halbeigenbauten spielte. Und irgendwie habe ich damals so einen Riecher gehabt, dass da jetzt so ein Markt entsteht für Gitarrenteile."

Seitdem hat der Autodidakt in Eigenregie oder mit Freunden zahllose Gitarrenbauteile verkauft, entworfen und perfektioniert.

"Wir hatten den ersten Elektro-Gitarrenbausatz der Welt."

Und vermutlich auch die erste Gitarrenbauschule, auf Formentera. Auf Formentera hat der Autor Dieter Gölsdorf übrigens auch die Buchideen gesammelt, für einen Roman und einen Reiseführer. Beide vertreibt er in seinem Kleinverlag, so wie die Musik seiner Band "Duesenberg”.

Auf dem CD-Cover leuchten großformatig Duesenberg Gitarren, Dieter Gölsdorfs klingende Kunstwerke, denen noch weitere folgen sollen.

"Ich habe hier noch ein paar Gitarrenprojekte, die ich erstmal durchziehen muss, ein paar Design- und technische Sachen. Und dann werde ich Objekte machen, auf die Seiten gespannt sind."