Klage gegen Frauenparkplätze

Nur einer von vielen kuriosen Rechtsfällen

Parkplätze im Miniatur-Wunderland Hamburg, der größten Modelleisenbahnanlage der Welt.
Auch Männer dürfen auf Frauenparkplätzen parken, entschied das Verwaltungsgericht München. © imago / Future Image / C.Hardt
Ein Einwurf von Simone Schmollack  · 29.01.2019
Letzte Woche musste sich das Verwaltungsgericht München mit der Klage eines Jurastudenten auseinandersetzen, der in sogenannten "Frauenparkplätzen" eine Diskriminierung von Männern sieht. Simone Schmollack rät: Nehmt's mit Humor!
Natürlich regten sich vergangene Woche mal wieder alle auf. Den Shitstorm bekam dieses Mal ein junger Mann ab, der sich wegen eines Frauenparkplatzes diskriminiert fühlt. In einer Stadt, in der er nicht einmal wohnt. Was muss das nur für ein rückständiger, maskulinistischer Vollpfosten sein, der was gegen den Schutz von Frauen hat und auch noch dagegen klagt? So könnte man die Kommentare bei Twitter, Facebook und in den Zeitungen zugespitzt zusammenfassen. Denn dort, wo der besagte Frauenparkplatz im bayerischen Eichstätt ausgewiesen ist, wurde vor einiger Zeit eine Frau vergewaltigt.
Bei all der Häme, die der junge Mann gerade ertragen muss, wird übersehen, welchen Coup er mit seiner Klage vor dem Verwaltungsgericht München gelandet hat. Jetzt kennt die gesamte Republik nicht nur den Namen und das Gesicht des jungen Klägers – was indes zu vernachlässigen ist. Viel wichtiger ist, dass nun auch die Letzten wissen dürften, worum es sich bei einem sogenannten Frauenparkplatz handelt: um einen Ort, an dem bevorzugt Frauen ihr Auto abstellen dürfen, um Gefahren zu entgehen. Aber auch Männer dürfen dort parken, das hat das Gericht klargestellt.

Dialektische Meisterleistung

Weitaus bemerkenswerter ist, dass der junge Mann, der in einer gender-sensiblen Zeit groß geworden ist, die Gleichstellungsdebatte um eine Argumentationskette bereichert, auf die Feministinnen und Feministen fortan vorbereitet sein sollten. In seiner Klage mahnte er nicht nur die Diskriminierung von Männern an, sondern vor allem eine vermeintliche Herabwürdigung von Frauen: Frauenparkplätze suggerierten, dass Frauen nicht so weit laufen könnten und schutzbedürftig seien.
Darauf muss man erst einmal kommen: Eine vermeintliche Verunglimpfung so umzukehren, dass am Ende alle diskriminiert werden. Was für eine philosophische Meisterleistung, die Negation der Negation, Hegel hätte sich gefreut.
Für die weniger philosophisch Veranlagten dürfte der Fall einfach eine weitere Episode in einem bereits langen Kanon kurioser Gerichtsklagen sein.

Kuriose Klagen

2005 klagte beispielsweise ein Fluggast, weil ihn die Airline wegen seines zu starken Körpergeruchs aus dem Flieger warf. Das Sozialgericht Dortmund verhandelte einmal den Fall einer Frau, die angeblich wegen Übermüdung vom Stuhl gekippt sei und sich dabei schwer am Kopf verletzt habe. Sie verlangte Schmerzensgeld vom Arbeitgeber. In den USA forderte ein Einbrecher Schadensersatz, weil er sich bei dem Einbruch selbst eingesperrt hatte und dort bis zu seiner Befreiung acht Tage ausharren musste – bei Cola und Hundefutter.
Eine Kanadierin erhielt von einer Telefongesellschaft, die sie verklagt hatte, 1,2 Millionen Dollar Schadensersatz. Die Frau hatte sich im Telefonbuch des Anbieters einen Schönheitschirurgen herausgesucht, ließ sich von ihm Fett absaugen und fand sich danach noch unansehnlicher als vorher. Der Schönheitschirurg war nämlich keiner, also dürfe das Telefonbuch ihn auch nicht als solchen ausweisen. Selbst der Partner der Frau erhielt 375.000 Dollar, weil er keinen Sex mehr mit seiner Frau wollte.

Humor ist besser als Häme

1991 verklagte ein Deutscher einen Reiseanbieter, weil in dem Hotel, das der Mann gebucht hatte, kein Doppelbett stand, sondern nur zwei Einzelliegen aufgestellt waren. In zwei Betten sei einfach kein Sex möglich, fand der Mann. Damit tendierte der Erholungseffekt im Urlaub gegen Null. Das Amtsgericht Mönchengladbach lehnte die Klage ab – und begründete sein Urteil so: "Dem Gericht sind mehrere allgemein bekannte und übliche Variationen der Ausführung des Beischlafs bekannt, die auf einem einzelnen Bett ausgeübt werden können, und zwar zur Zufriedenheit aller Beteiligten."
Was lernt man daraus? Humor ist besser als Häme. Und: Man muss nur wollen – beim Sex wie bei den Frauenparkplätzen.

Simone Schmollack, geboren 1964 in Berlin, ist Journalistin und Autorin zahlreicher Bücher, darunter "Und er wird es wieder tun. Gewalt in der Partnerschaft", "Kuckuckskinder. Kuckuckseltern", "Deutsch-deutsche Beziehungen. Liebe zwischen Ost und West" und "Damals nach der DDR. Geschichten von Abschied und Aufbruch". Simone Schmollack studierte Germanistik, Slawistik und Journalistik in Leipzig, Berlin, Smolensk und war Redakteurin der Tageszeitung "taz" und Chefredakteurin bei der Wochenzeitung "Der Freitag". Sie beschäftigt sich vor allem mit Themen an der Schnittstelle von Politik, Wirtschaft und Privatheit.

© Dietl
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