Kitasanierung versus Schlossneubau
Der Umzug des Brandenburger Landtags in die historische Mitte der Landeshauptstadt Potsdam ist vorerst auf Eis gelegt. Die Potsdamer Stadtverordnetenversammlung stimmte mit 27 zu 24 Stimmen gegen einen 85 Millionen Euro teuren Neubau in den Umrissen des historischen Stadtschlosses.
Das Ergebnis ist ein Paukenschlag: Die Mehrheit der Potsdamer Stadtverordneten ist nicht dem gemeinsamen Wunsch von Landtag, Ministerpräsident und Oberbürgermeister gefolgt. Kein Neubau des Landtags an der Stelle, an der früher einmal das Potsdamer Stadtschloss stand - so das Ergebnis der geheimen Abstimmung.
"Für die Drucksache 908 haben 24 Stadtverordnete gestimmt, 27 haben dagegen gestimmt, Enthaltungen gab es keine, damit ist die Vorlage abgelehnt."
Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs ist entsetzt, mit einer Ablehnung des Antrags hatte er nicht gerechnet. Seine erklärte Politik der letzten Jahre, die alte Mitte der Stadt neu zu beleben, die Brache vor der prächtigen Nicolaikirche - einem Werk Karl Friedrich Schinkels - zu beseitigen, diese Politik ist gescheitert. Ein Rücktritt des SPD-Oberbürgermeisters ist nun nicht ausgeschlossen. Seine erste Reaktion nach der verlorenen Abstimmung:
"Ich glaube, damit ist eine jahrelange Arbeit, die zumindest eine Mehrheit der Stadtverordnetenversammlung hier mitgetragen hat, zunächst einmal auf Eis gelegt. Ich glaube, wir sind um Jahre zurückgeworfen und das gilt nicht nur für mich, sondern für all diejenigen, die daran in den letzten Jahren mitgewirkt haben."
Vor der Abstimmung hatte der Oberbürgermeister noch die Stadtverordneten beschworen, dem Antrag zuzustimmen. Wäre dies geschehen, wären 100 Millionen Euro in Brandenburgs Landeshauptstadt geflossen. Der Landtag hätte endlich die unansehnliche ehemalige SED-Bezirkszentrale auf dem Brauhausberg verlassen können und wäre ins Zentrum Potsdams gezogen. Der historische Dreiklang aus Nicolaikirche, Altem Rathaus und Stadtschloss hätte wieder hergestellt werden können.
Jakobs: "Ich bin davon überzeugt, dass sich mittelfristig keine weitere realistische Chance für die Mitte auftun wird. Und einig sind wir uns doch hoffentlich darin, dass wir eine barocke Einkaufsmall alle verhindern wollen. Um es klar auszudrücken: Der Landtag ist nach jetzigem Kenntnisstand, und das auch als langfristige Prognose die einzige Nutzung, um die Potsdamer Mitte zu vervollständigen."
Nun wird die Fläche vor der Nicolaikirche eine Brache bleiben. Der Landtag muss neu beschließen. Der Finanzminister hat bereits angekündigt, den Abgeordneten vorzuschlagen, nicht neu zu bauen, sondern das bestehende Gebäude - von den Potsdamern auch Kreml genannt - zu sanieren. Ein voller Erfolg für die Linkspartei/PDS. Mit populistischen Parolen - Kitasanierung statt Landtagsschloss - haben die Sozialisten Potsdam in eine politische Krise gestürzt. Hans-Jürgen Scharfenberg, in der Stadtverordnetenversammlung Fraktionsvorsitzender der Linkspartei:
"Das Stadtschloss ist nicht mehr da und nach unserem Eindruck will eine große Mehrheit auch gar nicht, dass es wieder ersteht. Ich verweise auf die Sanierungsliste für Schulen, Kitas und andere städtische Gebäude, die einen Finanzbedarf von 141 Millionen ausweist. Gegenwärtig vermag niemand zu sagen, wie und wann dieser anerkannte Bedarf gedeckt werden kann. Aber für die Baufeldfreimachung sind die Millionen da und wir haben es ja vorhin gehört: über 30 Millionen insgesamt als Vorleistung für das Landtagsschloss, das ja selbst auch nicht billig zu haben ist."
Die Mitglieder der Linkspartei haben nie einen Hehl gemacht aus ihrer Ablehnung des Landtagsneubaus auf dem Alten Markt. Ihre Stimmen allein hätten aber nicht gereicht, um das Vorhaben zu kippen. Mindestens sechs Stimmen müssen aus anderen Fraktionen gekommen sein - zum Beispiel aus den Reihen von CDU, SPD oder Grünen. Der Fraktionsvorsitzende der CDU, Steven Breetz, sagte am Ende der Sitzung, er schäme sich, Stadtverordneter in Potsdam zu sein:
"Und unter diesen Leuten sitzen Leute, denen ich sagen muss: Sie sind politische Verräter! Ich hoffe, dass das mal klar wird! Und ich bin in einem Maße erzürnt und sauer, dass hier mit dem persönlichen Engagement von Leuten gespielt wird in einer Weise, dass es hier offenbar so ist, dass persönliches und kleinkariertes Krämertum bestimmt, was in dieser Stadt wird, und dafür schäme ich mich!"
Potsdams ehemals zentraler Platz bleibt nun ein unansehnliches Puzzle aus unsaniertem Plattenbau, Schinkels Nicolaikirche, einem früheren DDR-Interhotel und dem Marstall der Preußenkönige. Eine einmalige Chance wurde vertan.
Das SED-Politibüro hatte 1959 beschlossen, das kriegsbeschädigte barocke Stadtschloss des Sanssouci-Baumeisters Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff zu sprengen. Die Potsdamer Stadtverordneten haben den damaligen Frevel mit ihrer heutigen Entscheidung zementiert.
"Für die Drucksache 908 haben 24 Stadtverordnete gestimmt, 27 haben dagegen gestimmt, Enthaltungen gab es keine, damit ist die Vorlage abgelehnt."
Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs ist entsetzt, mit einer Ablehnung des Antrags hatte er nicht gerechnet. Seine erklärte Politik der letzten Jahre, die alte Mitte der Stadt neu zu beleben, die Brache vor der prächtigen Nicolaikirche - einem Werk Karl Friedrich Schinkels - zu beseitigen, diese Politik ist gescheitert. Ein Rücktritt des SPD-Oberbürgermeisters ist nun nicht ausgeschlossen. Seine erste Reaktion nach der verlorenen Abstimmung:
"Ich glaube, damit ist eine jahrelange Arbeit, die zumindest eine Mehrheit der Stadtverordnetenversammlung hier mitgetragen hat, zunächst einmal auf Eis gelegt. Ich glaube, wir sind um Jahre zurückgeworfen und das gilt nicht nur für mich, sondern für all diejenigen, die daran in den letzten Jahren mitgewirkt haben."
Vor der Abstimmung hatte der Oberbürgermeister noch die Stadtverordneten beschworen, dem Antrag zuzustimmen. Wäre dies geschehen, wären 100 Millionen Euro in Brandenburgs Landeshauptstadt geflossen. Der Landtag hätte endlich die unansehnliche ehemalige SED-Bezirkszentrale auf dem Brauhausberg verlassen können und wäre ins Zentrum Potsdams gezogen. Der historische Dreiklang aus Nicolaikirche, Altem Rathaus und Stadtschloss hätte wieder hergestellt werden können.
Jakobs: "Ich bin davon überzeugt, dass sich mittelfristig keine weitere realistische Chance für die Mitte auftun wird. Und einig sind wir uns doch hoffentlich darin, dass wir eine barocke Einkaufsmall alle verhindern wollen. Um es klar auszudrücken: Der Landtag ist nach jetzigem Kenntnisstand, und das auch als langfristige Prognose die einzige Nutzung, um die Potsdamer Mitte zu vervollständigen."
Nun wird die Fläche vor der Nicolaikirche eine Brache bleiben. Der Landtag muss neu beschließen. Der Finanzminister hat bereits angekündigt, den Abgeordneten vorzuschlagen, nicht neu zu bauen, sondern das bestehende Gebäude - von den Potsdamern auch Kreml genannt - zu sanieren. Ein voller Erfolg für die Linkspartei/PDS. Mit populistischen Parolen - Kitasanierung statt Landtagsschloss - haben die Sozialisten Potsdam in eine politische Krise gestürzt. Hans-Jürgen Scharfenberg, in der Stadtverordnetenversammlung Fraktionsvorsitzender der Linkspartei:
"Das Stadtschloss ist nicht mehr da und nach unserem Eindruck will eine große Mehrheit auch gar nicht, dass es wieder ersteht. Ich verweise auf die Sanierungsliste für Schulen, Kitas und andere städtische Gebäude, die einen Finanzbedarf von 141 Millionen ausweist. Gegenwärtig vermag niemand zu sagen, wie und wann dieser anerkannte Bedarf gedeckt werden kann. Aber für die Baufeldfreimachung sind die Millionen da und wir haben es ja vorhin gehört: über 30 Millionen insgesamt als Vorleistung für das Landtagsschloss, das ja selbst auch nicht billig zu haben ist."
Die Mitglieder der Linkspartei haben nie einen Hehl gemacht aus ihrer Ablehnung des Landtagsneubaus auf dem Alten Markt. Ihre Stimmen allein hätten aber nicht gereicht, um das Vorhaben zu kippen. Mindestens sechs Stimmen müssen aus anderen Fraktionen gekommen sein - zum Beispiel aus den Reihen von CDU, SPD oder Grünen. Der Fraktionsvorsitzende der CDU, Steven Breetz, sagte am Ende der Sitzung, er schäme sich, Stadtverordneter in Potsdam zu sein:
"Und unter diesen Leuten sitzen Leute, denen ich sagen muss: Sie sind politische Verräter! Ich hoffe, dass das mal klar wird! Und ich bin in einem Maße erzürnt und sauer, dass hier mit dem persönlichen Engagement von Leuten gespielt wird in einer Weise, dass es hier offenbar so ist, dass persönliches und kleinkariertes Krämertum bestimmt, was in dieser Stadt wird, und dafür schäme ich mich!"
Potsdams ehemals zentraler Platz bleibt nun ein unansehnliches Puzzle aus unsaniertem Plattenbau, Schinkels Nicolaikirche, einem früheren DDR-Interhotel und dem Marstall der Preußenkönige. Eine einmalige Chance wurde vertan.
Das SED-Politibüro hatte 1959 beschlossen, das kriegsbeschädigte barocke Stadtschloss des Sanssouci-Baumeisters Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff zu sprengen. Die Potsdamer Stadtverordneten haben den damaligen Frevel mit ihrer heutigen Entscheidung zementiert.